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Kommentar zum Unterrichtsbeginn in NRW„Nichts als eine klägliche Mogelpackung“

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Für einiges Schülerinnen und Schüler ging hierzulande wieder die Schule los (Symbolbild).

  • Nach und nach geht der Unterricht in Schulen für Schülerinnen und Schüler in NRW wieder los.
  • Eine klägliche Mogelpackung: Die allermeisten Kinder kommen bis zu den Sommerferien auf gerade mal drei Tage Präsenzunterricht.
  • Nach mangelhaftem Krisenmanagement ist jetzt mehr als die Simulation von Unterricht gefordert, um das Grundrecht auf Bildung zu sichern.

Für viele Schülerinnen und Schüler in NRW geht in diesen Tagen der Unterricht wieder los. Doch halt: Wenn wir ehrlich sind, dann reden wir über eine traurige Simulation von Schule. Die allermeisten Kinder kommen bis zu den Sommerferien auf gerade mal drei Tage Präsenzunterricht. Die vom Schulministerium großspurig angekündigte Rückkehr zu einem „regulären Schulbetrieb“ ist nichts anderes als eine klägliche Mogelpackung.

Das liegt – um es klar zu sagen – zumeist nicht an Schulleitern und Lehrern. Wobei es wie in jedem Berufsfeld die Engagierteren und die weniger Engagierten gibt, bis hin zu Klassenlehrern, die sich in zehn langen Wochen nicht ein einziges Mal bei ihren Schülern gemeldet haben.

Grundsätzlich jedoch sind Lehrerkollegien Ausführende und in diesem Fall Leidtragende einer Bildungspolitik, die sich große Versäumnisse vorwerfen lassen muss. Über Jahre hinweg wurde nicht nur in NRW die Digitalisierung der Schulen verschlafen oder vernachlässigt. Ein Indiz dafür sind die nicht abgerufenen finanziellen Mittel aus dem Digitalpakt.

Widersprüchliche Botschaften

Auch konnte das Krisenmanagement der Landesregierung nicht überzeugen. Es gab gerade in NRW ein großes Hin und Her mit widersprüchlichen Botschaften der zuständigen Ministerin und mit zu späten, überfordernden Ansagen an die Schulen. Konzepte für die Wiederaufnahme des Unterrichts oder die Notbetreuung in den Kitas ließen viel zu lange auf sich warten. Andere Bereiche des öffentlichen Lebens hatten eine weitaus stärkere Lobby als die Familien.

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Deren Bedürfnisse stehen mittlerweile nicht mehr ganz unten auf der Prioritätenliste. Bund und Länder investieren zum Beispiel eine halbe Milliarde Euro, um Kinder aus ärmeren Familien mit Endgeräten für das digitale Lernen zu versorgen.

Nach der Forderung von Kinderärzten, die Schulen und Kitas wieder in den normalen Gruppen zu öffnen, um das Kindeswohl nicht zu gefährden, nimmt die Debatte jetzt weiter an Fahrt auf. Eine permanente wissenschaftliche Begleitung ist unerlässlich, um im Spannungsfeld von geregeltem Schulbetrieb und optimalem Gesundheitsschutz abwägen und entscheiden zu können. Das Coronavirus wird ja im Spätsommer nicht einfach so verschwunden sein.

Wie kann das Grundrecht auf Bildung in diesen Zeiten realisiert werden?

Umso wichtiger ist es, dem Grundrecht auf Bildung wieder deutlich mehr Gewicht zu geben. Das neue Schuljahr muss schon jetzt intensiv vorbereitet werden. Dabei sind kreative Lösungen gefragt. Können Klassen aufgeteilt werden und im wöchentlichen Wechsel Präsenz- und Video-Unterricht erhalten?

Können Referendare und Lehramtsstudenten herangezogen werden, damit Lehrer über 60 oder mit Vorerkrankungen weiter zu Hause bleiben können? Kann Samstagsunterricht als Überbrückung dabei helfen, ausgefallenen Lernstoff aufzuholen?

Antworten auf solche Fragen stehen nicht im Belieben der Bildungspolitik. Im Gegenteil: Unsere Kinder haben einen Anspruch darauf.

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