Oberbürgermeisterin Henriette Reker im Interview„Vieles geht nicht schnell genug“

Lesezeit 6 Minuten
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Die alte und neue Oberbürgermeisterin: Henriette Reker

  • Henriette Reker (63) ist seit 2015 Oberbürgermeisterin in Köln.
  • Am vergangenen Sonntag gewann sie die Stichwahl gegen den SPD-Herausforderer Andreas Kossiski und tritt am 1. November ihre zweite Amtszeit an.
  • Die alte und neue Oberbürgermeisterin im Interview über ihre zweite Amtszeit und ihre Ziele für die Stadt.

Köln – Frau Reker, was muss sich in Köln ändern, damit Sie in Ihrer zweiten Amtsperiode Ihre Ziele erreichen? Henriette Reker: Wir müssen es schaffen, die unterschiedlichen Perspektiven auf die Zukunftsfähigkeit der Stadt in eine vernünftige Richtung zu bringen. Und dann auch Dinge zu entscheiden und nicht zu verschieben. Vor allem muss es uns, und da sind wir auf einem guten Weg, als Verwaltung gelingen, den Bürgerservice in den Mittelpunkt zu stellen.

Sie haben ja selber gesagt: Geben Sie mir eine Chance, um die Dinge, die ich begonnen habe, auch zu beenden. Folgt nun also die Phase der Umsetzung für die Dinge, die Sie angestoßen haben?

Es wird auch neue Projekte geben. Aber ich will vor allem die Verwaltung ans Laufen bringen, weil ich finde, dass wirklich nur eine gut administrierte Verwaltung den aktuellen Herausforderungen gerecht werden kann. Und das geht eben nicht in einer Amtszeit. Mir gehen viele Dinge auch nicht schnell genug.

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Doch die Verwaltungsreform war ja immer so angelegt, dass sie auch über meine Amtszeit hinausgeht. Ich bin aber wirklich froh, dass ich weitermachen kann. Köln ist ja meine Heimatstadt, und ich möchte, dass die Verwaltung funktioniert.

Gibt es etwas, das Sie in Ihrer zweiten Amtszeit grundlegend anders machen wollen?

Ich gehe immer sehr offen an Dinge heran und taktiere da wenig. Davon halte ich nicht viel. Es geht einfach um die Frage, wie sich Mehrheiten bilden lassen. Ich habe immer gesagt: Jeder Demokrat im Rat ist eingeladen, sich an den Mehrheiten zu beteiligen. Das ist für die Bürgerinnen und Bürger vielleicht besser, als wenn Koalitionen immer nur durchregieren können.

Aber Ihnen wäre schon recht, wenn Sie sich im Rat wieder auf ein schwarz-grünes Bündnis stützen könnten?

Natürlich. Aber es gibt Themen, die sollte man, selbst wenn wir sie mit Grünen, CDU und Reker treffen könnten, mit einer breiten Mehrheit entscheiden.

Werden Sie die Stadtverwaltung umbauen? Sie haben bereits darüber gesprochen, dass es ein neues Dezernat geben könnte. Welches könnte das sein?

Das ist für mich eine ganz grundsätzliche Sache. Wir haben einen Aufgabenzuwachs, der mit sieben Dezernaten gar nicht mehr zu bewältigen ist. München zum Beispiel hat zwölf Referenten, wie die Beigeordneten dort heißen.

Also sind sieben Dezernate, wie zur Zeit in Köln, zu wenig?

Sieben sind zu wenig. Acht oder neun bräuchten wir.

Wie sähe der Umbau aus?

Ich würde die großen, neuen Themen dort verankern. Die Digitalisierung etwa oder die Umwelt. Ich möchte ja nicht nur die Stadtverwaltung digitalisieren – natürlich ist es selbstverständlich, dass man zukünftig sein Kraftfahrzeug anmelden kann, ohne zum Amt zu gehen. Doch das meine ich hier nicht: Es geht um die digitale Stadt Köln.

Man hat den Eindruck, dass in der Stadt nicht immer alle an einem Strang ziehen. Zuletzt beklagten sich etwa die Wirtschaft, die IHK, die Handwerkskammer und die Arbeitgeber, dass sie nicht genügend gehört würden.

Ich habe vor Monaten schon große Unternehmen und Verbände angeschrieben und sie gebeten mir mitzuteilen, was denn die nächsten wichtigen Schritte wären. Was die Stadt tun könnte, um die Corona-Krise zu managen.

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Da kamen sehr unterschiedliche Antworten zurück. Ich erwarte schon konkrete Vorschläge – und zwar solche, die machbar sind. Ich werde jetzt die Wirtschaft einladen und den von mir begonnenen Dialog intensivieren.

Braucht die Stadt wieder einen eigenen Wirtschaftsdezernenten?

Die Stadt hat einen Wirtschaftsdezernenten, das ist Markus Greitemann, der auch für Bauen zuständig ist.

Wenn sie auf neun Dezernenten aufstocken, könnte ja es auch wieder einen ausgewiesenen Wirtschaftsdezernenten geben.

In der jetzigen Situation würde ich nicht sagen: Das geht nicht. Aber das Thema hat für mich nicht die oberste Priorität.

Bei der Verwaltungsreform stellt sich die Frage, wann konkrete Ergebnisse endlich sichtbar werden für die Bürgerinnen und Bürger.

Das ist doch völlig klar. Das muss und wird jetzt sichtbarer werden. Ich wünsche es mir zum Beispiel bei der Kfz-Zulassungsstelle. Das liegt ja auf der Hand. Weil das einfach Dinge sind, von denen viele Bürger betroffen sind.

Ganz grundsätzlich gefragt: Warum dauert das in Köln so lange?

Das kann ich Ihnen sagen: Weil es so viel ist.

In Düsseldorf ist es auch viel. Trotzdem geht es schneller.

Düsseldorf – und ich freue mich so, dass der zukünftige Oberbürgermeister, unser Stadtdirektor Stephan Keller, das weiß – ist gerade einmal gut halb so groß. Die Stadt wird ganz anders administriert, da sind die Kompetenzen der Verwaltung sehr wertgeschätzt und respektiert von der Politik.

In Köln werden die Vorlagen der Verwaltung erstmal zerpflückt von der Politik, in Düsseldorf werden sie durchgewunken. Was macht Düsseldorf besser als Köln?

Düsseldorf entscheidet schneller.

Ihr Stadtdirektor wird ja jetzt OB in Düsseldorf. Er hätte ja auch gerne für die CDU in Köln kandidiert...

Wenn Sie das sagen.

Sie wünschen ihm aber wahrscheinlich doch alles Gute.

Natürlich! Ich wünsche ihm vom Herzen alles Gute. Und ich glaube, dass er als OB in Düsseldorf auch genau richtig ist.

Wie könnte das Motto Ihrer zweiten Amtszeit lauten?

Mir ist es wichtig, dass Köln wirklich als Metropole anerkannt wird. Und dafür ist ja die Größe als Millionenstadt und die internationale Bekanntheit nur eine Voraussetzung. Eine Metropole verspricht ja noch viel mehr.

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Macht Ihnen die geringe Wahlbeteiligung bei der Stichwahl Sorgen?

Ja, das macht mir große Sorgen. Ich überlege natürlich, wie ich meine Begegnungen mit den Kölnerinnen und Kölnern intensivieren kann. Wir haben schon mal überlegt, ob wir die Bürgersprechstunden wieder aktivieren. Es muss da etwas geschehen, davon bin ich überzeugt. Das hat mich auch deshalb so enttäuscht, weil wir ja sehen: In Belarus sterben die Menschen dafür, freie Wahlen zu haben. Und hier gehen die Leute nicht wählen. Was sagen Sie jemandem, der Sie fragt: Wann ist die Corona-Krise endlich vorbei? Ich kann nur sagen: Wir werden damit noch lange zu tun haben. Bestimmt noch mindestens ein Dreivierteljahr bis ein Jahr.

Und was wünschen Sie sich für den Karneval?

Vernünftige Jecken. Ich hoffe nicht, dass sich das ausschließt.

Was sollen die Kölner im Jahr 2025 über Henriette Reker sagen?

Ich hätte gerne, dass mein Name wieder ein Modename wird. Ich habe gerade ein Baby kennengelernt, das heißt Henriette. Das fand ich lustig (lacht). Nein, jetzt im Ernst: Die Kölner sollen merken, dass ihre Stadt gut aufgestellt ist. Und sie sollen das schon auch auf mich zurückführen. Also wenn man merkt, dass ich hier gewirkt habe, wenn meine Handschrift erkennbar ist – das würde mich freuen.

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