Ist er bald weg?„Spätere Generationen werden für Trump teuer bezahlen müssen”

Lesezeit 7 Minuten
US-Präsident Donald Trump: Es könnte schon bald vorbei sein.

US-Präsident Donald Trump: Es könnte schon bald vorbei sein.

  • Die Zeichen stehen auf Sturm für USA-Präsident Donald Trump: Eine Zinskurve deutet auf eine Rezession in den USA hin.
  • Für den höchst umstrittenen Amtsinhaber könnte dies das Ende seiner Präsidentschaft bedeuten.
  • Zwei Nobelpreisträger halten rein gar nichts von seiner Wirtschaftspolitik – und erklären die Gründe dafür.
  • Eine Analyse.

Schlechte Nachrichten für Donald Trump. Der US-Präsident feiert die steigenden Börsenkurse und sieht die Wirtschaft in Partylaune. Doch es gibt eine Tendenz, die ihm kaum schmecken dürfte.

An den Anleihemärkten zeigt sich eine Entwicklung, die eine pessimistische Sichtweise offenbart. Denn die mittel- und langfristigen Zinsen sind so stark gesunken, dass sich die Zinskurve invertiert hat. Das bedeutet, dass für kurze Laufzeiten von US-Staatsanleihen mehr Zins anfällt als für längere Laufzeiten.

Nun scheint ein Unterschied von einigen Basispunkten nicht besonders bedeutsam. Warum also sollte es europäische Privatinvestoren kümmern, wenn kurzfristige US-Staatsanleihen geringfügig höhere Zinsen bringen als langfristige? Die Antwort: Die Zinskurve ist einer der besten und einfachsten Indikatoren für eine Rezession.

Die US-Finanzwirtschaft geht derzeit davon aus, dass Trump im November wiedergewählt werden wird. Und die Wirtschaft will auch einen wie Trump an ihrer Spitze sehen, wie Umfragen ergaben. Doch ist die inverse Zinskurve ein Problem, wenn sie tatsächlich eine Rezession einleiten sollte. Denn in diesem Fall werden US-Präsidenten nicht wiedergewählt.

Einer, der das besonders gut weiß, ist Allan J. Lichtman. Er ist der Mann, der seit 30 Jahren richtig liegt, wenn es um die Vorhersage der Wahl von den mächtigsten Männern der Welt geht. Er rechnete mit Trump als alle seriösen Umfrageinstitute Niederlagen für den Kandidaten der Republikaner vorhersagten. Der Professor der University of America in Washington D. C. beruft sich auf sein verblüffendes System aus 13 Fragen, mit denen er seit Jahren die US-Präsidenten vorhersagt. Der Historiker hat auch nachträglich durch dieses System Beweise geliefert, warum die Kandidaten gewonnen hatten. Dafür wertete er zusammen mit dem russischen Wissenschaftler Wladimir Keilis-Borok alle US-Wahlen zwischen Abraham Lincolns Wahlsieg (1860) und Jimmy Carters Amtszeit (bis 1981) aus.

Edmund Phelps

Edmund Phelps

So kristallisierten sich 13 Fakten heraus, die es jeweils mit „wahr“ oder „falsch“ zu beantworten gilt und die Lichtman zu jeder Wahl aktualisiert in seinem Buch „Predicting the Next President: The Keys to the White House 2016“ veröffentlicht. „Ich schaue in keine Kristallkugel“, sagte Lichtman. „Die Schlüsselfragen basieren auf der Geschichte.“

Seine Fragen werden zum Erfolg der vorherigen Regierungen gestellt, dem Charisma der amtierenden oder herausfordernden Kandidaten, es gibt Fragen zu Skandalen oder der Stimmung in der Gesellschaft. Können sechs oder mehr der Fragen mit „falsch“ beantwortet werden, hat rückblickend stets der Kandidat der amtierenden Partei verloren. Eine Konstante gibt es aber unabhängig auch von Lichtman. Präsidenten, deren Land sich wirtschaftlich im Abschwung befindet, erhalten kein neues Mandat der US-Amerikaner.

Das könnte Sie auch interessieren:

Die Zinskurve könnte Trump also empfindlich treffen. Und anders als viele Börsenmakler gibt es eine Reihe von US-Ökonomen, die schlicht gar nichts von Trumps Wirtschaftspolitik halten. „Wenn er eine oder zwei gute Ideen hat, gibt es gleich 20 schlechte“, sagt etwa der Wirtschaftsnobelpreisträger Edmund Phelps im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Man weiß nie, welche verrückte Idee er nun wieder im Kopf hat. Er hat nicht allein eine Menge Unruhe und Angst bei denen verursacht, die von seinen Initiativen betroffen sind.“

Trump habe vielmehr für ein Klima der Ungewissheit gesorgt, schlimmer als er, Phelps, es Anfangs für möglich gehalten habe. „Für das Geschäft bedeutet das, dass Investitionen nun eher aufgeschoben werden. Die Unsicherheit ist einfach zu groß. Das drückt die Produktivität und das Wachstum“, sagt Phelps und schüttelt den Kopf. „Bemühungen um Innovationen und neue Wege werden nun eher eingefroren. Es ist zurzeit unmöglich zu evaluieren, wo der Profit für neue Anstrengungen liegen könnte.“

Es bestehe die Möglichkeit, dass es zu einer globalen Rezession kommen könne. Aber es gebe keinen notwendigen Weg in diese Richtung, meint er. Die Volkswirtschaft der Vereinigten Staaten falle gerade ein bisschen aus den Boomzeiten der beiden letzten Jahre heraus, die auch durch die Steuersenkungen mit begünstigt worden seien, glaubt er.

Und Trump hat einen weiteren großen Kritiker: den Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz. „Das breitere Bild der US-Wirtschaft ist viel weniger positiv, als Trump es darstellt. Ja, es wurden in Trumps Amtszeit viele Stellen geschaffen. Aber unter Obama war das Job-Wachstum am Ende stärker. Ebenso das Wirtschaftswachstum“, sagte er im Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Wenn man Stiglitz mit der niedrigen Arbeitslosenzahl kommt, die besonders aus europäischer Sicht bestaunt wird, erwidert er: „Sie dürfen nicht nur die Arbeitslosenzahl anschauen. Sondern auch die Zahl der Erwerbstätigen! Viele Leute sind aus dem Arbeitsmarkt verschwunden, ohne in der Arbeitslosenstatistik aufzutauchen.“

Joseph Stiglitz

Joseph Stiglitz

Viele haben sich, erklärt Stiglitz, mehrheitlich unfreiwillig, aus dem Erwerbsleben zurückgezogen. „Oder sie sitzen im Gefängnis.“ Man könne natürlich die Arbeitslosigkeit auch reduzieren, indem man möglichst viele Erwerbslose kriminalisiert und ins Gefängnis steckt, sagt der US-Ökonom. In den USA sitzen rund zwei Millionen Menschen hinter Gittern, zumeist sind es Afro-Amerikaner. Trump sei nur kurzfristig für das Geschäft gut. Langfristig, ja sogar mittelfristig sei er eine Katastrophe für das Land. „Entscheidend ist, dass heute die Börsenkurse steigen, dass heute eine Investition getätigt wird. Und was ist morgen? Daran denkt er nicht.“

Vor allem die Steuerpolitik Trumps wird von Stiglitz verrissen. „Davon profitiert das oberste Prozent der Gesellschaft. Doch diese Leute können gar nicht mehr investieren deswegen. Zugleich explodiert das Staatsdefizit. Und das in einer Phase der Hochkonjunktur. Spätere Generationen werden deswegen leiden und für Trump teuer bezahlen müssen!“

Und auch Trumps vollmundiges Versprechen, die Industrie-Jobs zurück in die USA zu holen, sei nicht eingelöst worden, was keine große Überraschung sei, so Stiglitz. „Es wurden Jobs zurückgeholt, aber nur wenige. Das Problem beim „Zurückholen“ alter Arbeitsplätze - etwa in der Kohle- und Ölindustrie - ist, dass diese nicht nachhaltig sind. Amerika ist eine Dienstleistungsgesellschaft. Industriejobs, die einmal verschwunden sind, lassen sich schwerlich hier behalten. Da gaukelt Trump dem Volk etwas vor.“

Auch Trumps Kampf gegen China sei alles andere als klug. „In diesem Handelskrieg verlieren alle. Wir haben die Welthandelsorganisation WTO, die fairen Handel sicherstellen soll. „Die WTO könne angerufen werden, wenn ein Land die Freihandelsregeln verletzt. „Es ist nicht Trumps Aufgabe, hier mit Deals zu prahlen.“ Auch Stiglitz’ Kollege Phelps sieht alles andere als gute Zeichen am Konjunkturhimmel durch Trumps Vorgehen gegen das Reich der Mitte. „Das Investitionsklima hat sich verändert. Darum geht es. Auch der Wohnungsbau geht ein bisschen runter. Wir haben die Zeiten des Booms hinter uns gelassen. Die Stimmung ist schlechter geworden.“

Dass die Fed die Stimmung wieder nach oben bringen könne, glauben weder er noch Stiglitz: „Man muss abwarten, was die Zinspolitik der Zentralbanken für Folgen haben wird. Meines Erachtens ist die Finanzpolitik nicht so wichtig wie man denkt. Letztlich kommt es immer nur auf den Kopf und die Stimmung an. Wirtschaft ist immer noch Psychologie.“

Dennoch haben beide unterschiedliche Auffassungen, was die wirtschaftliche Entwicklung im Allgemeinen angeht. „Die Menschen wollen einfach nicht mehr Chancen ergreifen und Chancen nutzen. Das ist das Problem. Dieser Fall der modernen Werte hat dazu geführt, dass die Innovationen in Europa und den USA zurückgegangen sind und das drückt Innovationskraft und Wachstum“, meint Phelps.

Stiglitz hingegen sieht nicht nur Trump kritisch, wenn es um die Beurteilung der massiven Ungleichheit in den USA geht. In ihr sieht er einen Hauptimpuls für den Erfolg autoritärer Politikerpersönlichkeiten. Das Übel sei, dass die Globalisierung und auch die Technologisierung so schlecht gemanagt worden sei. Die Arbeiter und die Mittelklasse der USA hätten seit 1980 kaum reale Lohnzuwächse zu verzeichnen. Das oberste Prozent und das oberste 0,1 Prozent hingegen würde mehr denn je verdienen und besitzen. Diese Ungleichheit hätte die amerikanische Gesellschaft zerstört und dazu geführt, dass Leute wie Trump Präsident werden konnten, sagt Stiglitz.

Wenn die Wirtschaft unter Trump merklich den Bach runtergeht, könnte es mit seiner Zeit schon bald vorbei sein. Um es mit dem Historiker Lichtman zu sagen, der er es so erklärte: „Man schaut nach der Stabilität – die amtierende Regierungspartei bleibt im Weißen Haus – oder nach einem Erdbeben – dann verliert die Partei das Weiße Haus und die Herausforderer gewinnen.“

KStA abonnieren