Giftanschlag auf NawalnyEU einigt sich auf Sanktionsziele gegen Russland

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Nawalny zweifelsfrei vergiftet

Der russische Regierungskritiker Alexej Nawalny wurde vergiftet.

Brüssel – Die EU wird nach dem Giftanschlag auf den Kreml-Kritiker Alexej Nawalny sechs Personen und eine Organisation aus Russland mit Sanktionen belegen. Darauf einigten sich Vertreter der EU-Staaten am Mittwoch in Brüssel, wie die Deutsche Presse-Agentur von Diplomaten erfuhr.

Die Strafmaßnahmen, die EU-Einreiseverbote und Vermögenssperren umfassen, sollen nun im schriftlichen Verfahren formell beschlossen werden. Sie könnten damit bereits in den kommenden Tagen in Kraft treten.

Nawalny war mit einem militärischen Nervenkampfstoff der Nowitschok-Gruppe vergiftet worden

Bei den betroffenen Personen soll es sich nach Informationen aus EU-Kreisen unter anderem um Mitarbeiter des Sicherheitsapparates handeln. Als betroffene Organisation wird das staatliche Forschungsinstitut für organische Chemie und Technologie genannt. Nawalny war nach Untersuchungsergebnissen mehrerer Labors in der EU mit einem militärischen Nervenkampfstoff der Nowitschok-Gruppe vergiftet worden.

Hauptinitiatoren der Sanktionen sind Deutschland und Frankreich. Sie begründeten den Schritt damit, dass Russland Aufforderungen zu einer lückenlosen Aufklärung der Tat bislang nicht nachgekommen sei. Bislang sei von Russland keine glaubhafte Erklärung zu dem grausamen Mordversuch geliefert worden, hatte es zuletzt in einer Erklärung von Maas und seinem französischen Kollegen Jean-Yves Le Drian geheißen. Daher sei man der Ansicht, „dass es keine andere plausible Erklärung für die Vergiftung von Herrn Nawalny gibt als eine russische Beteiligung und Verantwortung“.

Bisher keine glaubhafte Erklärung von Russland

Die Strafmaßnahmen sollen nach dem Vorschlag auf Einzelpersonen abzielen, „die aufgrund ihrer offiziellen Funktion als verantwortlich für dieses Verbrechen und den Bruch internationaler Rechtsnormen gelten, sowie auf eine Einrichtung, die in das Nowitschok-Programm eingebunden ist“.

Der russische Kreml-Kritiker Nawalny war am 20. August während eines Inlandsflugs in Russland zusammengebrochen. Nach einer Notlandung in der sibirischen Stadt Omsk wurde er auf Drängen seiner Familie in die Berliner Charité verlegt. Der 44-Jährige hat das Krankenhaus mittlerweile verlassen, ist aber noch nicht vollständig genesen und macht in der deutschen Hauptstadt eine Reha-Maßnahme.

Nawalny vermutet Putin hinter Giftanschlag

Nawalny vermutet, dass der russische Präsident Wladimir Putin hinter dem Giftanschlag auf ihn steckt. Der Kreml weist solche Schuldzuweisungen allerdings als „absolut nicht zulässig“ zurück. Die Vorwürfe entbehrten jeder Grundlage, sagte Sprecher Dmitri Peskow.

In dem Radio-Interview warf Lawrow den deutschen Behörden erneut vor, keine Beweise für eine Vergiftung Nawalnys vorgelegt zu haben. Damit verstoße das Land gegen internationale Rechtsvorschriften. Bereits am Vortag hatte Lawrow mit Blick auf die Spannungen im Fall Nawalny die EU vor einer zeitweiligen Beendigung des Dialogs gewarnt.

Eine geopolitische Partnerschaft gelinge nicht

Die für die Außenpolitik in der EU verantwortlichen Amtsträger verstünden nicht die Notwendigkeit eines von gegenseitiger Wertschätzung geprägten Gesprächs. „Vielleicht sollten wir für eine Zeit einfach aufhören, mit ihnen zu sprechen - vor allem, wenn (EU-Kommissionspräsidentin) Ursula von der Leyen mitteilt, dass mit dem gegenwärtigen russischen Apparat eine geopolitische Partnerschaft nicht gelinge“, sagte Lawrow nach Angaben der Agentur Interfax zufolge am Dienstag bei einem Expertenforum.

Nach Angaben des Außenministeriums in Moskau sprach Lawrow am Dienstag auch mit dem EU-Außenbeauftragten Josep Borrell über den Fall Nawalny. Es sei nicht klar, ob die EU derzeit überhaupt noch etwas mit Russland zu tun haben wolle, hieß es in Moskau.

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Russland hatte verschiedene Versionen gestreut zu dem Fall. Besonders verbreitet ist weiter die Behauptung, westliche Geheimdienste hätten Nawalny womöglich vergiftet, um Russland international an den Pranger zu stellen und mit Sanktionen zu bestrafen, um es so politisch und wirtschaftlich zu schwächen. (dpa)

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