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Kommentar zur KommunalwahlDie Wahl wird zum Corona-Zeugnis für Armin Laschet

Lesezeit 4 Minuten
Laschet imago

Armin Laschet, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen (CDU), spricht bei der Feier anlässlich des 75. Gründungsjubiläums der CDU in Nordrhein-Westfalen.

  • Wenn am Sonntag Millionen Menschen in NRW an der Kommunalwahl teilnehmen, wird sich auch zeigen, wie zufrieden die Wählerinnen und Wähler mit der Corona-Politik sind.
  • Für Ministerpräsident Armin Laschet ist es eine Wahl mit Signalwirkung – auf dem Weg ins Kanzleramt ist er auf starke CDU-Hochburgen in NRW angewiesen.
  • So könnte die Wahl in Nordrhein-Westfalen auch bundesweite Bedeutung erlangen, kommentiert Chefredakteur Carsten Fiedler.

Wenn am Sonntag Millionen Menschen in NRW ihr Recht zur Stimmabgabe wahrnehmen, dann entscheiden sie in erster Linie über die politischen Verhältnisse in der Stadt oder Gemeinde, in der sie leben. Das Ergebnis wird jedoch auch bundesweit registriert werden. Wie schneidet die CDU im „Laschet-Land“ ab? Bringt Olaf Scholz als Kanzlerkandidat der SPD Rückenwind? Und wie stark sind die Grünen wirklich? Fragen, auf deren Beantwortung in der Düsseldorfer Staatskanzlei und in den Parteizentralen in Berlin mit großer Spannung gewartet wird.

Die Kommunalwahl an Rhein und Ruhr ist die letzte große Abstimmung in Deutschland 2020 – und die letzte vor dem CDU-Bundesparteitag im Dezember, auf dem sich NRW-Ministerpräsident Armin Laschet zum Parteichef und damit auch zum erstem Anwärter auf die Kanzlerkandidatur der Union küren lassen will. Das Wahlergebnis wird einen Hinweis darauf geben, welchen Rückhalt Laschet in seinem Heimatland hat. Gelingt es der CDU nicht, ihre Hochburgen in NRW zu halten, wäre das für ihn ein schwerer Rückschlag auf dem Weg ins Kanzleramt.

Der NRW-Trend bestimmt Laschets Kanzlerweg

Das ist keine Übertreibung. NRW ist wirtschaftlich ein Schwergewicht, das im weltweiten Vergleich vordere Plätze belegen würde, wenn es als eigener Staat den Vergleich anträte. Wenn die Bürger in NRW mit ihrem Votum einen erkennbaren Trend zeigen, darf man diesen entsprechend interpretieren.

Alles zum Thema Armin Laschet

Das gilt zum Beispiel für die Grünen. Einer Umfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ und des WDR zufolge kann die Partei mit deutlichen Zugewinnen, möglicherweise sogar ersten OB-Posten in NRW rechnen. Kommt es so, ändern sich bei den Grünen nicht nur die lokalen Gewichtungen, sondern auch die auf höheren Ebenen. Etwa bei den Ansprüchen für künftige Koalitionen im Bund und der Frage, ob die Partei einen Kanzlerkandidaten oder eine -kandidatin aufstellt. Auch für die SPD steht viel auf dem Spiel. Es wäre für sie verheerend, sollten die Zahlen in NRW weiter in den Keller gehen.

Bei alldem darf aber nicht vergessen werden, dass es bei der Wahl vornehmlich um die Politik vor Ort geht. Kommunalpolitik heißt: Wird eine neue Schule gebaut? Wird eine Straßenbahnlinie verlängert? Was kosten Kita-Plätze, Müllabfuhr, Oper, und Schauspiel? Fragen, die im täglichen Leben eine echte Relevanz haben. Sie zu beantworten ist wichtig. Aber das allein reicht nicht mehr. Corona hat unser Land, unsere Städte und Gemeinden verändert. Die Krise wirkt wie ein Brennglas: Wo es vorher schon Probleme gab, verstärken sich diese zum Teil dramatisch.

Der richtige Weg aus der Wirtschaftskrise

Die Folgen der Pandemie haben tiefe Löcher in die Haushalte gerissen. Wie können sie gestopft werden? Die Erhöhung der Gewerbesteuer wäre das absolut falsche Signal, denn vielen lokalen Wirtschaftsunternehmen und Kultur-, Gastronomie- und Veranstaltungsbetrieben geht es schlecht.

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Es besteht die Gefahr, dass Corona das Sterben der Innenstädte beschleunigt. Geschäfte und Restaurants schließen, Billigketten ziehen ein – diesem Trend muss eine kreative Stadtplanung entgegenwirken. Hinzu kommen die Megatrends Klimakrise, ökologisch und sozial verträgliches Wohnen und digitale Transformation der Arbeitswelt.

All das sind Themen, die für die Politiker vor Ort von großer Bedeutung sind. Sie müssen Zielbilder entwerfen, wo sie mit der Kommune hinwollen. Wo soll die Stadt, die Gemeinde, die Region in fünf, zehn und fünfzehn Jahren stehen?

In Köln zeichnet sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen ab

In Köln hat der Wahlkampf zuletzt noch einmal Fahrt aufgenommen. Für den Stadtrat sehen die Demoskopen ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die stärkste Kraft zwischen SPD, Grünen und CDU. Bei der OB-Wahl hat Henriette Reker die Chance auf eine Wiederwahl schon im ersten Wahlgang – zu stark sind offenbar ihr Amtsbonus und ihr schwarz-grünes Unterstützerbündnis, zu schwach ihre Herausforderer inklusive des tapfer kämpfenden SPD-Bewerbers Andreas Kossiski. Abgerechnet wird jedoch erst am Wahlabend.

Unabhängig vom Wahlergebnis muss man leider konstatieren: Der Wahlkampf in Köln war kein Werben mit dem Bild des großen Ganzen. Er war beherrscht vom Klein-Klein. Die Lust auf Zukunft, die spannende und die Menschen motivierende Vision für Köln im Jahr 2025 stellte sich nicht ein. Dafür kann auch der durch Corona verengte Wahlkampf keine Ausrede sein. Wo war, wo ist die begeisternde, mitreißende Gesamtidee? Leider hat Köln hier wieder mal eine Chance vertan.

Dabei haben ja die Kölner und die Rheinländer insgesamt ein durchweg positives Verhältnis zu ihrer Region, ihrer Stadt und ihrer Gemeinde! Deswegen gibt es zum Wählengehen keine Alternative. Wer sich und die Welt, in der er lebt, ernst nimmt, wer Sorge dafür tragen will, dass die Verhältnisse gut bleiben oder – Stichwort Corona – besser werden, der muss am Sonntag wählen gehen. Wer dies nicht tut, ergibt sich der Gleichgültigkeit. Dafür ist Köln, ist das Rheinland viel zu lebenswert.

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