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Machtpoker bei den GrünenWer wird Spitzenkandidat 2022?

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Grüne

Wer wird der Spitzenkandidat der Grünen?

  • Die Diskussionen über den Klimaschutz und den Kohleausstieg haben den Grünen einen Höhenflug beschert.
  • Heute hat die Partei 8000 Mitglieder mehr als noch vor drei Jahren.
  • Doch wer wird der Spitzenkandidat 2022? Ein Blick auf mögliche Kandidatinnen und Kandidaten.

Düsseldorf – Der Parteitag steht im Zeichen der Kommunalwahl. Am 15. August kommen 284 Delegierte der Grünen aus NRW in den Dortmunder Westfalenhallen zusammen, um sich auf den Endspurt des Wahlkampfs einzustimmen. Gleichzeitig werden die beiden Landesvorsitzenden Mona Neubaur und Felix Banaszak neu gewählt. Beide lassen bislang offen, ob sie ihre Zukunft in Berlin oder Düsseldorf sehen. Eine Entscheidung, die für die Aufstellung der Grünen bei der nächsten Landtagswahl von zentraler Bedeutung ist.

Nach dem Desaster bei der Landtagswahl 2017 hat die Diskussion über den Klimaschutz und der Kohleausstieg den Grünen einen Höhenflug beschert. Derzeit hat die Partei 20.645 Mitglieder, das sind fast 8000 mehr als vor drei Jahren. Wer auf dem Parteitag gute Ergebnisse erzielt, empfiehlt sich damit auch für künftige Spitzenämter. Vor der Corona-Krise träumten manche Grüne schon davon, bei der Landtagswahl 2022 stärkste Kraft werden zu können. Dann würde die Partei den Ministerpräsidenten stellen – eine hohe Messlatte für potenzielle Spitzenkandidaten.

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Nach derzeitigem Stand kämen sowohl die beiden Parteivorsitzenden als auch die Spitzen der Landtagsfraktion, Monika Düker und Arndt Klocke, als Herausforderer der Landesregierung in Frage. Eine einvernehmliche Lösung innerhalb des Quartetts ist nicht in Sicht. In der Teamarbeit zwischen Partei und Fraktion knirscht es. Es gibt Reibereien darüber, wer wem wann die Show gestohlen hat. Die Stimmung ist frostig. Jeder ist bemüht, sich mit Blick auf seine Rolle im Jahr 2022 nicht in die Karten gucken zu lassen.

Alles zum Thema Mona Neubaur

Felix Banaszak ist seit 2017 Landesvorsitzender. Er hat nach der Wahlniederlage die Aufgabe übernommen, die Partei zu erneuern. Im verminten Bildungssektor gelang es dem Duisburger, einen Neustart zu inszenieren. Seine Leidenschaft ist die Menschenrechts-, Sozial- und Flüchtlingspolitik. Für diese Themen bietet die Bundespolitik die bessere Bühne als der Landtag. 2017 war Banaszak noch bei der Listenaufstellung für den Bundestag durchgefallen. Der Landeschef lässt seine Pläne vorerst offen. „Wir ziehen unsere Stärke daraus, dass wir uns nicht ständig mit uns selbst beschäftigen“, sagt Banaszak dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Personalfragen würden „rechtzeitig vor der Wahl“ 2022 geklärt.

Die Bezirke der Grünen geben allerdings schon im Herbst ihre Voten für die Aufstellung der Bundestagskandidaten ab. Die Delegierten dürfte interessieren, welchen Weg die Vorsitzenden einschlagen wollen. Denn auch Mona Neubaur werden bundespolitische Ambitionen nachgesagt.

Kampfkandidatur möglich

Die gebürtige Schwäbin hatte sich bereits 2009 und 2013 um ein Mandat in Berlin beworben. Neubaur ist seit 2014 Landesvorsitzende der NRW-Grünen. Bei einem Wechsel müsste sie im Bundestag wohl oder übel als Hinterbänklerin anfangen. Im Konflikt um den Hambacher Forst war sie das Gesicht der Grünen. Die Düsseldorferin war enorm präsent und distanzierte sich von kriminellen Aktivisten. „Indem ich jetzt kandidiere, mache ich klar, dass ich meinen Beitrag zum programmatischen und strategischen Gelingen des Landtagswahlkampfs leisten will“, sagt Neubaur.

Wenn langjährige Erfahrung das einzige Kriterium wäre, auf das es bei einer Spitzenkandidatur ankommen würde, müsste Fraktionschefin Monika Düker die Nummer eins werden. Die Düsseldorferin macht seit 2000 im Landtag für die Grünen Politik, ist thematisch sehr breit aufgestellt und könnte Ministerin für Inneres, Finanzen, Integration oder Kommunales werden. Politische Showauftritte liegen ihr allerdings nicht. Die Ostwestfälin ziert sich aber, den Hut in den Ring zu werfen, und hält sich alle Optionen offen. „Unser Ziel ist es, bei der nächsten Landtagswahl in zwei Jahren wieder in Regierungsverantwortung zu kommen“, erklärt Düker. Jetzt sei „nicht die Zeit, personelle Entscheidungen für die Landtagswahl zu treffen“. Sollten sich Düker und Neubaur nicht einigen, dürfte es zu einer Kampfkandidatur zwischen den Frauen kommen.

Selbstbewusste Ansage

Der Co-Fraktionsvorsitzende Arndt Klocke ist wie Düker schon seit vielen Jahren im landespolitischen Geschäft unterwegs. Bereits 2010 nahm er an Koalitionsverhandlungen der Grünen mit SPD, FDP und Linken teil. Er war Parteivorsitzender und ist jetzt der verkehrspolitische Sprecher der Fraktion. Mit den Grünen sei „bei den anstehenden Wahlentscheidungen zu rechnen“, sagt der Politiker aus Köln selbstbewusst. Ziel müsse es sein, NRW „wieder aus Regierungsverantwortung grün mitzugestalten“. Sollte sich Banaszak für einen Wechsel in den Bundestag entscheiden, gilt eine Spitzenkandidatur von Klocke als gesetzt.

Von einem Bekanntheitsgrad, wie ihn einst Bärbel Höhn als NRW-Umweltministerin erreicht hatte, sind alle vier genannten Kandidaten noch weit entfernt. Prominenteste Politikerin der Grünen aus dem Landesverband ist derzeit Britta Hasselmann, die Parlamentarische Geschäftsführerin der Bundestagsfraktion. Die Bielefelderin schließt eine Rückkehr nach Düsseldorf allerdings aus.

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