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Handyvideos vom Polizeieinsatz?„Hilflose Personen dürfen nicht gefilmt werden“

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Polizei

Symbolbild

Bonn – Der Verdacht wiegt schwer: Am 7. August starb ein unter Drogeneinfluss stehender Randalierer nach einem Polizeieinsatz auf der Straße in Oer-Erkenschwick im Landkreis Recklinghausen. Gegen die acht Einsatzkräfte ermittelt die Staatsanwaltschaft Dortmund wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt. Zudem sollen vier Polizisten Schaulustige genötigt haben, Handyvideos von dem Einsatz zu löschen.

Nach den Todesschüssen auf einen 16-jährigen senegalesischen Flüchtling, nährt dieser Vorfall erneut Kritik am Vorgehen der Polizei bei Einsätzen mit aggressiven Menschen. Der Bonner Anwalt Christoph Arnold, der einen der beschuldigten Beamten vertritt, kennt die Details des Falles und widerspricht vehement.

Herr Arnold, Ein Mensch stirbt nach einem Polizeieinsatz, die Todesursache ist noch unklar, und einige der Einsatzkräfte fordern die Schaulustigen am Tatort auf, ihre Handyvideos zu löschen, da ist doch was faul oder nicht?

Christoph Arnold: Mitnichten. Der Vorgang ist in dieser Art der Darstellung schlichtweg falsch. Als man den Mann gegen seinen Widerstand aus dem Haus holen musste und er auf dem Bürgersteig lag, durfte man ihn gar nicht filmen. Schließlich handelte es sich um eine hilflose Person, die sichtlich unter Drogeneinfluss stand. Solche Delinquenten dürfen einfach nicht per Video aufgenommen werden, das hat der Gesetzgeber vor einigen Jahren unter Strafe gestellt. Deshalb waren die Beamten sogar verpflichtet, die Passanten darauf hinzuweisen, keine Aufzeichnungen zu machen.

Was heißt hilflose Lage?

Dass die Person verletzt oder krank am Boden liegt, und das traf auf diesen Mann zu. Er ist während des Einsatzes kollabiert und musste durch Rettungssanitäter behandelt werden. In dieser Zeit haben die Polizisten einen Sichtschutz vor dem Enddreißiger gehalten, um Gaffern keine Chancen für Schnappschüsse zu eröffnen.

Und wieso ermittelt die Staatsanwaltschaft dann auch wegen eines gelöschten Videos wegen Nötigung gegen vier Beamte?

Vor der eindeutigen Rechtslage ist dies unverständlich. Der angebliche Skandal wurde durch einige Medien hochgekocht. Auf Grund der Presseberichte kann die Justiz der Angelegenheit von Amts wegen nachgehen. Das ist in Ordnung. Aber den Polizisten in diesem Fall eine Vertuschung des tatsächlichen Einsatzgeschehens zu unterstellen, ist ein starkes Stück.

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Wie geht es nun weiter?

Noch warten wir auf Akteneinsicht, aber ich bin mir sicher, dass der 39-jährige Mann auf Grund seiner schweren Vorerkrankungen und seines hohen Betäubungsmittelkonsums verstorben ist, und dies nicht mit dem Polizeieinsatz zusammenhängt.

Ich gehe davon aus, dass die Verfahren bald eingestellt werden. Es bestehen bisher keine Zweifel daran, dass der Delinquent zunächst die Beamten massiv angegriffen hat. Bei solchen Attacken muss man auch entsprechend mit Zwangsmitteln reagieren. Diesen Fall als erneutes Beispiel für vermeintlich rechtswidrige Polizeigewalt auszuschlachten, wie seit den tödlichen Schüssen in Dortmund auf einen senegalesischen Flüchtling häufig geschehen, ist hanebüchen. Ich würde mir in vielen Fällen wünschen, dass die Öffentlichkeit zunächst einmal abwartet, welche Ergebnisse die Nachforschungen der Justiz zu den Sachverhalten bringen, ehe man den Stab über die Polizei bricht.

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