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Kommentar zum Hacker-AngriffDas Gefühl von Datensicherheit ist massiv erschüttert

Lesezeit 4 Minuten
Hacker Symbolbild

Hacker beschädigen das Vertrauen in die Datensicherheit.

Die Schreckensnachricht über eine Cyberattacke war eigentlich während des Bundestagswahlkampfs im vergangenen Jahr erwartet worden. So wie böse Mächte sich in die Präsidentschaftswahl der USA eingemischt und beispielsweise vertrauliche E-Mails aus dem Umfeld von Hillary Clinton veröffentlicht hatten oder später in Frankreich geheime Dokumente von Emmanuell Macrons Partei „En Marche!“ an die Öffentlichkeit brachten. Der Wahlkampf in Deutschland sorgte zwar für einige Überraschungen, aber über den vertraulichen Informationsaustausch von Politikern, Parteien und Ministerien erfuhr niemand etwas.

Wer das als Erfolg für deutsche Sicherheitsstandards im Netz gewertet hat, lag   völlig daneben. Das zeigt der Hackerangriff, den es im vergangenen Jahr dann doch gegeben hat, aber  von dem die  Öffentlichkeit erst jetzt erfuhr. Die russische Hackergruppe „Snake“  hat das Gefühl von Datensicherheit in Deutschland massiv erschüttert. Ein erfolgreicher Angriff auf das staatliche Netzwerk, schlimmer geht es nicht. Eigentlich versteht sich dieses Land als weltweiter Innovationstreiber, beim Thema Digitalisierung ist davon aber nicht viel  zu sehen. Spektakuläre Hackerangriffe gab es in der Vergangenheit ja genug, die Behörden waren also gewarnt und haben nicht die richtigen Vorkehrungen getroffen.

Was bei der aktuellen Diskussion um die Daten allerdings jedem klar sein sollte: Es gibt die absolute Sicherheit im Netz nicht. Denn es sind kluge und gerissene Hacker, oft gut ausgewählte und durchaus auch staatlich geförderte Teams, die ihr Handwerk verstehen, um an brisante Informationen und vertrauliche Daten heranzukommen. Und die staatlichen Geheimdienste mischen auch mit. Früher mussten Spione angeworben werden, die dann in Büros Aktenschränke öffneten oder Gespräche abhörten, inzwischen kommt die Cyberattacke im Datennetz dazu. Sie bietet nicht nur die Möglichkeit, an brisante Daten heranzukommen. Wird so ein Fall öffentlich, schadet das dem Ansehen der Regierenden, sorgt zusätzlich für Unruhe in den angegriffenen Institutionen und darüber hinaus.

Koalitionäre haben großes Versprechen gegeben

Um in Rechner oder Smartphones vorzudringen, sind Sicherheitslücken notwendig. Diese Informationen über Programmierfehler im System könnten umgehend Software-Herstellern wie Microsoft gemeldet werden, aber dann wäre nach kurzer Zeit der Zugang auch für die staatlichen Geheimdienste gesperrt. Und das wollen die Datenspione vermeiden. Eine gefährliche Strategie, wie die Cyberattacke in Berlin zeigt. Die Bundesbürger scheinen übrigens ein gutes Gespür dafür zu haben, in welch misslicher Situation sich die Regierung befindet. Sie soll einerseits für Datensicherheit sorgen, nutzt aber gleichzeitig Schwachstellen. In einer Umfrage trauen 84 Prozent der Bundesbürger diese Doppelleistung dem Staat nicht zu.

Wenn unsere Infrastruktur also verletzlich ist, die Strukturen nicht stimmen und viele Schurken im Netz unterwegs sind, was bleibt dann zu tun? Im Koalitionsvertrag der möglichen neuen Regierung geht es vor allem um schnelles Internet und die Förderung von Forschung und Bildung. Ganz allgemein wird auch eine bestmögliche Sicherheit versprochen. Spätestens jetzt wissen die Politiker, dass sie da ein sehr großes Versprechen gegeben haben.

Gefahren werden nicht geringer werden

Das sich aber doch realisieren ließe: Produkte aus diesem Land werden auch deshalb weltweit gerne gekauft, weil sie Sicherheit und Zuverlässigkeit versprechen und meistens auch halten. Es wäre also nur logisch, wenn sich Unternehmen, Hochschulen und Universitäten darauf konzentrieren würden, Lösungen für die Sicherheitsthemen des 21. Jahrhunderts zu entwerfen und rechtliche Rahmenbedingungen zu entwickeln, die weltweit dringend gebraucht werden. Google konnte auf diese Weise Anfang des Jahres beispielsweise etwas für sein Image tun. Mitarbeiter des Unternehmens entdeckten eine gravierende Datenlücke bei Intel-Prozessoren, informierten den Chip-Hersteller und bald auch die Öffentlichkeit. Inzwischen haben die Hersteller längst Updates angeboten. Schlimmeres konnte offensichtlich verhindert werden.

Denn die Gefahren und Risiken werden den kommenden Jahren werden nicht geringer werden. Manager der Digital-Konzerne und renommierte Wissenschaftler sprechen davon, dass wir erst ganz am Anfang der Digitalisierung stehen. Künstliche Intelligenz, eines der großen Zukunftsthemen für das autonome Fahren beispielsweise, kann nur funktionieren, wenn die Rechner über genügend Daten verfügen, die sie auch auswerten können.

Attacken auf Unternehmen, die diese Daten nutzen? Sehr wahrscheinlich. Und wir Konsumenten werden mit unseren High-Tech-Geräten auch immer mehr Spuren im Netz hinterlassen. Deshalb ist auch im privaten Bereich eine viel bessere Aufklärung und Fortbildung notwendig.

Denn, und das ist auch klar: Das Internet und die Digitalisierung gehen nicht wieder weg. „Lass mal das Netz abschalten“, das wird nicht passieren, auch wenn es Menschen gibt, die sich das sehnlichst wünschen. 

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