Haftstrafe für Kölner IS-FrauEr zog in den Kampf, sie schmiss den Haushalt

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Mine K.

Mine K.

  • Ihr Mann kämpfte an der Front, sie kümmerte sich um Haus und Kind: Die Kölnerin Mine K. wanderte 2015 aus, um den IS zu unterstützen.
  • In Deutschland musste sie sich nun vor Gericht verantworten. Im Zentrum die Frage: Gehören auch Frauen, die nicht am Krieg teilnehmen, dem IS an?

Düsseldorf – Mine K. wirkt erschöpft: „Ich kann nicht mehr, mir geht’s nicht gut“, sagt die Angeklagte am Mittwoch vor dem 2. Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf. Die 47-jährige Ex-Frau eines deutschen Kämpfers der Terror-Miliz „Islamischer Staat“ (IS) schlägt beim Schlusswort immer wieder die Hände vors Gesicht. Zuletzt hat man ihr eröffnet, dass sie an Brustkrebs leidet. Ihren zwölfjährigen Sohn habe sie am Vortag nur durch eine Trennscheibe sehen dürfen. Beide hätten geweint: „Ich will einfach nur aus der Haft raus, will wieder gesund werden und mich um meinen Jungen kümmern.“

Mine K. bittet um ein mildes Urteil. Ihre beiden Verteidiger haben Freispruch oder ersatzweise zwei Jahre auf Bewährung gebeten. „Das Leben hat unsere Mandantin mehr gestraft, als es eine Haftstrafe noch tun könnte“, betont Anwalt Martin Heising zuvor im Plädoyer.

Das Gericht aber folgt dem Antrag der Anklage und verhängt drei Jahre und neun Monate Haft. Aus Sicht der Bundesanwaltschaft hat der Prozess Mine K. der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung überführt.

Mine K. studierte Politikwissenschaften

Nach dem Studium der Politikwissenschaften radikalisiert sich Mine K. Spätestens 2014 träumt sie von einem Leben in einem islamischen Gottesstaat. Die Mutter eines Sohnes verlässt ihren ersten Mann, weil er ihr zu gemäßigt erscheint. Im Netz schlägt sie radikale Töne an und knüpft via Facebook Kontakt zu einem Hardcore-Islamisten: Murat D. aus dem westfälischen Herford. Die beiden heiraten im Januar 2015 nach islamischem Brauch via Skype.

Kurz darauf reist Mine K. mit ihrem achtjährigen Jungen zu ihrem neuen Ehemann in die Türkei. Gemeinsam lassen sie sich über die Grenze schleusen und schließen sich den IS-Brigaden im irakischen Mossul an. Während Murat D. an der Front für einen Monatslohn von 250 US-Dollar kämpft, macht die Kölner Islamistin den Haushalt.

Mine K. und ihr Mann raubten ein Haus

Bald zieht das Paar in die irakische Stadt Tal Afar. Dort hat der IS Wohnungen für seine Kämpfer requiriert. So auch für Mine K. und ihren Mann. Sie bekommen ein Haus mit Garten zugewiesen, das angeblich von einer schiitischen Familie requiriert wurde.

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Aus Sicht der Richter steht fest, dass Mine K. mit ihrem Gatten fremdes Eigentum geraubt hat. „Plündern durch Wohnen“, führt der Vorsitzende Richter Frank Schreiber aus. Ein völkerrechtswidriger Verstoß, der ein Kriegsverbrechen darstellt. Nach dem Tod ihres Mannes bei einem Gefecht zahlen die Kalifats-Brigaden Mine K. einmalig 1000 Dollar aus. Bald darauf flieht sie in die Türkei. Im Oktober 2018 reist die Frau mit ihrem Sohn nach Deutschland zurück und wird am Flughafen verhaftet.

Familiärer Backup für den Dschihad

Der Fall der Kölner Islamistin bewegt sich auf rechtlich umstrittenem Terrain. Bei Mine K. stellt sich die Frage, ob auch Frauen, die nicht am Krieg teilnehmen, tatsächlich dem IS angehörten und sich strafbar gemacht haben. Laut dem Strafsenat hat die Angeklagte mit der Haushaltsführung den Kampfeinsatz ihres Mannes unterstützt. Quasi als familiärer Backup für den Dschihad des Gatten. Folglich sei sie auch als Mitglieder der Terror-Miliz anzusehen.

Ein Punkt, dem die Strafverteidiger der Angeklagten in ihren Plädoyers noch am Vormittag scharf entgegen getreten sind. Früher seien die Frauen der IS-Kämpfer nicht verurteilt worden. Verteidiger Serkan Alkan bemängelt Beweislücken. So fehlten Belege, dass jenes durch den IS zugewiesene Haus zuvor einer schiitischen Familie gehört habe. Folglich sei der Vorwurf der Plünderung haltlos. Alkan kündigte an, dass die Verteidigung in Revision gegen den Schuldspruch gehen werde.

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