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Krise in HaitiSenator schießt vor Parlament um sich

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Fethiere ap neu

Jean Marie Ralph Féthière schießt in die Luft.

Port-au-Prince – Mitten in einer Regierungskrise ist es in Haiti zu einem blutigen Zwischenfall vor dem Parlament gekommen. Ein Senator des Karibikstaates, Jean Marie Ralph Féthière, schoss Medienberichten zufolge am Montag vor dem Parlamentsgebäude in der Hauptstadt Port-au-Prince mit einer Handfeuerwaffe. Zwei Menschen erlitten Schussverletzungen, darunter ein Fotoreporter. Ob diese von Féthière getroffen wurden oder ob noch andere Menschen geschossen hatten, war zunächst unklar.

Bei den Opfern handelt es sich um einen Fotografen der US-Nachrichtenagentur AP sowie einen Sicherheitsbeamten des Senats. Féthière gab laut der US-Zeitung „Miami Herald“ an, von einer Gruppe Unbekannter angegriffen worden zu sein.

Staatspräsident Jovenel Moïse hatte Michel als Regierungschef nominiert

Der Politiker gehört der Regierungspartei PHTK an. Die Opposition blockierte am Montag zusammen mit Demonstranten zum wiederholten Mal eine Abstimmung im Senat zur Bestätigung des kommissarischen Premierministers Fritz William Michel.

Staatspräsident Jovenel Moïse hatte Michel als Regierungschef nominiert, nachdem dessen Vorgänger Jean Michel Lapin ebenfalls nicht vom Parlament bestätigt worden war. Michel ist bereits der vierte Premierminister unter Moïse, der erst seit Februar 2017 Staatschef ist. Gegen seine Regierung fanden am Montag in Haiti erneut Kundgebungen statt; Demonstranten errichteten Barrikaden aus brennenden Autoreifen.

Fotojournalist verletzt

Der verletzte Fotojournalist wollte laut Medien am Montag über die Bestätigung Michels berichten. Er wurde im Gesicht getroffen und in einem Krankenhaus in Port-au-Prince behandelt. Dort sollen Ärzte am Mittwoch eine Kugel aus seinem Kiefer entfernen. „Zum Glück soll es ihm gut gehen. Auch wenn es nicht so aussieht, als ob er das Ziel war, ist das eine Erinnerung daran, welcher Gefahr Journalisten weltweit jeden Tag ausgesetzt sind, während sie ihrer Arbeit nachgehen, sogar bei einem Routinetermin“, sagte AP-Sprecherin Lauren Easton. Auch der Sicherheitsbeamte wurde im Krankenhaus behandelt.

Im Februar waren bei Protesten gegen die Regierung Dutzende Menschen ums Leben gekommen. Auch im Juni kam es zu schweren Krawallen. Die Demonstranten fordern Moïses Rücktritt. Sie werfen der Regierung vor, Geld aus dem Petrocaribe-Programm veruntreut zu haben, über das Haiti jahrelang Erdöllieferungen aus Venezuela zu günstigen Konditionen erhalten hatte. Wegen Treibstoffmangels hatten Demonstranten vergangene Woche zeitweise Port-au-Prince lahmgelegt.

Haiti gilt als ärmstes Land der westlichen Hemisphäre

Haiti gilt als ärmstes Land der westlichen Hemisphäre. Der Staat mit etwa elf Millionen Einwohnern ist weitgehend von Hilfszahlungen aus dem Ausland abhängig. Neben der grassierenden Korruption ist auch Gewaltkriminalität ein großes Problem.

Haiti liegt im Westen der Insel Hispaniola; auf der Osthälfte befindet sich die Dominikanische Republik, die politisch und wirtschaftlich stabiler ist. 2010 hatte ein verheerendes Erdbeben in Haiti mehr als 220 000 Menschen das Leben gekostet. (dpa) 

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