Kölner Professor zur CDU„Ich gehe davon aus, dass Armin Laschet die Wahl gewinnt“

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CDU Kandidatenrunde

Friedrich Merz (v.l.n.r.), Norbert Röttgen und Armin Laschet sitzen zusammen mit Moderatorin Tanja Samrotzki in einem Online-Video-Talkformat.

  • Thomas Jäger ist Professor für Politikwissenschaft an der Universität zu Köln.
  • Der Lehrstuhlinhaber hat sich mit der Frage befasst, welche Chancen und Risiken das digitale Format des CDU-Parteitags für die Bewerber um den Parteivorsitz und für die Delegierten mit sich bringt.

Der CDU-Parteitag wird nur digital stattfinden. Was bedeutet das für die Kandidaten?

Wir sind jetzt alle schon fast ein Jahr daran gewöhnt, bei Konferenzen oder Vorträgen nur in die Kamera zu sprechen und keine Resonanz zu spüren. Damit sollten alle drei Bewerber klarkommen. Vielleicht ist die Aufmerksamkeit für das Gesagte in einem digitalen Format sogar höher. Bei einem Präsenzparteitag ist schließlich auch immer sehr viel Gewusel und Ablenkung vorhanden. Jetzt fehlt diese typische eigene Dynamik. Der Sturz von Rudolf Scharping durch Oskar Lafontaine beim SPD-Parteitag in Mannheim 1995 wäre bei einem Online-Parteitag wahrscheinlich so nicht möglich gewesen.

Viele Delegierte dürften schon wissen, welchen Bewerber sie favorisieren. Kann eine besonders gute oder schlechte Rede an dieser Wahlentscheidung noch etwas ändern?

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Ja, eine schlechte Rede kann im zweiten Wahlgang das Zünglein an der Waage sein, wenn die Kandidaten in der Performance eng beieinander liegen sollten. Merz hat bei der Niederlage gegen Annegret Kramp-Karrenbauer ja bereits die schmerzliche Erfahrung gemacht, dass eine schlechte Tagesform den Sieg kosten kann. Umgekehrt kann eine unerwartet gute digitale Präsenz aber vielleicht auch noch Zweifler von einem Kandidaten überzeugen, den er zuvor nicht auf der Rechnung hatte.

Angenommen, Friedrich Merz läge im ersten Wahlgang vorne. Würden die Anhänger des Drittplatzierten, der ja für die Stichwahl ausgeschieden ist, dann dem Zweiten Ihre Stimme geben?

Das kommt auf die Konstellation an. Die Laschet- und Röttgen-Anhänger gehen zum Beispiel nicht in einen Korb. Manchem Röttgen-Wählern dürfte ein Neustart unter dem konservativen Merz sicher lieber sein als der Weiter-so-Kurs von Armin Laschet. Viele sind ja nicht nur für jemanden, sondern auch gegen etwas. Aber die Delegierten sind bei der Entscheidung diesmal auf sich selbst gestellt. Es gibt niemanden, mit dem man den Kopf zusammenstecken kann, und mal Fragen kann: Wie siehst denn Du das?

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Ist das Ergebnis ehrlicher, wenn es frei von Beeinflussung ist?

Schwer zu sagen. Die Parteien leben ja auch von der Diskussion und von informellen Gesprächen, wenn es um Personalfragen geht.

Wen halten Sie für den Favoriten?

Ich gehe davon aus, dass Armin Laschet die Wahl gewinnt. Er hat viele Unterstützer an seiner Seite, die bislang bewiesen haben, dass sie den Ausgang von Wahlen beeinflussen können. Außerdem stimmt hier nicht die Basis ab, bei der Merz viel Sympathie genießt, sondern die Ebene der Funktionäre. Bei den Bundestagsabgeordneten geht es zum Beispiel auch um die Frage, mit welchem Kanzlerkandidaten das eigene Mandat wohl am sichersten ist. Ginge es danach, müsste Merkel wieder aufgestellt werden. Aber die steht nicht auf dem Zettel. Merkel hat sich aber mehr oder weniger offen für Laschet ausgesprochen. Dieses Votum dürfte am Ende den Ausschlag geben.

Wird der CDU-Vorsitzende dann auch Kanzlerkandidat?

Das kommt auf die die Umfragewerte nach der Wahl an. Derjenige, der gewählt wird, dürfte in den Umfragen einen positiven Schub bekommen. Die entscheidende Frage aber ist, wie groß der Zuwachs bei der Beliebtheit ausfällt. Dabei spielt sicher auch ein Rolle, wie die Bewältigung der Pandemie weiter voranschreitet und ob die Wirtschaft wieder anzieht. Die Chance des neuen Parteivorsitzenden, Kanzler zu werden steigt jedenfalls, wenn die unterlegenen Bewerber sich tatsächlich hinter ihn stellen. Ob das so kommt, wage ich aber zu bezweifeln.

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