Hauptquartier und gemeinsame VerteidigungspolitikKanzler Scholz will EU reformieren

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Scholz Prag 290822

Olaf Scholz hat in seiner Rede an der Prager Karls-Universität eine unabhängigere EU gefordert.

Prag – Mit weitreichenden Reformen will Bundeskanzler Olaf Scholz die Europäische Union stärken und sie für Erweiterungen fit machen. In seiner Grundsatzrede an der Karls-Universität in Prag setzte sich der SPD-Politiker  für einfachere Entscheidungsprozesse, ein krisenfestes Asylsystem und eine engere Zusammenarbeit in den Bereichen Rüstung und Verteidigung ein. 

Als Konsequenz aus dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eine deutlich stärkere und wirtschaftlich unabhängigere EU gefordert. Es brauche „europäische Antworten auf die Zeitenwende“, sagte Scholz am Montag.

Dafür müsse Europa etwa bei der Halbleiter-Produktion und in der Verteidigungspolitik autonomer werden. Konkret forderte Scholz eine „Strategie 'Made in Europe 2030'“. Im Vergleich mit dem Silicon Valley oder chinesischen und japanischen Anbietern müsse sich Europa „an die Spitze zurückkämpfen“, sagte er.

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Scholz plädiert für gemeinsame Verteidigungspolitik der EU

Viele Rohstoffe wie Lithium, Kobalt oder Nickel seien in Europa vorhanden. Als Konsequenz aus dem Ukraine-Krieg plädierte Scholz zudem für deutlich stärkere Anstrengungen für die gemeinsame Verteidigungspolitik der EU. Dafür brauche es „mittelfristig ein echtes EU-Hauptquartier“ und ab 2025 eine schnelle Eingreiftruppe.

Unter anderem wolle er gemeinsam mit europäischen Nachbarn ein neues Luftverteidigungssystem aufbauen. Ein solches System „wäre ein Sicherheitsgewinn für ganz Europa“, sagte der SPD-Politiker. Zudem wäre es kostengünstiger und leistungsfähiger, als wenn jeder seine eigene, teure und hochkomplexe Luftverteidigung aufbaue. Details nannte er zunächst nicht.

Scholz fordert Reformen in der EU

Scholz bekräftigte, dass Deutschland für die geplante Einheit mit rund 5000 Soldaten zu Beginn den „Kern“ stellen will. Scholz sprach sich grundsätzlich für die Aufnahme der Ukraine, Moldaus sowie der westlichen Balkanstaaten in die EU aus und perspektivisch auch Georgien. Dafür brauche es aber Reformen in der EU, etwa ein Ende des Vetorechts in der Außenpolitik, sowie schlanke Institutionen. Sonst drohten „kafkaeske Verhältnisse“, warnte der Kanzler.

Verstöße gegen Grundwerte der Europäischen Union sollen nach Ansicht des Bundeskanzlers künftig leichter zu einem Fall für den Europäischen Gerichtshof werden können. Er sprach sich dafür aus, der EU-Kommission einen neuen Weg zu eröffnen, um Vertragsverletzungsverfahren gegen Mitgliedstaaten einzuleiten – auch bei Verstößen gegen die im EU-Vertrag festgeschriebenen Grundwerte. Konkret nannte Scholz „Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte“.

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Im Anschluss an seine Rede wollte Scholz den tschechischen Ministerpräsidenten Petr Fiala treffen. Bei dem Gespräch dürfte es auch um den geplanten Panzer-Ringtausch gehen. Die Bundesregierung will Tschechien Leopard-Panzer liefern, das seinerseits der Ukraine Waffen sowjetischer Bauart bereitstellt. (afp/dpa)

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