Abo

Laschet verspricht WandelPandemie und Flut-Katastrophe überschatten NRW-Jubiläum

Lesezeit 4 Minuten
Laschet Rede NRW

Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hält seine Rede anlässlich des 75-jährigen Landes-Bestehens.

Düsseldorf – Das Wetter war den Gästen des Festakts zum 75jährigen Bestehen Nordrhein-Westfalens wohl gesonnen, die Abendsonne schien mild über der Rennbahn des Reitvereins von 1844 in Düsseldorf mit Blick ins saftige Grün des Bergischen Landes.

Bundeskanzlerin Angela Merkel war gekommen, um zum Geburtstag des bevölkerungsreichsten deutschen Bundeslandes zu gratulieren, das 1946 von den Briten im Zuge der „Operation Marriage“ ins Leben gerufen wurde – die Militärkapelle „Band of the Welsh Guards“ sorgte in Düsseldorf mit Märschen, im roten Wams und mit schwarzer Fellmütze für die historisch angemessene Begrüßung. Die Briten unterstützten nach dem Krieg übrigens Renntage am Ort der Feier, wusste Merkel zu berichten.

Staatsakt unter freiem Himmel

Landtag und Landesregierung hatten gemeinsam zu diesem Festakt geladen, der pandemiebedingt unter freiem Himmel standfand. Neben Merkel, Landtagspräsident André Kuper und Ministerpräsident Armin Laschet nahmen internationale Staatsgäste am Festakt teil und hielten Ansprachen: Für das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland Greg Hands, Staatsminister für Handelspolitik, sowie der Staatspräsident der Republik Ghana Nana Akufo-Addo. Nordrhein-Westfalen verbindet seit mehr als 20 Jahren eine Partnerschaft mit Ghana, die 2007 durch ein Abkommen auch offiziell begründet wurde.

Alles zum Thema Angela Merkel

Das WDR-Sinfonieorchester unter Kristian Macelaru mit Bizet leitete den Abend offiziell ein, der vom gebürtigen Bonner Johannes B. Kerner moderiert und von Landtagspräsident André Kuper erst einmal in Molltöne getaucht wurde – Flutkatastrophe und Corona heute; Flucht, Vertreibung und die Katastrophe des gerade überwundenen Nationalsozialismus damals.

Und dennoch sei der Geburtstag Nordrhein-Westfalens auch ein Symbol für Solidarität und Verbundenheit der Völker. Heine und Böll, Clara Schumann, Bap und Tote Hosen: „Unser Land ist viel mehr, als wir an einem solchen Tag auszudrücken vermögen“, so Kuper. Gerade deshalb sei das neue nordrhein-westfälische Haus der Geschichte so wichtig.

Kulturprogramm zeigt Ecken NRWs

Der Jazz-Trompeter und Fotograf Til Brönner, der gerade erst einen nachdenklichen Kanzlerkandidaten Armin Laschet porträtiert hat, spielte mit seiner Band, bevor ein Einspielfilm Diversität und Eintracht zwischen Westfalen und Sauerland, Rheinland und Siegerland beschwor. „Jeden Tag ne Currywurst und ne Flasche Pils, dann kannste leben, so lange du willst“, empfahl dabei ein Imbiss-Betreiber aus dem Ruhrgebiet. Das rang auch der feinen Feiergesellschaft Heiterkeit ab – die allerdings jäh endete mit aktuellen Bildern aus dem Flutgebiet.

„Ein Land, das den Zusammenhalt lebt“, so sah auch Laschet NRW, noch unter dem Eindruck der Naturkatastrophe. Und er dankte Merkel für die Zusammenarbeit bei der Aufbauhilfe, die eine gesamtdeutsche Leistung sei. Aber er dankte ihr auch für die Bewältigung anderer Krisen, die ihre Kanzlerschaft begleiteten und immer auch wie die Finanzkrise NRW trafen.

Armin Laschet über NRW-Geschichte

Auch Laschet rekapitulierte nordrhein-westfälische Geschichte als die eines Landes, welches das soziale Gewissen Deutschlands sein wollte, wie es der frühere Ministerpräsident Arnold formulierte. Damals gab es Bergleute, aber keine Studierenden, heute gibt es Studierende, aber keine Bergleute mehr – das Industrieland befindet sich im Wandel, das versprach Laschet auch im Blick auf die Klimakrise.

Und er gab ein weiteres Versprechen an diesem Düsseldorfer Abend, nämlich so viele Ortskräfte aus Afghanistan aufzunehmen wie möglich. Das sei sich NRW als Einwanderungsland und europäisches Land mit besonderer Beziehung zu den Niederlanden, Belgien und Frankreich schuldig.

Schumanns „Rheinische“, die heimliche Hymne Nordrhein-Westfalens, sowie der in Aachen geborene Geiger David Garret durften nicht fehlen, bevor Angela Merkel ihr Grußwort hielt. Sie arbeitete als junge Abgeordnete lange in Bonn, weshalb sie gerne kommt, doch auch bei Merkel mischte sich in die Freude die Beklommenheit angesichts der Flutkatastrophe.

Das könnte Sie auch interessieren:

NRW aber sei ein Leuchtturm des Zusammenhalts, womit man nicht habe rechnen können, als die Briten einst das Rheinland-Westfalen und auch Lippe vereinigten – zu einem als etwas künstlich wahrgenommenen Gebilde. Auch Merkel ging auf den Strukturwandel ein, dem die Klimakatastrophe einfordert.

Die ehemaligen Kohle- und Stahlregionen wie NRW, einst Heimat der Montanunion, müssten nach dem Wandel besser dastehen als zuvor, wofür das dichte Hochschulsystem große Hoffnung gebe. Zwischen Nordrhein und Westfalen herrschte der Verbindungsstrich an diesem Abend, nicht der Trennungsstrich. 

KStA abonnieren