Kommentar zu Schul-QuarantäneNRW handelt taktisch töricht, hilft aber Familien

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Schule leer

Zu leeren Klassenräumen soll es in NRW nicht mehr kommen.

Düsseldorf – Die schwarz-gelbe Landesregierung muss für ihr geplantes Quarantäne-Management an Kitas und Schule viel Kritik einstecken. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) will künftig in der Regel nur an Corona infizierte Kinder isolieren.

Enge Kontaktpersonen wie Sitznachbarn sollen lediglich durch Tests im Blick behalten werden. Damit weicht NRW vom Beschluss des Gesundheitsministerkonferenz (GMK) ab, dem sie am Montag nach zugestimmt hatte, und der für bundeseinheitliche Regeln sorgen sollte.

Erziehungsgewerkschaften und die Opposition halten den   Alleingang von Laumann sei hochriskant. Mit dem Verzicht auf enge Quarantäne-Regeln nehme NRW das Risiko von größeren Ausbrüchen in Kauf.

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Schließlich seien die Selbsttest, die in den Klassen zur Überwachung verwendet werden sollen, zu ungenau. Wenn ein Kind positiv getestet werde, habe es wahrscheinlich schon mehrere Klassenkameraden infiziert.

Schüler waren auf sich allein gestellt

Diese Logik ist aus gesundheitspolitischer Sicht schlüssig. Natürlich ist es im Kampf gegen Corona immer am sichersten, Quarantänemaßnahmen im großen Stil anzuordnen. Die Gesundheitsämter haben in den vergangenen Wochen immer wieder ganze Klassen nach Hause geschickt, die vierzehn Tage eingesperrt wurden, ohne die Möglichkeit zu haben, sich frei zu testen. Digitaler Unterricht wurde für sie nicht angeboten. Viele Schüler waren auf sich allein gestellt. Die ohnehin vorhandenen Wissenslücken drohten immer größer zu werden. Die Gewährleistung des Präsenzunterricht ist zwingend notwendig, um Lernrückstände und soziale Folgen der der Pandemie abzufedern.

Unterricht hat Vorfahrt

In der Güterabwägung hat sich die Landesregierung jetzt entschieden, der Wissensvermittlung Vorfahrt gegenüber dem Schutz vor Infektionen einzuräumen. Das ist eine mutige Richtungsentscheidung. Ziel ist es, den Gesundheitsämtern enge Vorgaben zu geben. Sie waren zum Teil übervorsichtig. Die GMK-Regelung, der die Isolation von Kontaktpersonen vorsieht, verspricht zudem eine Scheinsicherheit. Vor allem in Grundschulen nützt es nichts, Sitznachbarn in Quarantäne zu schicken, wenn die Kinder in den Pausen und beim gemeinsamen Mittagessen unkontrollierbare Kontakte haben. Auch in den Schulbussen sitzen die Schüler oft auf engem Raum zusammen.

Gezielte Maßnahmen fehlen

Im vergangenen Jahr hatten viele Schulen damit begonnen, ihre Anfangszeiten zu staffeln, um das Problem zu entzerren. Ein guter Ansatz, von dem aber nicht mehr übriggeblieben ist. Unverständlich auch, warum die Schulen nicht selbst darauf kommen, auf klassenübergreifenden Unterricht nach Möglichkeit zu verzichten. An Schulen mit besonders hohen Inzidenzen sollten gezielte Schutzmaßnahmen greifen. Einschränkungen zum Beispiel beim Pausenbetrieb sind eher zu verkraften als ein wochenlanger Unterrichtsausfall. Im Ergebnis bleibt festzuhalten: Das Vorgehen der Landesregierung, zwei Tage nach dem gemeinsamen Beschluss der GMK einen eigenen Weg einzuschlagen, ist zwar politisch töricht, aber in der Sache richtig. Viele Eltern dürften erleichtert darüber sein, dass das es künftig wohl nicht mehr so häufig zu ausufernden Quarantäneanordnungen kommt. Sie haben viele Familien in ein Betreuungschaos gestürzt.

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