FlüchtlingeEx-Verfassungsrichter Bertrams verteidigt Kirchenasyl

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Michael Bertrams

Michael Bertrams, Präsident des Verfassungsgerichtshofs, im Oktober 2012

Köln – Der frühere Präsident des Verfassungsgerichtshofs für Nordrhein-Westfalen, Michael Bertrams, hält „Kirchenasyl“ für Flüchtlinge in Härtefällen für berechtigt. Eine Duldungs-Vereinbarung von 2015 zwischen den Kirchen und der Bundesregierung „hat sich bewährt“, schreibt Bertrams im „Kölner Stadt-Anzeiger“. Die Regelung zum Kirchenasyl sollte Anfang 2018 überprüft werden. Sie sieht vor, dass der Staat nicht eingreift und es akzeptiert, die gegen Flüchtlinge verhängte Abschiebung während der Dauer des Kirchenasyls noch einmal juristisch überprüfen zu lassen. Im Gegenzug sind die Kirchengemeinden als Asylgeber vor Ort verpflichtet, jeden Einzelfall sowohl den staatlichen Behörden als auch den zuständigen kirchlichen Stellen zu melden und das Kirchenasyl bei einem negativen Ergebnis der erneuten Überprüfung dann auch zu beenden.

Nach Bertrams‘ Ansicht sind die Kirchen im Rahmen der grundgesetzlichen Glaubens- und Gewissensfreiheit in Verbindung mit ihrem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht dazu befugt, Kirchenasyl zu gewähren, obwohl dies einen Rechtsverstoß darstellt. „Ein Widerstandsrecht gegen den Staat leiten die Kirchen daraus nicht ab. Sie erkennen vielmehr an, dass die zuständige Ausländerbehörde gegebenenfalls eine Abschiebung durchsetzen kann.“ Das Institut des Kirchenasyls solle aber eine „neue Gesprächssituation“ zwischen dem Staat und den in Obhut genommenen Flüchtlingen herbeiführen, begleitet von der Kirche. Diesen sei es in den meisten Fällen gelungen bislang nicht berücksichtigte Gefährdungsaspekte im Rahmen einer erneuten juristischen Prüfung vorzutragen.

Nach kirchlichen Angaben gewähren evangelische und katholische Pfarrgemeinden knapp 350 Flüchtlingen (Stand: November 2017) Schutz, die in Deutschland kein Bleiberecht haben und von der Abschiebung bedroht sind. In der Mehrzahl handelt es sich dabei um sogenannte „Dublin-Fälle“, also um Flüchtlinge, die in das Land ihrer ersten Einreise in die EU zurückgeschickt werden sollen, insbesondere nach Griechenland, Italien, Bulgarien oder Ungarn. (ksta)

Die gesamte Kolumne können sie in der Montag-Ausgabe des „Kölner Stadt-Anzeiger“ sowie ab dem Vormittag online bei ksta.de lesen.

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