Kretschmann, StampDiese Politiker sind für eine allgemeine Impfpflicht

Lesezeit 4 Minuten
Wilfried Kretschmann 231121

Winfried Kretschmann

Unionsfraktionsvize Thorsten Frei (CDU) hat die Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP zu einer Positionierung in der Debatte über eine allgemeine Impfpflicht aufgerufen. Die Diskussion über das Thema habe seit einigen Tagen enorm an Fahrt aufgenommen, sagte Frei am Dienstag in der Sendung „Frühstart“ von RTL und ntv. „Deswegen werden sich auch die zukünftigen Regierungspartner dazu verhalten müssen.“ Er habe bislang den Eindruck, dass die drei Parteien sehr unterschiedliche Positionen hätten.

Kretschmann und Söder für Impfpflicht

In den vergangenen Tagen hatten sich immer mehr Politiker unterschiedlicher Parteien für eine Impfpflicht ausgesprochen, um die Corona-Lage in den Griff zu bekommen, so auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Er wies Bedenken bezüglich der Durchsetzung zurück. Es müsse „niemand Angst haben, dass er von der Polizei zum Impfen geschleppt wird oder dass er im Gefängnis landet“, sagte er im ARD-„Morgenmagazin“. „Darum geht es natürlich nicht.“ Die Pandemie plage die Gesellschaft aber nun schon „am Ende des zweiten Jahres“, sagte der Grünen-Politiker. „Es sind zu wenig Menschen geimpft und wir kommen einfach nicht darum, wenn wir aus diesem Schlamassel rauskommen wollen, dass sich Menschen impfen lassen müssen.“

Kretschmann hatte sich bereits in einem gemeinsamen Gastbeitrag mit dem bayerischen Regierungschef Markus Söder (CSU) in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) für eine allgemeine Impfpflicht ausgesprochen. Eine solche Impfpflicht sei zwar ein Eingriff in die Freiheitsrechte der Bürger, sagte Kretschmann im „Morgenmagazin“. Eine zu niedrige Impfquote führe auf der anderen Seite aber dazu, „dass wir schwer in die Freiheitsrechte anderer eingreifen müssen“, sagte der Grünen-Politiker unter Verweis auf die Corona-Beschränkungen. „Aber schlimmer noch: Uns laufen ja die Intensivstationen voll, das heißt, es gefährdet zum Schluss die Gesundheit von Menschen und irgendwann ist unser Gesundheitssystem überlastet.“

FDP-Politiker Stamp äußert sich bei „Hart aber fair“

Der nordrhein-westfälische FDP-Chef und Familienminister Joachim Stamp zeigte sich als einer der ersten liberalen Spitzenpolitiker offen für eine allgemeine Impfpflicht in Deutschland. „Ich persönlich kann es mir vorstellen, ja“, sagte Stamp nach mehreren Nachfragen von Moderator Frank Plasberg in der ARD-Sendung „Hart aber fair“ am Montagabend. Stamp sagte, dass ein Verfassungsrechtler ihn am Wochenende überzeugt habe: „Es ist ja auch ein lernender Prozess von uns allen.“

Die FDP hatte zuletzt bei einer möglichen Corona-Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen Einlenken signalisiert. Eine allgemeine Impflicht wird von der Partei bisher nicht mitgetragen. So hatte die FDP-Gesundheitspolitikerin Christine Aschenberg-Dugnus kürzlich der „Bild“-Zeitung gesagt: „Die allgemeine Impfpflicht als Drohkulisse in den Raum zu stellen, hilft niemandem.“ Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Michael Theurer sagte im TV-Sender Bild am Sonntag zu einer allgemeinen Impfpflicht: „Wir halten sie für verfassungswidrig.“ 

Bouffier und Weil schließen Impfpflicht nicht aus

Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) zeigt sich offen für eine allgemeine Impfpflicht. Er glaube, dies werde man womöglich nicht umgehen können, um aus der „Dauerschleife“ immer neuer Corona-Wellen herauszukommen. Das sagte ein Regierungssprecher am Montag der Deutschen Presse-Agentur in Wiesbaden. Bouffier forderte die künftige Bundesregierung außerdem auf, den Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz für eine Impfpflicht in bestimmten Einrichtungen bald umzusetzen. 

Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sieht eine allgemeine Impfpflicht nur als letztes Mittel, wenn andere Maßnahmen nicht ausreichen. „Unter bestimmten Bedingungen kommt eine Impfpflicht in Betracht. Sie ist allerdings kein Patentrezept, das kurzfristige Erfolge verspricht“, sagte Weil nach Angaben seiner Staatskanzlei in Hannover vom Dienstag.

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) zeigte sich bei dem Thema offen. „Eine Impfpflicht muss bundesgesetzlich geregelt werden. Wenn die zukünftige Bundesregierung eine entsprechende Novelle vorlegt, dann werde ich das unterstützen“, sagte Haseloff. 

Gesundheitsminister Spahn lehnt Impfpflicht ab

Der geschäftsführende Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) lehnt eine allgemeine Impfpflicht weiterhin ab. „Sie löst unser akutes Problem nicht“, sagte er im Deutschlandfunk mi Blick auf die vierte Corona-Welle. Es gebe aus seiner Sicht zwar „eine moralische Verpflichtung, eine gesellschaftliche Verpflichtung, sich impfen zu lassen“, sagte Spahn. Bei einer allgemeinen Impfpflicht stelle sich aber die Frage, „was das eigentlich bedeutet für die Freiheit des Bürgers in diesem Staat“.

Zudem sei unklar, wie eine solche Regelung durchgesetzt werden solle. „Jedes Mal, wenn man eine Kontrolle macht, gibt es dann ein Bußgeld von wieviel hundert Euro? Dann haben die, die mehr Geld haben, es besser als die, die weniger Geld haben“, sagte Spahn. „Oder geht es dann ins Gefängnis für die, die kein Geld haben?“

CDU-Vorsitzkandidat Friedrich Merz hält eine Impfpflicht für nicht durchsetzbar. „Die allgemeine Impfpflicht würde jetzt Wochen oder Monate dauern, bis sie wirkt“, sagte Merz am Dienstag im ARD-Morgenmagazin. Er sei zudem skeptisch, ob eine Impfpflicht verfassungsrechtlich unbedenklich sei. Auch die Durchsetzung bei Menschen, die sich „konsequent weigern“, halte er für schwierig, sagte Merz weiter. Stattdessen schlug Merz eine konsequente Anwendung der 2G-Regel in ganz Deutschland vor. (afp, dpa, red)

KStA abonnieren