Wahlen in KölnGrüne erobern Rathäuser und wollen Bezirksbürgermeister stellen

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Gespräch der alten Bezirksbürgermeister zur Stärkung der Bezirke im Ehrenfelder Bezirksrathaus. Mike Homann (vl.). Josef Wirges, Helga Blömer-Frerker und Andreas Hupke

  • Bei der Kommunalwahl am 13. September holten die Grünen in vielen Bezirken Mehrheiten der Mandate. In sechs von neun Bezirken könnten sie nun den Bürgermeister stellen.
  • In Mülheim haben sich dagegen SPD, CDU und FDP auf ein Bündnis verständigt. Ein Überblick über die Verhandlungen in den anderen Bezirken.

Köln – Die Mülheimer Bezirksvertreter von SPD, CDU und FDP hatten es scheinbar besonders eilig: Vor allen anderen verabredeten sie ein Bündnis. Die Grünen, die bei der Kommunalwahl die SPD überholt hatten, sind hier nur Zuschauer. So spottet mancher über die „Koalition der Verlierer“; andere staunen darüber, wie wichtig einmal mehr Partei- und Machtpolitik in einer Interessenvertretung eines Stadtbezirks zu sein scheint.

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Nach der Kommunalwahl ist einiges in Bewegung. Die Grünen könnten in sechs von neun Stadtbezirken den Bezirksbürgermeister stellen. Eigentlich hatten sie auch Mülheim auf dem Zettel, doch dort bleibt nun aller Voraussicht der dienstälteste Bezirksbürgermeister Norbert Fuchs (SPD) im Amt.

Wechsel in Porz absehbar

In Porz steht dagegen ein Wechsel an, obwohl CDU-Bürgermeister Henk van Benthem mit Nachdruck dafür wirbt, dass die stärkste Partei automatisch den Bürgermeisterjob bekommen sollte. Die SPD hält dagegen, und auch die Grünen – hier nur drittstärkste Kraft – melden Ansprüche an. „Bezirksbürgermeister wird der, der die meisten grünen Ziele durchsetzt“, sagt der grüne Fraktionschef Dieter Redlin selbstbewusst. Und das sei erst einmal er selbst. Van Benthem wollen die Grünen in keinem Fall wählen. Der Hauptgrund: „Seine Sturheit nach dem Vorwurf der Wahlannahme mit rechten Stimmen vor sechs Jahren.“ Das Aus der Kooperation zwischen CDU, Grünen und FDP? „Nein“, sagt Redlin, „aber wenn die CDU keinen anderen Erfahrenen als van Benthem hat, können sie mich wählen oder wir müssen mit anderen reden.“ Dass CDU und SPD kooperieren, ist unwahrscheinlich.

Ende einer Ära in Lindenthal

Im Stadtbezirk Lindenthal haben die Grünen die CDU von ihrer Spitzenposition verdrängt. Die bisherige Amtsinhaberin Helga Blömer-Frerker wird ihr Amt abgeben. Sie akzeptiert das Vorschlagsrecht der Grünen. Wer deren Kandidat sein wird, steht laut dem bisherigen stellvertretende Bezirksbürgermeister Roland Schüler noch nicht fest. Unerwartete politischen Manöver soll es aber nicht geben. „Die CDU wird als zweitstärkste Kraft den Stellvertreter oder die Stellvertreterin stellen“, so Schüler. Eine Koalition gäbe es aber nicht. „Wir arbeiten mit allen zusammen, wenn wir Mehrheiten suchen.“

Unklare Lage in Ehrenfeld

Auch in Ehrenfeld sind die Grünen stärkste Fraktion geworden, doch am erklärten Ziel, den Bezirksbürgermeister stellen zu können, sind sie noch nicht angelangt. „Wir haben mit allen Parteien außer der AfD Gespräche geführt“, sagt Spitzenkandidat Volker Spelthann. Vereinbarungen gebe es aber noch nicht. Die Fraktionsvorsitzenden von SPD, CDU und Linken bestätigten dies. Man wolle verhindern, dass die Stimme der AfD-Einzelvertreterin das Zünglein an der Waage bilden könnte.

Grüne in Rodenkirchen vorne

Die Verhandlungskommissionen tagen noch, aber die besten Chancen, Bezirksbürgermeister zu werden, hat Manfred Giesen von den Grünen. Er hält sich selbst noch bedeckt. „Es ist Sache von 19 Mandatsträgern und -trägerinnen, den Bezirksbürgermeister oder die Bezirksbürgermeisterin zu wählen.“ Seine Fraktion hat mit der CDU und der SPD gesprochen und werde bald entscheiden, mit wem man in die zweite Gesprächsrunde geht. Eine Mehrheit wäre den Grünen mit einer der beiden Fraktionen sicher. „Ich habe auch mit der FDP geredet“, weist Giesen auf einen weiteren möglichen Partner hin.

Machtwechsel in Nippes

Im Stadtbezirk Nippes hat die SPD seit der Gründung der Bezirke 1975 immer den Bürgermeister – früher hieß er Bezirksvorsteher - gestellt. Zuletzt arbeiten die Sozialdemokraten im Bündnis mit der CDU. Das ist nun vorbei. Die „große Koalition“ ist zu klein. So bahnt sich ein grün geführtes Bündnis an. „Wir sind bereit, mit allen demokratischen Parteien zusammenzuarbeiten. Ob es ein formelles oder informelles Bündnis wird, muss sich zeigen“, so die grüne Fraktionschefin Diana Siebert. Programmatisch stimme man stark mit der Wählergruppe Gut, den Klima-Freunden und den Linken überein. Lassen die sich auf ein Bündnis ein, sind SPD und CDU nur noch Zuschauer. Auf jeden Fall beanspruche man das Amt des Bezirksbürgermeisters, so die Grünen.

SPD will Chefposten in Kalk

Mit wechselnden Mehrheiten und ohne ein festes Bündnis zu arbeiten, kann sich auch die Kalker Bezirksbürgermeisterin Claudia Greven-Thürmer vorstellen. Doch dafür muss die SPD-Politikerin erst einmal wiedergewählt werden. Die Kalker Parteien hatten sich geeinigt, die OB-Stichwahl abzuwarten. Nun soll verhandelt werden. Eine mehrheitsfähige Zusammenarbeit könnte sich ergeben zwischen SPD und Grünen oder auch wie in Mülheim zwischen SPD, CDU und FDP. Sie sehe sich aber eher als „Angebot“ für eine breite Mehrheit, so Bürgermeisterin Greven-Thürmer. Sie lässt keine Zweifel daran, weiter machen zu wollen. 

Schwarz-grün in Chorweiler

Im Bezirk Chorweiler haben sich die politischen Gewichtungen nur minimal verschoben: Die CDU bleibt stärkste Kraft, die SPD – wenn auch geschwächt – auf Platz zwei. Die Bezirksvertretung in Chorweiler ist die einzige in der Stadt, in der die AfD zwei Sitze und somit Fraktionsstatus bekam. Das gibt den übrigen Parteien für ihre Gespräche ein gemeinsames Ziel: „Den Rechten so wenig Raum wie möglich zu geben“, so Wolfgang Kleinjans, Fraktionschef der Grünen. Grüne und CDU sind sich einig, die schwarz-grüne Zusammenarbeit fortzusetzen.

Innenstadt-Grüne stark wie nie

Auch in der Innenstadt wird sich wenig ändern: Hier waren die Grünen bereits in den vergangenen Jahren nicht auf SPD oder CDU angewiesen. Nun sind sie noch stärker geworden. Sie müssen mit niemandem paktieren, weil sie ziemlich sicher sein können, dass sie für jedes Anliegen eine Mehrheit finden werden. Bezirksbürgermeister Andreas Hupke warnt trotzdem vor Übermut: „Je größer man wird, desto mehr Demut ist angebracht.“ Auch wenn man später mit wechselnden – oder wie Hupke sagt „offenen“ – Mehrheiten arbeiten werde, wolle man doch für die Wahl des Bürgermeisters und seiner Stellvertreter ein „möglichst einstimmiges“ Ergebnis. Die Gespräche mit den anderen Parteien seien terminiert. (mit rah, se, roes, bs, droe, rde, NR, aef)

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