Kommentar zu MaßnahmenDer Kampf gegen Corona läuft aus dem Ruder

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Verweilverbot

Einsatzkräfte in Düsseldorf kontrollieren die Einhaltung der Corona-Maßnahmen.

Es sind irritierende Bilder und Signale wenige Tage vor der nächsten Bund-Länder-Runde zur Corona-Pandemie. Auf mehreren Ebenen, so scheint es, gehen Maß und Mitte verloren. In Düsseldorf hat die Stadt ein „Verweilverbot“ bis Mitte März verhängt.  Wer in bestimmten Zonen länger stehen oder sitzen bleibt, muss mit 50 Euro Bußgeld rechnen. Ein harmloser Spaziergang endete  am Wochenende für viele Menschen in einer Konfrontation mit dem Staat – Zustände, wie wir sie bislang nur von totalitären Regimes kannten. Manche Lockdown-Kritiker sprechen daraufhin bereits von einem neuen Höhepunkt einer ins Autoritäre gedrifteten Republik. Schlagendster Beleg ist eine  Jagdszene aus Hamburg, bei der ein Streifenwagen  mit durchdrehenden Reifen einen Jugendlichen ohne Maske verfolgte. Auf Twitter machte  der Hashtag #Diktatur die Runde. So überzogen und maßlos das ist, so richtig ist dennoch: Im Kampf gegen die Pandemie läuft gerade etwas aus dem Ruder.

Mit neuen Verhaltensmaßregeln und Bußgeldern tun sich die Politiker in Bund und Land leicht. Im direkten Kampf gegen das Virus sind sie dagegen aus dem Tritt. Bei der Organisation und Verteilung des Impfstoffes ruckelt es weiter gehörig, ebenso beim Einsatz von Schnelltests. Und die Schulen sind in der Digitalisierung immer noch nicht so weit, dass Homeschooling halbwegs zumutbar ist. Gar nicht zu sprechen von den Zehntausenden Unternehmen, die ums Überleben kämpfen, von  geschlossenen Theatern, Zoos und Restaurants.

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Umso ärgerlicher ist es, wenn kaum mehr nachvollziehbare Auflagen für die Bevölkerung wie ein pauschales Verweilverbot einhergehen mit einer – sagen wir – nonchalanten Auslegung der Corona-Regeln durch Spitzenpolitiker wie Gesundheitsminister Jens Spahn oder NRW-Innenminister Herbert Reul. Abgehobenheit ist da noch die freundlichste Formulierung für den Eindruck, den solches Verhalten hervorruft.

Alles zum Thema Herbert Reul

Beim nächsten Corona-Gipfel im Kanzleramt muss endlich ein nachvollziehbarer Stufenplan  beschlossen werden, der auch sinnvolle und nachhaltige Öffnungsschritte beinhaltet. Natürlich muss es auch weiterhin Schutzmaßnahmen gegen das Virus geben – aber eben auch konkrete Schritte, die   wieder  mehr Freiheiten bringen, um so katastrophale wirtschaftliche und psychische Langzeitfolgen der Pandemie zu verhindern.

Bessere Impf-Organisation und sinnvolle Test-Strategie

Die Verantwortlichen in Bund und Ländern müssen aufpassen, dass sie jetzt nicht noch mehr Vertrauen verspielen. Das kann nur gelingen, wenn sie alle Kräfte für die wirksamsten Maßnahmen bündeln und sich auf die wirklich sinnvollen Schutzmaßnahmen konzentrieren, statt immer neue Verbote und Sanktionen zu verhängen. Bessere und schnellere Organisation beim Impfen, eine sinnvolle und pragmatische Schnelltest-Strategie – das sind  die richtigen Schritte auf dem Weg aus der Krise. Sie müssen nun schnell und entschlossen gegangen werden. 

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