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Nizza-AttentatErmittler nehmen Verdächtige fest – Macron stellt Pläne vor

Lesezeit 4 Minuten
Nizza Attentat

Menschen zünden Kerzen auf der Straße vor der Kirche Notre Dame für die Opfer einer Messerattacke an. Bei der Messerattacke hat es mindestens drei Tote und mehrere Verletzte gegeben.

Nizza/Paris – Nach dem als Terrorismus eingeschätzten tödlichen Messerangriff in Nizza sind zwei weitere Verdächtige festgenommen worden. Wie die französische Nachrichtenagentur AFP am Samstag unter Bezug auf Justizkreise berichtete, befinden sich seit Freitag zwei Männer im Alter von 35 und 33 Jahren in Polizeigewahrsam. Der ältere der beiden soll mit dem mutmaßlichen Täter am Tag vor dem Anschlag direkten Kontakt gehabt haben. Der andere Verdächtige hielt sich während der Festnahme im Haus des 35-Jährigen auf.

Bei der Attacke in der Kirche Notre-Dame in Nizza wurden am Donnerstag drei Menschen von einem aus Tunesien stammenden Angreifer getötet. Der 21-Jährige war im September mit anderen Migranten über die italienische Insel Lampedusa in die EU eingereist. Der mutmaßliche Täter wurde von der Polizei schwer verletzt und befindet sich nun in einem Krankenhaus. Er soll erst kurz vor dem Anschlag in Nizza aufgetaucht sein. Zunächst konnte er nicht vernommen werden.

Bereits am Donnerstag wurde ein 47-Jähriger gestellt und dann in Gewahrsam genommen. Er soll am Vorabend der Tat ebenfalls Kontakt mit dem Angreifer gehabt haben. Frankreich hat nach dem Angriff die höchste Terrorwarnstufe ausgerufen. Der Schutz von Schulen oder Gotteshäusern wurde verstärkt. Auch Tunesiens Behörden ermitteln gegen den Tatverdächtigen. Ein Justizsprecher sagte, gemäß tunesischem Recht werde jeder Tunesier strafrechtlich verfolgt, der in Terrorakte verstrickt sei, egal ob im Inland oder Ausland. Zudem soll ermittelt werden, ob der mutmaßliche Täter in Tunesien möglicherweise Komplizen hatte.

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Terror trifft Frankreich

Frankreich wird seit einigen Wochen wieder schwer von Terrorismus getroffen. Im Land wurde die höchste Terrorwarnstufe ausgerufen. Erst Mitte des Monats hatte die brutale Ermordung des Lehrers Samuel Paty im ganzen Land riesiges Entsetzen ausgelöst. Das Motiv des 18-jährigen Angreifers war den Ermittlern zufolge, dass Paty in einer Unterrichtsstunde zum Thema Meinungsfreiheit Karikaturen des Propheten Mohammed gezeigt hatte. Patys Leiche war enthauptet aufgefunden worden. Schon nach diesem mutmaßlich terroristischen Anschlag hatten Macron und die Mitte-Regierung ein hartes Durchgreifen gegen den radikalen Islamismus angekündigt.

Der neue Angriff ereignete sich am Donnerstag gegen 9.00 Uhr in der Kirche Notre-Dame im Zentrum von Nizza. Der mutmaßliche Attentäter habe „Allahu akbar“ („Gott ist groß“ auf Arabisch) gerufen. Einer 60-jährigen Frau sei die Kehle durchgeschnitten worden, Ricard sprach von einer Art Enthauptung. Auch der getötete 55-jährige Küster wurde schwer am Hals verletzt. Ein drittes, schwer verletztes Opfer sei noch geflüchtet. Die 44-Jährige sei dann außerhalb der Kirche ihren Verletzungen erlegen.

Der Angreifer habe ein Dokument des Italienischen Roten Kreuzes bei sich getragen, das auf einen 1999 geborenen tunesischen Staatsbürger ausgestellt gewesen sei. Er sei im September über die italienische Insel Lampedusa eingereist, sagte Ricard weiter. Am 9. Oktober sei er dann im süditalienischen Bari gewesen.

Weltweite Anteilnahme nach Messerattacke in Nizza

Italiens Behörden waren nach eigenen Angaben von Tunesien nicht vor dem Gewalttäter gewarnt worden. Aus dem Innenministerium in Rom verlautete, dass der Angreifer als ein 21-jähriger Tunesier identifiziert worden sei. Der Mann sei illegal auf Lampedusa angekommen. Nach italienischen Agenturberichten war er mit anderen Bootsmigranten dort an Land gegangen und im Oktober nach Bari gebracht worden. Dort soll er abgetaucht sein.

Aus Quellen im Innenministerium in Rom hieß es nur, dem Tunesier sei am 9. Oktober ein Ablehnungsdekret für einen Verbleib geschickt worden. Er sei aufgefordert worden, Italien innerhalb von sieben Tagen zu verlassen.

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Die mörderische Attacke löste weltweit Anteilnahme aus. Die Spitzen der EU-Institutionen sicherten Frankreich ihre Solidarität zu. Ganz Europa sei solidarisch mit dem Land, schrieb EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen auf Twitter. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier verurteilte die Tat als einen „Akt abscheulicher Gewalt“ und betonte: „Der Gewalt und den islamistischen Motiven, die offenbar hinter ihr stehen, müssen wir mit aller Entschiedenheit entgegentreten.“

Trump und Putin unterstützen Frankreich

Auch Russlands Präsident Wladimir Putin brachte sein „tiefes Mitgefühl“ zum Ausdruck. Papst Franziskus bekundete seine Nähe und sein Mitgefühl mit den Trauernden. UN-Generalsekretär António Guterres nannte die Attacke „abscheulich“. US-Präsident Trump schrieb auf Twitter, die USA stünden Frankreich „in diesem Kampf“ zur Seite. In Avignon hatte die Polizei am Donnerstag einen Mann getötet, der Passanten mit einer Waffe bedroht haben soll. Es gab Polizeikreisen zufolge allerdings vorerst keine Hinweise auf einen Terrorhintergrund. 

Die französische Nachrichtenagentur AFP berichtete, der Mann habe psychische Probleme gehabt und laut Staatsanwaltschaft wirre Äußerungen gemacht. Die Agentur zitierte Ermittlerkreise, dass der Mann „eine blaue Jacke in der Farbe von Génération Identitaire“ getragen habe, einer rechtsextremen Gruppe. Die Staatsanwaltschaft erklärte dem Bericht zufolge, dass sie eine Zugehörigkeit des Mannes „zu einer rechtsextremen Bewegung“ weder bestätigen noch dementieren könne. Eine Sprecherin von Génération Identitaire schrieb AFP zufolge auf Twitter, dass der Mann nie bei der Gruppe aktiv gewesen sei, „niemand kennt ihn“. (dpa)

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