Kommentar zu Erdogan-Besuch in KölnDie Moschee ist nun ein Symbol der Abschottung

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Die repräsentative Moschee eines von türkischen Einwanderern geprägten Verbandes galt immer auch als selbstbewusster Ausdruck des Willens, die Hinterhöfe zu verlassen. 

Die repräsentative Moschee eines von türkischen Einwanderern geprägten Verbandes galt immer auch als selbstbewusster Ausdruck des Willens, die Hinterhöfe zu verlassen. 

  • Im Nachhinein zeigt sich: Oberbürgermeisterin Henriette Reker hat mit ihrer Entscheidung, der Moschee-Eröffnung fernzubleiben, das einzig Richtige getan.
  • Die gespenstische Moschee-Zeremonie mit dem türkischen Staatsoberhaupt Erdogan ist eine vertane Chance und in ihrer Botschaft wohl einmalig: Die Stadt Köln, die das Projekt immer wohlwollend begleitet hatte, wird übergangen und brüskiert.

Köln – Die türkischen Fahnen sind wieder eingerollt. Der hohe Gast, nach Köln gebeamt wie Captain Kirk aus dem Raumschiff Enterprise, ist in seine Sphären zurückgekehrt. Was bleibt nach diesem bizarren Besuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan mit all seinen doppelten Botschaften, ist eine klare Erkenntnis: So kann es nicht weitergehen, nicht in Köln und nicht in der Bundespolitik.

Oberbürgermeisterin Henriette Reker hat mit ihrer Entscheidung, der Moschee-Eröffnung fernzubleiben, das einzig Richtige getan. Die gegen sie gerichteten Beschimpfungen auf der Kundgebung am Samstag durch einen Vertreter von Erdogans AK-Partei bestätigen dieses Urteil: Reker hat sich dem Plan verweigert, die erste Bürgerin Kölns als Komparsin in einem Schmierentheater vorzuführen.

Stadt Köln wird übergangen

Die gespenstische Moschee-Zeremonie ist eine vertane Chance und in ihrer Botschaft wohl einmalig: Da eröffnet das türkische Staatsoberhaupt in der Stadt eines anderen Staates eine von ihm finanzierte und gesteuerte religiöse Einrichtung. Die Stadt Köln, die das Projekt immer wohlwollend begleitet hatte, wird übergangen und brüskiert.

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Dass sich wichtige Akteure in Köln früh für den Bau der Moschee stark gemacht hatten, weil sie die hier lebenden Muslime als Teil der Gemeinschaft ansehen, spielte für die Ditib bei der Ausrichtung der Feier keine Rolle. Die aufnehmende Gesellschaft wurde einfach ausgegrenzt.

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Die religionspolitischen Funktionäre von Erdogans Gnaden haben aus der Moschee ein Symbol der Abschottung gemacht. Das ist traurig und mag sich hoffentlich auch irgendwann ändern. Viele Kölnerinnen und Kölner schätzen die moderne Architektur der Moschee. Städtebaulich und im urbanen Lebensgefühl der Kölner Bürger hat die Moschee ihren Platz.

Aber genauso muss sich an ihr ein Kurswechsel im Umgang mit der Ditib festmachen. Der einst bei der Integrationsarbeit geschätzte Verein ist kein seriöser Partner mehr. Im Gegenteil: Die Ditib hat einmal mehr gezeigt, das sie lediglich als Erdogans verlängerter Arm in die türkische Diaspora in Deutschland hineinwirkt.

Moschee-Beirat sollte sich auflösen

Als erste Konsequenz aus dem Affront sollte sich der Moschee-Beirat mit Vertretern der Kölner Politik und der Zivilgesellschaft auflösen – bevor die Ditib ihm zuvorkommt. Es braucht ein neues Gremium, in das die Integrationswilligen ihre Kräfte stecken. Dass es diese außerhalb der Ditib nicht gibt, stimmt nicht. Die in den vergangenen Jahren viel beachtete „Interessengemeinschaft Keupstraße“ etwa zeigt, dass es auch ohne die religiöse Verbrämung durch die Ditib als „Islamverband“ geht.

Auch auf Bundesebene muss mehr dafür getan werden, dass die Religion der hier lebenden Migranten nicht für eine integrationshemmende doppelte Agenda à la Erdogan missbraucht wird. Alle politischen, finanziellen und institutionellen Hilfen für die Ditib gehören auf den Prüfstand. Wer nach der Kölner Moschee-Eröffnung nicht innehält und lieber auf den bewährten Wegen weiter voranstolpern will, schadet der Integration und dem Verhältnis von Deutschtürken und Herkunftsdeutschen. Jetzt braucht es Ehrlichkeit, Realismus und eine neue Form des Dialogs jenseits der Ditib.

Zum Zeitpunkt ihrer Planung sollte die Moschee ein Vorzeigeprojekt für den interreligiösen Dialog sein, eine offene Begegnungsstätte für Muslime und Christen. Sie ist jetzt mehr denn je das Symbol einer unerledigten Integration. Die Aufgabe bleibt.

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