Inszenierung Russlands?Zweifel an Verhaftung von „ukrainischer Terrorzelle"

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Putin Kremlchef AP

Der russische Präsident und Kremlchef Wladimir Putin.

Moskau – „Neo-Nazis“ aus der Ukraine sollen den Mord an einem russischen Fernsehjournalisten geplant haben, sie wurden festgenommen. Ein Sonderkommando hat die vermeintliche Wohnung der „Terrorgruppe“ gestürmt, die „Attentäter“ verhaftet und Gegenstände wie ein Foto von Adolf Hitler oder ein T-Shirt mit einem Hakenkreuz-Aufdruck gefunden und sichergestellt. Auch Molotowcocktails, Waffen, Munition und angeblich gefälschte ukrainische Pässe sind zu sehen. Das meldet Russland.

Die russische Nachrichtenagentur RIA Novosti hat Videoaufnahmen der Razzia veröffentlicht. Die Bilder wirken jedoch skurril und lassen Experten an der Authentizität der Aktion des Geheimdienstes FSB zweifeln. Handelt es sich um eine Inszenierung?

Computerspiele statt Sim-Karten

Der ukrainische Journalist Illia Ponomarenko, der für „The Kyiv Independent“ schreibt, veröffentliche bei Twitter Bilder der „Ausbeute“ der Razzia. Neben einer grünen Perücke, einem neo-nationalsozialistischem Buch und einem Shirt mit dem Logo: „Antisystem-Fighter“ sind darauf auch drei Ausgaben des Spiele-Klassikers Die Sims 3 zu sehen „wichtig!“ schreibt Ponomarenko in Klammern: „Das ist genau das, was man für eine Ermordungsmission mitnehmen würde.“

Viele der Twitter-Nutzer spekulieren, dass der russische Geheimdienst FSB eigentlich die Aufgabe gehabt habe, Sim-Karten statt Computerspiele dort zu deponieren.

Der ehemalige Leiter der Heinrich-Böll-Stiftung in Kiew und Experte für Osteuropa, Sergej Sumlenny, machte in einem Tweet auf einen weiteren Hinweis für einen schiefgegangenen Schwindel aufmerksam: Er übersetzte eine Inschrift der „neo-Nazis“ in einem Buch, die einfach nur mit „Unleserliche Signatur“ unterschrieben wurde. Der Auftrag mit einer unleserlichen Signatur zu unterzeichnen sei vom FSB also genau nach Vorgabe erfüllt worden. Der blinde Gehorsam lässt laut Sumlenny umso mehr auf eine Inszenierung der Aktion schließen.

„Neo-Nazi Starter Pack"

Francis Scarr ist Journalist der BBC. Auch er hat sich Standbilder des offiziell veröffentlichten Videos genauer angesehen und scherzt über das „Ukrainische neo-Nazi Starter pack – freundlich zur Verfügung gestellt vom FSB“.

Bislang konnten die Vorwürfe gegen den russischen Geheimdienst nicht eindeutig geklärt werden. Der ukrainische Journalist Ponomarenko berichtet seit Anfang des Kriegs vielfach über die Invasion Russlands und positioniert sich auf Seite der Ukraine. Eine unabhängige Überprüfung der Vorwürfe ist derzeit nicht möglich. (rom)

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