Kommentar zum PapstschreibenFranziskus vergisst die eigenen Reformversprechen

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Papst_Franziskus

Papst Franziskus während der wöchentlichen Generalaudienz am Mittwoch im Vatikan

  • Der Papst hat sein lang erwartetes Schreiben nach der Amazonas-Bischofssynode veröffentlicht.
  • Anders als von vielen erhofft, äußert er sich darin nicht zum Zölibat und anderen strittigen Themen.
  • Ein Kommentar.

Mit den päpstlichen Schreiben „Evangelii Gaudium“ und der „Öko-Enzyklika“ Laudato Si hat Papst Franziskus sein Programm für die Kirche und ihre Rolle in der modernen Welt entworfen. Sein jüngstes Schreiben „Geliebtes Amazonien“ zur Lage der Kirche in Lateinamerika ist nichts weniger als ein Teil-Dementi dieses Programms.

Franziskus löst nichts von dem ein, was er den Katholiken in aller Welt über einen neuen, „synodalen“ Geist, über gestufte Verantwortung und regionalen Problemlösungen versprochen hat. Das Schweigen des Papstes zu einer – vorsichtigen – Lockerung des Pflichtzölibats beinhaltet damit die lautstarke Botschaft: Wenn es zum Schwur kommt, ist von mir nichts zu erwarten.

Der Papst stellt die Macht seines Amtes in Frage

Das ist nicht nur eine Enttäuschung für die reformorientierten Kräfte in der katholischen Kirche, sondern es ist auch eine Infragestellung des Papstamts durch den Amtsinhaber selbst: Wenn alles, was Franziskus in den vergangenen Jahren über die Erneuerungsbedürftigkeit der Kirche gesagt hat, genau in dem Moment folgenlos bleibt, in dem er entscheiden könnte – dann ist der Mann in Weiß nur mehr ein Conferencier. 

Alles zum Thema Rainer Maria Woelki

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Mit dem Amazonas-Papier ist der „Synodale Weg“ der deutschen katholischen Kirche schon zuende, kaum dass er begonnen hat – zumindest auf den Themenfeldern Sexualmoral, priesterliche Lebensform und Rolle der Frau. Kardinal Reinhard Marx, der einen Tag vor der Veröffentlichung seinen Rückzug vom Vorsitz der Deutschen Bischofskonferenz und damit auch aus dem Synodalpräsidium bekanntgegeben hat, mag sich genau das gedacht haben.

Gegner jeglicher Veränderung wie den Kölner Kardinal Rainer Woelki wird „Geliebtes Amazonien“ freuen. Für die anderen ist dieses Dokument kein Liebesbrief, keine Frohbotschaft, sondern ein Beerdigungsschreiben.

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