GrundschuleNRW-Regierung will Englisch ab der ersten Klasse wieder abschaffen

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Englischunterricht in einer Grundschule

Englischunterricht in einer Grundschule.

Düsseldorf – Die nordrhein-westfälische Landesregierung will das Schulfach Englisch in den ersten beiden Grundschuljahren wieder abschaffen. Das erfuhr der „Kölner Stadt-Anzeiger“ aus Koalitionskreisen. Der Englisch-Unterricht in den Klassen eins und zwei war 2009 in der Regierungszeit der schwarz-gelben Koalition unter Führung des damaligen NRW-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU) eingeführt worden. Bei der Neuauflage des Regierungsbündnisses im Jahr 2017 hatten sich CDU und FDP bereits darauf verständigt, die Erteilung des Schulfachs Englisch an Grundschulen zu überprüfen.

Die Reform der Lehrpläne soll in dem „Masterplan Grundschule“ festgelegt werden, der in den nächsten Wochen vorgestellt werden soll. Ein Sprecher von Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) erklärte, Ziel sei es „die Beherrschung der Grundkompetenzen im Lesen, Schreiben und Rechnen noch stärker in den Mittelpunkt zu rücken“. Zugleich solle auch der Lernerfolg in Englisch verbessert werden. Nach Informationen aus Koalitionskreisen wird eine Ausweitung des Englischunterrichts ab der dritten Klasse für „zielführender“ gehalten als die bisherige Regelung. Der Ministeriumssprecher betonte, eine Entscheidung über die künftige Ausgestaltung des Englisch-Unterrichts sei noch nicht gefallen.

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Die Lehrerverbände halten von einer Neuausrichtung des Englisch-Unterrichts an Grundschulen wenig. Die „Rolle rückwärts“ sei ein Fehler, sagte Anne Deimel, stellvertretende Landesvorsitzende der Bildungsgewerkschaft VBE, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Die Kinder lernen mit großer Begeisterung in den ersten beiden Grundschuljahren Englisch. Viele Studien haben gezeigt, dass es Kindern im Grundschulalter besonders leicht fällt, Fremdsprachen zu erlernen.“ Eine Abschaffung stünde im Widerspruch zu dem politischen Versprechen der Ministerin auf „beste Bildung“ in NRW.

Kritik kommt unter anderem von der Gewerkschaft GEW

Auch Dorothea Schäfer, Landeschefin der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), erklärte, die Pläne seien ein Rückschritt. „Für uns ist es nicht nachvollziehbar, warum man jetzt all das aufgibt, was man jahrelang aufgebaut hat“, so Schäfer. Sigrid Beer, schulpolitische Sprecherin der Grünen, erklärte: „Vielen Gymnasien wäre es lieber, wenn an den Grundschulen gar kein Englisch-Unterricht stattfinden würde und alles wieder wie früher wäre, als die Schüler erst dort mit den Fremdsprachen starteten. Dieser Lobby sollte die Landesregierung nicht auf den Leim gehen.“

Stefanie Frisch, Professorin für Didaktik des Englischen an der Universität Wuppertal, sagte dieser Zeitung , eine Verschiebung des Englisch-Unterrichts auf die Zeit ab Klasse drei wäre eine „Fehlentscheidung“. In Klasse eins seien die „Kinder unheimlich interessiert an allem, die Motivation ist sehr groß. Da wird eine so wichtige Grundlage für das lebenslange Lernen gelegt“.

Englisch an Grundschulen gibt es in NRW seit 2003

Eingeführt wurde das Fach in der Grundschule im Jahr 2003 – damals war die Begeisterung groß. Ab dem 3. Schuljahr wurde es zunächst  unterrichtet. Knapp sechs Jahre später gab es eine erste Ernüchterung. In einer Studie konnten etwa 95 Prozent der befragten Lehrer an weiterführenden Schulen am Ende der fünften Klasse keinen Unterschied bemerken, ob die Kinder in der vierjährigen Grundschule zuvor Englischunterricht hatten oder nicht. In NRW hatte man da bereits die Konsequenzen gezogen: Zu Beginn des Schuljahres 2008/2009 wurde die Entscheidung getroffen, mit dem Englischunterricht bereits im 2. Halbjahr der Klasse 1 zu beginnen.

Eine richtige Entscheidung, wie eine Studie von 2014 zeigt. In ihr wurden die Frühbeginner mit jenen verglichen, die Englisch ab der dritten Klasse haben. Die Erstklässler schnitten besser ab. Es gab eine weitere Studie, nach der die Frühstarter zwar in der fünften Klasse besser waren, in der siebten jedoch die gleichen Ergebnisse hatten, wie die, die erst in der dritten Klasse mit Englisch anfingen. Eine Erklärung: Was die Kinder aus der Grundschule mitgebracht hatten, wurde in den weiterführenden Schulen nicht genügend aufgegriffen.  

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