Impfpflicht-Debatte im BundestagKölner Abgeordneter gegen Impfpflicht

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Lauterbach Buschmann DPA 260122

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (l.) mit Justizminister Marco Buschmann.

Berlin – Der deutsche Bundestag hat am Mittwoch erstmals über die Einführung einer allgemeinen Impfplicht gegen das Coronavirus diskutiert. Weil die Ampel-Koalition keinen eigenen Vorschlag zur Impfpflicht vorgelegt hat, soll die Impfpflicht nun aus dem Bundestag heraus durch Anträge diskutiert und beschlossen werden.

Alle Parteien hatten bereits im Vorfeld die Aufhebung des Fraktionszwangs für eine mögliche Abstimmung angekündigt. Unter den Rednern waren unter anderem SPD-Gesundheitminister Karl Lauterbach, der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Wolfgang Kubicki, Justizminister Marco Buschmann (FDP) und die AfD-Vorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla.

Karl Lauterbach mit mahnendem Appell zur Impfpflicht

Lauterbach sieht in der Impfpflicht den einzigen Weg aus der Pandemie in die Endemie. „Wir können das den alten Menschen, den Kindern, den gefährdete Menschen nicht weiter zumuten. Wir müssen das hinbekommen, wir müssen jetzt handeln.“ Er rechne im Herbst mit einer großen der Belastung der Intensivstationen ohne Impfpflicht.

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„Wir haben Angst vor einer Variante, die so infektiös wie Omikron und so schwerwiegend ist wie Delta. Diese rekombinierte Variante könnte im Herbst kommen. Daher ist die Impfpflicht der einzige Weg, um damit umzugehen.“ Er rechne mit einer Umsetzung in den kommenden fünf oder sechs Monaten.

Der Gesundheitsminister ergänzte: „Wir werden unser altes Leben nicht zurückbekommen ohne eine Impfpflicht.“

Impfpflicht: FDP-Zwist zwischen Marco Buschmann und Wolfgang Kubicki

Justizminister Buschmann warb für die Einführung einer Impfpflicht und begrüßte die Möglichkeit, diese im Bundestag debattieren zu können: „Wir sprechen hier von einer enorm komplexen Entscheidung und es ist unsere Aufgabe und Verantwortung, um die Impfpflicht sorgfältig zu ringen.“

Buschmanns Parteikollege Wolfgang Kubicki, der sich bereits im Vorfeld gegen eine Impfpflicht ausgesprochen hatte, bekräftigte diese Haltung auch am Rednerpult im Bundestag: „Meine drei Impfungen waren meine persönlichen Freedom Days und ich halte die Impfung für vernünftig. Aber ich habe mich bewusst dafür entschieden.“

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Er halte es für problematisch, wenn der Staat den Bürgern die Impfung vorschreibe, wenn sie diese beispielsweise aus religiösen oder psychologischen Gründen ablehnen würden. „Eine Impfpflicht auf Vorrat, die von einer möglichen Mutante im Herbst ausgeht, unterstütze ich nicht.“

Impfpflicht: Kölner Abgeordneter bemängelt Glaubwürdigkeit – AfD vergreift sich im Ton

Der Kölner Abgeordnete Matthias W. Birkwald, der über die Landesliste seiner Partei in den Bundestag eingezogen ist, sprach sich ebenfalls gegen eine Impfpflicht aus: Er halte nichts von hohen Bußgeldern, die Sozialhilfeempfänger deutlich mehr belasten würden als Besserverdienende.

Außerdem habe die Bundesregierung im April 2021 versprochen, dass es keine Impfpflicht geben werde. „Ich habe meinen Wählern in Köln versprochen, für glaubwürdige Politik zu stehen und diese Haltung werde ich auch bei einer Abstimmung vertreten.“

Die AfD-Vorsitzenden Tino Chrupalla und Alice Weidel vergriffen sich bei ihren Reden mehrfach im Ton, vermischten diverse Themenbereiche und wetterten gegen die Ampel-Politik, statt über die Impfpflicht zu debattieren. Chrupalla bemängelte, der Impfstoff habe mittlerweile eine „religiöse Stellung“, Weidel dagegen sprach von einem „Trauerspiel“ und forderte das Ende aller Corona-Maßnahmen.

Grüne werfen Union „Parteiprofilierung“ vor

Die Ärztin und Grünen-Abgeordnete Paula Piechotta mahnte nach Wortbeiträgen der Union davor, „diese Debatte für parteipolitische Profilierung zu nutzen“. Es sei wichtiger in der Sache zu streiten, als die Regierungsarbeit von SPD, FDP und Grünen zu kritisieren.

Ihre Parteikollegin Ricarda Lang, die für den Vorsitz der Grünen kandidiert, sprach von einem „Ausbrechen aus dem Hamsterrad.“ Eine Impfpflicht sei notwendig, um vor allem Schüler und Studierende zu entlasten. „Wir müssen diesem Teil unserer Gesellschaft Perspektiven bieten.“

Langs Rede wurde immer wieder mit Zwischenrufen aus der AfD-Fraktion unterbrochen, immer wieder waren „Lügen“-Rufe zu hören.

Der Unions-Abgeordnete Sepp Müller (CDU) sprach von einer „großen Ungewissheit“, kritisierte die Regierung aber erneut für fehlende Vorschläge und mangelhafte Auskünfte. „Die Impfung hilft nicht gegen die Ansteckung. Das Festhalten an drei Impfungen ist schwierig. Wir geben ein Versprechen an die Bevölkerung, das nicht eingehalten werden kann.“ (shh)

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