Fall des Priesters O.Kanzlei wirft Woelki pflichtverletzendes Verhalten vor

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Woelki gebeugt

Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki

Köln/München – Die Münchner Anwaltskanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW), deren Rechtsgutachten zum Missbrauchsskandal Kardinal Rainer Woelki 2020 unter Verschluss nehmen ließ, wirft dem Erzbischof im Fall des mit ihm befreundeten Pfarrers O. pflichtwidriges Verhalten vor. „Wäre uns die Tatsache der engen Verbindung zu dem beschuldigten Pfarrer bekannt gewesen, hätten wir uns aller Voraussicht nach für eine Darstellung des Falls im zu veröffentlichenden Gutachten entschieden“, sagte Rechtsanwalt Ulrich Wastl dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Fall O. gehört nicht zu den exemplarischen 15 Vorgängen

Tatsächlich gehört der Fall O. nicht zu den 15 exemplarischen Vorgängen, anhand derer das Münchner Gutachten das Agieren der Bistumsspitze im Umgang mit Missbrauchsvorwürfen darstellt und bewertet. Wastl trat der Aussage des Kölner Strafrechtlers Björn Gercke entgegen, wonach Woelkis Entlastung durch das von Gercke erstellte Ersatzgutachten mit dem Urteil der Münchner Kollegen übereinstimme. „Wir bewerten das Verhalten des Erzbischofs in diesem Fall dem Grunde nach als pflichtwidrig“, so Wastl.

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Allerdings hätten „die besonderen, uns damals bekannten Umstände“ den Fall von den „von uns veröffentlichten exemplarischen Fallbeispielen unterschieden“. Wastl verwies auf den Gesundheitszustand des beschuldigten Pfarrers, der – wie auch Woelki betont – eine Befragung 2015 unmöglich gemacht habe. In Anbetracht dessen hätte auch eine Meldung des Falls nach Rom mutmaßlich kein Verfahren gegen O. in Gang gesetzt. Wastl fügte hinzu, dass sich die Bewertung von Woelkis Verhalten als „bloßer Formalverstoß“ auch bei einer Aufnahme in sein Gutachten „aller Voraussicht nach nicht geändert hätte“.

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Woelki beurlaubte Puff und Schwaderlapp

Mit ähnlichen Erwägungen habe seine Kanzlei auch eine Pflichtwidrigkeit des heutigen Weihbischofs Ansgar Puff aus seiner Zeit als Personalchef nicht ins Gutachten aufgenommen. Die „Niederschwelligkeit“ einer Pflichtverletzung im Einzelfall habe in der Abwägung mit Puffs Persönlichkeitsschutz als Handelndem zu dieser Entscheidung geführt. Im Gercke-Gutachten ist der Fall ohne Namensnennung dargestellt.

Aus den Reaktionen der Bistumsspitze ging aber hervor, dass es beim Vorwurf, einen Beschuldigten zu einem vom Bruder des mutmaßlichen Opfers angezeigten Missbrauch nicht befragt und damit die Aufklärungspflicht verletzt zu haben, um Puff ging.

Als Konsequenz aus Gerckes Befunden beurlaubte Woelki Puff sowie Weihbischof Dominikus Schwaderlapp und Offizial Günter Assenmacher. Der Hamburger Erzbischof Stefan Heße (früher Personalchef und Generalvikar in Köln) bot dem Papst seinen Rücktritt an.

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