Kommentar zum KlimawandelKein Rekord-Hitzesommer in Köln? Das hilft der Welt nicht!

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In Sibirien ist es derzeit heiß wie nie – das hat dramatische Folgen. 

  • Auch wenn uns in Köln und der Region 2020 wohl kein dritter Rekord-Hitzesommer in Folge droht – die damit verbundene Erleichterung ist trügerisch.
  • Denn woanders brennt die Welt, gibt es neue Wärme-Rekorde – und zwar noch schlimmer als bislang befürchtet.
  • Ein Kommentar.

Eine Feuerwehr, die Straßenbäume wässert. Anwohner, die jeden Abend zu Gießkannen greifen, um die vertrocknenden Bäume vor ihrer Haustür notdürftig zu versorgen. Und fast täglich Meldungen von Böschungs- und Waldbränden. Die Zustände, an die wir uns in den vergangenen zwei Hitzesommern gewöhnen mussten, haben sich in Köln und Region in diesem Sommer bislang nicht wiederholt. Zum Glück. Erst am Wochenende sollen sich die Temperaturen der 40-Grad-Marke annähern. Doch auch wenn die Erleichterung groß ist darüber, dass sich den deutschen Rekord-Sommern kein dritter in Folge dazu gesellt: Der damit verbundene Funken Hoffnung täuscht gewaltig.

Denn dem Klimawandel sind Ländergrenzen bekanntlich wurscht. Und woanders auf der Welt werden derzeit Rekorde aufgestellt, die in ihrer Dramatik geradezu atemberaubend sind: In der sibirischen Stadt Werchojansk, die als einer der kältesten bewohnten Orte der Welt gilt, sind am 20. Juni 38 Grad gemessen worden. Das gab es noch nie seit Beginn der Wetter-Aufzeichnungen. Die Hitzewelle in Sibirien führt seit Wochen zu schlimmen Waldbränden. Die Brände sind aber nur das augenfälligste Warnsignal für etwas, das Klimaforscher bis vor Kurzem so nicht auf dem Zettel hatten: Die Arktis erwärmt sich nach Angaben der Weltwetterorganisation (WMO) derzeit doppelt so schnell wie der Rest der Welt – mit tiefgreifenden Folgen für die Permafrostböden dort. Ein Sechstel der Erdoberfläche gilt als Perma-frostgebiet. Dort ist der teils mehrere hundert Meter dicke Boden schon seit Tausenden Jahren gefroren und konserviert gigantische Mengen Biomasse aus abgestorbenen Pflanzen. Diese zersetzen sich bei auftauenden Böden und setzen zusätzliches Treibhausgas frei.

Wenn Forscher von Kipppunkten im Klimasystem sprechen, sind auftauende Permafrostböden ein großer Faktor. Sämtliche Anstrengungen, den Klimawandel aufzuhalten, werden den Berechnungen zufolge vergeblich sein, wenn Kipppunkte einsetzen. Derweil brennen auch die brasilianischen Regenwälder weiter: Klimaschützer befürchten, dass – Rekord? – 2020 sogar noch schlimmer werden könnte als das schlimme Jahr 2019.

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Da wird es nichts nützen, dass Fleisch in Deutschland etwas teurer werden könnte – was derzeit interessanterweise ausschließlich unter Corona-Arbeiterschutz-Aspekten diskutiert wird, obwohl Fleischkonsum ja auch ein enormer Klimawandeltreiber ist. Oder dass während der Corona-Krise viel weniger Flugzeuge und in Köln laut den Messstationen etwas mehr Menschen mit dem Fahrrad unterwegs gewesen sind. Die Folgen der Pandemie werden sich klein ausnehmen im Vergleich zu dem, was uns sehr bald schon droht, wenn sich der Klimawandel weiter so rasant verschärft. Wir müssten ihn endlich mindestens so ernst bekämpfen wie die Corona-Krise. Oder uns in die Augen sehen und ehrlich bekennen, dass wir diese Welt einfach nicht retten wollen.

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