„Wir können Geschichte schreiben“Großer Jubel bei den Kölner Grünen

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Wahlparty der Grünen in der Frankenwerft

  • Die Kölner Grünen haben bei der Ratswahl Hochrechnungen zufolge fast 29 Prozent der Stimmen geholt – eine Steigerung von rund zehn Prozentpunkten im Vergleich zur Kommunalwahl 2014.
  • Damit ist die Partei erstmals die stärkste Kraft bei einer Kommunalwahl in Köln.
  • Das Wahlergebnis lässt so manche Konstellation zu.

Köln – Der Jubel der Grünen in der Kneipe Ex-Vertretung war wahrscheinlich bis ins Rathaus zu hören. Hochrechnungen zufolge hat die Partei fast 29 Prozent der Stimmen bei der Ratswahl geholt – Wahlsieger.  Freudenrufe schallten durch das Lokal in der Altstadt, Fäuste wurden in die Luft gestreckt, rhythmisches Klatschen und  „Hey“-Sprechchöre, es hatte etwas von Familienblock im Fußballstadion.

„Wir können Geschichte schreiben. Wir sind die stärkste grüne Fraktion in Köln aller Zeiten. Und wir sind sogar die stärkste Fraktion in der Stadt“, rief Parteichef Frank Jablonski mit Pathos angesichts einer Steigerung von rund zehn Prozentpunkten im Vergleich zur Kommunalwahl 2014. Die mahnenden Worte von Co-Chefin Katja Trompeter, „wir bleiben auf dem Teppich, auch, wenn er gerade fliegt“, gingen im Jubel ziemlich unter.

Die richtigen Themen

„Das ist ein fantastisches Ergebnis. Es zeigt, dass unsere Themen Klimaschutz, Verkehrswende und nachhaltiges Wirtschaften die richtigen waren“, sagte Spitzenkandidatin Christiane Martin. Das gute Abschneiden  wiegt sogar noch ein bisschen schwerer, weil einige kleine Parteien wie Klimafreunde, Ratsgruppe Gut oder Volt mit überwiegend ähnlichen Themen und Forderungen für die Stadt die Grünen die ein oder andere Stimme gekostet haben dürften. „Im Zweifel wählen die meisten Leute aber dann doch eher das Original“, kommentierte Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Lino Hammer.

Auf mögliche Koalitionen im Stadtrat wollte in der Ex-Vertretung am Wahlabend erwartungsgemäß niemand so recht eingehen. Das Wahlergebnis lässt so manche Konstellation zu. Laut Hochrechnungen könnte es mit der SPD knapp zur Mehrheit im Rat reichen.

Mit dem bisherigen Bündnispartner CDU, der den Prognosen zufolge auf rund 21 Prozent abrutschte, gab es zuletzt immer lautere Dissonanzen. Bei stadtweit emotional diskutierten  Themen wie den Erweiterungsplänen des 1. FC Köln im Grüngürtel oder dem nun aufgegebenen Vorhaben einer Hubschrauberstation auf dem Kalkberg stimmten die eigentlichen Partner gegeneinander. Die CDU müsste sich in der ungewohnten Rolle als Juniorpartner dem Wahlsieger unterordnen. Zudem müsste wohl eine weitere Partei als Mehrheitsbeschafferin fungieren.

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„Wir werden dennoch als erstes mit unserem Kooperationspartner reden“, kündigte Fraktionsgeschäftsführer Hammer an. „Das gebietet schon die Höflichkeit“, ergänzte Martin. Hammer hält natürlich auch „Dreierkonstellationen für möglich“, allein schon deshalb, weil das Zweierbündnis mit der CDU in den vergangenen sechs Jahren bei einigen Abstimmungen keinen Bestand hatte. „Wir werden mit allen demokratischen Parteien reden und alle einladen“, formulierte Martin diplomatisch.

Aussicht auf Vertretung in Bezirksämtern

Auch in den Bezirksämtern könnten die Grünen künftig stark vertreten sein. Sie könnten die Bezirksbürgermeisterposten in Lindenthal, Nippes, Ehrenfeld und Rodenkirchen erobern. Den in der Innenstadt hatten sie bereits und werden ihn behalten.

Der Wahlausgang prädestiniert Spitzenkandidatin Christiane Martin für den Fraktionsvorsitz. Dazu wolle sie sich nicht näher äußern, sie stehe jedenfalls zur Verfügung, sagte Martin. Die parteiinternen Personalien würden in den kommenden Tagen geklärt. Dem vernehmen nach steht die langjährige Fraktionsvorsitzende Brigitta von Bülow nicht mehr zur Verfügung. Sollte Martin die Fraktion künftig leiten, wäre das ein klares Signal für einen Generationswechsel bei den Grünen. Durch das überragende Ergebnis der Partei werden viele junge Mitglieder Sitze im Stadtrat bekommen.

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Fraktionsgeschäftsführer Hammer hat zwar schon einige kommunalpolitische Erfahrung und bekleidet ein Spitzenamt in der Partei. Aber auch er ist erst 33 Jahre alt. Seine Position möchte er behalten, wenn sich die Grünen in den kommenden Tage konstituieren: „Ich werde jedenfalls meinen Hut wieder in den Ring werfen.“

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