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Kossiski gegen JoistenEin tiefer Riss geht durch die Kölner SPD

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Kossiski und Joisten

Kossiski und Joisten

  • Noch am Wahlabend ist der Streit in der Kölner SPD-Ratsfraktion mit aller Macht wieder ausgebrochen.
  • OB-Kandidat Andreas Kossiski beansprucht den Fraktionsvorsitz, der aktuell von Christian Joisten bekleidet wird.
  • Joisten spricht von einem „Tiefpunkt von Nicht-Zusammenarbeit“.

Köln – Kaum war die Stichwahl am Sonntag gelaufen, war es mit dem kurzzeitigen Burgfrieden innerhalb der SPD während des Wahlkampfs schon wieder vorbei. Oberbürgermeister- und Spitzenkandidat Andreas Kossiski will Fraktionsvorsitzender werden – Amtsinhaber Christian Joisten will wiedergewählt werden. Der Zweikampf um den Chefposten lässt den tiefen Riss in Partei und Fraktion von einem Moment auf den anderen wieder sichtbar werden.

Noch am frühen Sonntagabend standen die Sozialdemokraten bei ihrer Wahlparty in der Altstadt geschlossen beisammen. Mit Kossiskis Ankündigung und Joistens wütender Reaktion darauf brach das wackelige Konstrukt förmlich in sich zusammen – einige Parteimitglieder schrien sich an. Der Konflikt zeigte sich auch am Montag noch deutlich. Kossiski, Joisten und Parteichefin Christiane Jäger wollten mittags vor die Presse treten, um gemeinsam die Wahl zu analysieren.

Eine Stunde vorher sagte SPD-Geschäftsführer Frank Mederlet den Termin wieder ab. Die Partei verlegte die Pressekonferenz stattdessen auf Donnerstag – am Mittwoch soll die Fraktion ihren Vorsitzenden wählen. Dem Vernehmen nach sagten beide Kontrahenten kurzfristig ab, weil sie sich keinen öffentlichen Schaukampf liefern wollten.

Joisten: „Das war gestern der Tiefpunkt von Nicht-Zusammenarbeit“

Joisten hatte Kossiski bereits am Sonntagabend scharf attackiert und ihm vorgeworfen, einen Wortbruch begangen zu haben. So habe ihm der OB-Kandidat vorab zugesichert, den Spitzenplatz nicht in Anspruch zu nehmen und auf seinen Sitz im Stadtrat verzichten zu wollen. Am Montag legte Joisten nach. „Das war gestern der Tiefpunkt von Nicht-Zusammenarbeit“, sagte er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Auf diese Weise schaffe man kein Vertrauen für fünf Jahre der Zusammenarbeit.

Joisten zeigte sich optimistisch, trotz der Kandidatur Kossiskis als Fraktionsvorsitzender bestätigt zu werden. „Ich bin zuversichtlich, gewählt zu werden, denn ich stehe nicht für eine von Einzelinteressen geprägte Politik“, sagte er. Im Mittelpunkt seiner Arbeit stehe „das große Ganze“.

Andreas Kossiski wies Joisten Vorwurf des Wortbruchs am Montag deutlich zurück. „Ich habe keinerlei Zusage gemacht, auf eine Position in der Fraktion zu verzichten, und ich bin auch ganz eindeutig gegen solche Hinterzimmerabsprachen“, sagte er auf Anfrage. Köln brauche eine einheitliche SPD. Ihm gehe es darum, Partei und Fraktion zu vereinen und die Gräben zuzuschütten. „Dazu brauchen wir alle 19 Fraktionsmitglieder“, so Kossiski. Sie alle könnten unter seiner Führung ihren Platz finden, versicherte er. Kossiski betonte, aufgrund seines Spitzenplatzes bei der Kommunalwahl und seines achtbaren Ergebnisses von 40 Prozent bei der OB-Stichwahl die Verpflichtung zu haben, sich jetzt aktiv für Köln zu engagieren.

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Es steht zu erwarten, dass die Abstimmung in der Fraktion am Mittwoch eng ausgehen wird. Joisten weiß zwar Teile der Ratsmitglieder hinter sich, ist aber durchaus umstritten. In den Reihen der Fraktion befinden sich ebenso Gegner wie Unentschlossene. Insofern wird viel davon abhängen, ob sich die Sozialdemokraten von Kossiski überzeugen lassen, dass er tatsächlich für einen Neuanfang im Stadtrat steht und den Lagerkampf beenden will.

Parteichefin Christiane Jäger hatte Kossiski offiziell gemeinsam mit Fraktionschef Joisten als OB-Kandidat vorgeschlagen. Der eigentliche Vorschlag stammte allerdings von ihr, während Joisten zunächst eine Kandidatur des bisherigen Rodenkirchener Bezirksbürgermeisters Mike Homann bevorzugte, der jetzt neu im Stadtrat sitzt. Aus Gründen der Geschlossenheit einigten sich Jäger und Joisten aber schließlich auf Kossiski.

Die gespaltene und zerstrittene Fraktion raufte sich für den Wahlkampf zusammen und legte die Streitigkeiten bei. Parteichefin Jäger lobte die ungewöhnliche Geschlossenheit am Sonntag und führte das respektable Abschneiden Kossiskis bei der OB-Wahl auch darauf zurück. Während Teile der SPD in Kossiski nun denjenigen sehen, der die Einigkeit verstärken kann, wollen andere Joistens Position festigen.

Lob von der Parteiprominenz

Prominente SPD-Mitglieder haben sich am Montag positiv über Kossiski geäußert. „Andreas Kossiski hat einen überaus engagierten und an Sachthemen ausgerichteten Wahlkampf geführt und dabei ein herausragendes Ergebnis erzielt“, sagte Rolf Mützenich, SPD-Fraktionsvorsitzender im Bundestag und Kölner Abgeordneter. Das sei umso höher zu bewerten, als er sich gegen einen grün-schwarzen Block von Wahlempfehlungen habe erwehren müssen. „Er hat den Takt und die Themen gesetzt, wie eine soziale und gerechte Stadtpolitik aussehen muss – mit diesem klaren Kompass werden wir in den kommenden Jahren andere Parteien und die Oberbürgermeisterin in Köln herausfordern können“, so Mützenich.

Die langjährige SPD-Landtagsabgeordnete Anke Brunn, im Jahr 2000 OB-Kandidatin in Köln, sprach sich am Montag für Kossiski aus. „Ich bin dringend er Auffassung, dass er sein Stadtratsmandat wahrnehmen und zudem die SPD-Fraktion führen muss“, sagte sie. Zusätzlich zu dem respektablen Ergebnis bei der OB-Wahl beeindrucke sie, dass Kossiski zwischen dem ersten und dem zweiten Wahlgang noch einmal 8400 Stimmen dazu gewinnen konnte.

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