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Nach ÜberfällenWo verstecken sich die drei Ex-RAF-Terroristen?

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pic raf trio

Die undatierten Handouts des BKA (Bundeskriminalamtes) zeigen die gesuchten Ex-RAF-Terroristen Burkhard Garweg (l-r), Ernst-Volker Wilhelm Staub und Daniela Klette.

Berlin – Dem Vorsitzenden des Bundes Deutscher Kriminalbeamter platzte kürzlich der Kragen. André Schulz warf der Polizei in Niedersachsen Fahndungspannen vor und mahnte eine Zentralisierung der Ermittlungen an. Das niedersächsische Landeskriminalamt (LKA) wies die Kritik zurück. Die Zentralisierung gebe es längst, hieß es, nämlich im eigenen Haus. Tatsächlich existiert dort seit Juli 2015 eine entsprechende „Besondere Aufbau-Organisation“.

Gegenstand des Streits waren die drei ehemaligen Terroristen der Roten Armee Fraktion (RAF): Daniela Klette, 57, Ernst-Volker Staub, 61, und Burkhard Garweg, 47. Sie sind seit über 25 Jahren auf der Flucht und begehen munter Raubüberfälle, um in der Illegalität ihren Lebensunterhalt zu sichern. Die Fragen, die sich nun stellen, lauten: Gibt es wirklich Fahndungspannen? Und: Wo sind die Verdächtigen?

Acht Überfälle seit 2011

Das Trio, das zur dritten und letzten RAF-Generation zählt, soll allein seit 2011 in Norddeutschland acht Überfälle verübt haben. Der mutmaßlich letzte ereignete sich in Cremlingen bei Braunschweig – und hätte unter Umständen verhindert werden können. Denn Ende Mai und Anfang Juni hatte sich bei der Polizei ein Zeuge gemeldet. Er gab an, Staub wieder erkannt und beobachtet zu haben, wie dieser den Parkplatz des dortigen Gewerbegebietes ausspähte. Daraufhin nahmen Zivilfahnder das Areal tagelang in Augenschein, ohne etwas Verdächtiges zu entdecken – und zogen wieder ab. Trotzdem geschah am selben Ort bald darauf der Überfall auf den Geldtransporter und ein Dänisches Bettenlager. Die Beute: rund 400 000 Euro. Erst danach meldeten sich bei der Polizei weitere Zeugen, die erklärten, so wie der erste Zeuge verdächtige Personen entdeckt zu haben, vor der Tat. Zu allem Überfluss war zwar während des Überfalls – angeblich zufällig –  ein Polizeibeamter am Tatort, privat und zum Einkaufen. Er nahm die Verfolgung des Trios auf, musste die Verfolgung aber abbrechen, da er ein Kind bei sich hatte. Die niedersächsische Polizei sieht nicht besonders gut aus – zumal ja bekannt ist, um wen es sich bei den Verdächtigen handelt. Dies unterscheidet das RAF-Trio vom Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) aus Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos, der sich auch mit Raubüberfällen über Wasser hielt. Laut „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ soll die Spurensicherung zudem nach der Tat von Cremlingen zunächst unterbrochen und erst 36 Stunden später wieder aufgenommen worden sein. Was den Aufenthaltsort angeht, so wird neuerdings auch Sachsen-Anhalt in Betracht gezogen. Denn Cremlingen liegt nur 30 Kilometer von der Landesgrenze entfernt. Frank Federau vom Landeskriminalamt Niedersachsen sagte jetzt im MDR: „Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich diese drei Personen Richtung Ostdeutschland abgesetzt und dort Unterschlupf gefunden haben.“ Aus dem Innenministerium in Magdeburg verlautet: „Die Ermittlungsbehörden tauschen sich da aus. Und wir sind mit dabei.“ Experten weisen jedoch darauf hin, dass es sich hier um Spekulationen handele. Anfangs sei von Norddeutschland die Rede gewesen, dann von einem Bauernhof bei Bremen, schließlich von den Niederlanden und nun von Sachsen-Anhalt.

Ohnehin sei es ermittlungstaktisch kontraproduktiv, genauere Informationen „groß rauszublasen“, so ein Insider. „Wenn es wirklich eine Spur gibt, dann sollte man auch abwarten, bis sie gefasst sind.“  Immerhin hätte der Fluchtpunkt Ostdeutschland für die Rote Armee Fraktion  Tradition. Anfang der 90er Jahre wurden in der untergehenden DDR zehn ihrer Mitglieder verhaftet. Sie hatten beim „kleinen Bruder“ (RAF-Jargon) Unterschlupf gefunden und lebten dort unter falschen Namen – die prominente Inge Viett zum Beispiel in Magdeburg. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) zeigte sich unlängst optimistisch, dass Klette, Staub und Garweg demnächst gefasst werden könnten. Denn das Netz der Fahnder ziehe sich allmählich zu. Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, äußerte sich ähnlich. Er sagte dieser Zeitung: „Eines Tages kriegen wir sie.“

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