Die Zahl der Totgeburten hat einen Höchststand erreicht. Betroffene Eltern fühlen sich im Stich gelassen. Die FDP hat jetzt eine Expertenanhörung zu dem sensiblen Thema beantragt.
Zahl der Totgeburten steigtWie kann man Eltern von „Sternenkindern" besser helfen?

Das Grab eines „Sternenkindes“
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Kinder, die vor oder während der Geburt sterben, werden als „Sternenkinder“ bezeichnet. Die Eltern quälen sich oft mit Schuldgefühlen und sehen sich mit der Situation im Stich gelassen. Die FDP im Düsseldorfer Landtag fordert, dass die Trauenden jetzt besser unterstützt werden. „Die Betreuung in den Krankenhäusern muss dringend verbessert werden. Es darf keine Frage des Zufalls sein, ob Krankenhäuser über Personal verfügen, das für solche Fälle geschult ist“, sagt Susanne Schneider, gesundheitspolitische Sprecherin der Liberalen.
Jeder Mensch wisse, wie schlimm der Verlust eines geliebten Menschen sei, sagte Schneider. „Eltern von Fehl- und Totgeburten empfinden dies in besonderer Weise. Für viele Eltern ist eine Fehl- oder Totgeburt ein traumatisches Erlebnis mit oftmals langanhaltenden Folgen“, so die FDP-Politikerin. Nicht selten erlebten Betroffene nach einer Fehl- oder Totgeburt schwere depressive Episoden, schwere Angststörungen oder posttraumatische Belastungsstörungen.
Thema Sternenkinder wird oft tabuisiert
Alles zum Thema Karl-Josef Laumann
Schneider berichtet von einem Fall, der deutlich macht, dass es oft an Unterstützungsangeboten fehlt. Ein betroffener Vater wollte, nachdem seine Frau in der 38. Woche das Kind tot auf die Welt gebracht hatte, einen Reha-Platz für sie beantragen, erzählt die Abgeordnete aus dem Kreis Unna. Die zuständige Sachbearbeiterin habe dies aber abgelehnt, weil das Kind ja „nicht einmal geatmet“ habe. Eine ebenso unsensible wie unangemessene Reaktion. Immer wieder finden Eltern selbst in der eigenen Familie oder im Freundeskreis keine Hilfe, weil die Trauer einfach nicht verstanden und das Thema tabuisiert wird.
Bitter sei derzeit auch, wie mit der Erinnerung an die „Sternenkinder“ umgegangen werde, sagt Schneider. Denn: Fehlgeburten werden im Gegensatz zu Totgeburten nicht automatisch im Personenstandsregister beurkundet. Auch Regelungen zu tot- oder fehlgeborenen Kindern im Bestattungsgesetz gehörten nach Einschätzung von Schneider dringend auf den Prüfstand: „Wünschenswert wären besondere Orte der Trauer. Aber nicht in allen Kommunen gibt es Sondergrabstätten für die Bestattung von Sternenkindern.“
Nach den Daten des Statistischen Bundesamts wird etwa jedes 230. Kind in Deutschland tot geboren. Im Jahr 2021 gab es mehr als 3400 Totgeburten - und damit 4,3 Totgeburten je 1000 Geborenen. Dieser hohe Wert wurde zuletzt 1997 erreicht. Laut Statistik ist etwa jede zehnte Frau in ihrem Leben von einer Fehl- oder Totgeburt betroffen.
Ursachen für Totgeburten sind wenig erforscht
Was sind die Ursachen für die steigende Zahl der Fehl- und Totgeburten? Hierzu gibt es keine klaren Erkenntnisse, die Studienlage ist nach Ansicht der FDP noch völlig unzureichend. „Die Landesregierung muss daher gemeinsam mit den Krankenhäusern und medizinischen Fakultäten in Nordrhein-Westfalen eine Strategie entwickeln, um die Forschung zu intensivieren“, fordert Schneider.
Dabei müssten insbesondere auch gesundheitliche Risikofaktoren untersucht werden. Auf Antrag der FDP soll es jetzt Expertenanhörung im Düsseldorfer Landtag zu dem Thema stattfinden.
Laumann sieht NRW gut aufgestellt
NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, er begrüße es, dass sich der Landtag mit den „Sternenkinder“ befasse. „Fehlgeburten lösen bei den betroffenen Eltern und Familien große Trauer und Verzweiflung aus“, sagte der CDU-Politiker. Eine seelische und körperliche Nachsorge sei in NRW vorhanden. „Ich bin davon überzeugt, dass unser Gesundheitssystem in NRW hier insgesamt auch gut aufgestellt ist, um Eltern in dieser schweren Zeit zu begleiten.“
Zwar könne es an der ein oder anderen Stelle vorkommen, „dass es nicht so gut funktioniert, wie wir uns das vorstellen, da es in vielen Bereichen große personelle Engpässe“ gebe, sagte der Gesundheitsminister. „Persönlich bin ich froh darüber, dass heute viele Friedhofsträger würdevolle Grabplätze für den Tod des ungeborenen Kindes als Erinnerungsorte für die betroffenen Familien auf ihren Friedhöfen geschaffen haben“, so Laumann. Mit dem NRW-Bestattungsgesetz gebe es gesetzliche Grundlagen, die „anständige Bestattungen“ für die Kinder regeln würden.