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Personalengpässe im UmweltamtZuständiger Hydrologe war während NRW-Flut im Urlaub

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Die Flut im Juli hat Teile des Rheinlands zerstört.

Düsseldorf – Ein neues Modellsystem zur Hochwasservorhersage konnte im Landesamt für Umwelt und Naturschutz während der Flutkatastrophe im Juli 2021 nicht genutzt werden, weil der zuständige Hydrologe im Landesamt für Umwelt, Natur und Verbraucherschutz (LANUV) Urlaub hatte. Das hat ein leitender Umweltbeamter bei seiner Vernehmung vor dem Untersuchungsausschuss des Düsseldorfer Landtags eingeräumt.

Bei der Hochwasservorhersage komme NRW „nicht an den Standard, den andere Bundesländer haben“, heran, sagte der zuständige Fachbereichsleiter im LANUV, Bernd Mehlig.

Schon 2019 auf Verstärkungsbedarf hingewiesen

Der Beamte hatte bereits kurz nach der Flut in internen Mails auf den heiklen Umstand aufmerksam gemacht. In verschiedenen Schreiben, die dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegen, heißt es, der Vorgang sei „ein wunder Punkt“. Man habe bereits 2019 auf den „Verstärkungsbedarf“ hingewiesen. In einer anderen Mail warnte der Beamte, bei der Hochwasservorhersage biete die Landesverwaltung und das LANUV „reichlich Angriffsfläche, weil wir hier objektiv nicht gut aufgestellt sind.“

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Bei der Hochwasser-Katastrophe waren in NRW 49 Menschen ums Leben gekommen. Ob es weniger Opfer gegeben hätte, wenn die Hochwasservorhersage des Landes funktioniert hätte, blieb bei der Vernehmung offen. Er gehe davon aus, dass das System seine Berechnungen möglicherweise automatisch abgebrochen hätte, wenn die vorhergesagten Wasserstände Höhen erreicht hätten, auf die das System nicht programmiert gewesen sei, sagte der Umweltbeamte.

Drängen auf Nachbesetzung der Stelle abgelehnt

Aus internen Schreiben geht hervor, dass der Fachbereichsleiter bereits 2020 auf die Folgen des Personalmangels hingewiesen hatte. Eine Sachbearbeiterin, die den Vorhersage-Hydrologen hätte vertreten können, habe die Behörde im November 2020 verlassen. Sein „Drängen auf sofortige Nachbesetzung“ sei abgelehnt worden, schrieb der Fachbereichsleiter an einen Kollegen. Er sei „echt genervt“ davon, wie „schlecht hier im LANUV an sensiblen Stellen Entscheidungen getroffen werden“. Auch dem NRW-Umweltministerium sei bekannt „dass wir nicht gut aufgestellt sind.“

NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esserbestätigte auf Anfrage unserer Zeitung Personalengpässe bei der Hochwasservorhersage: „Das Fehlen wasserwirtschaftlicher Expertise ist ein Problem“, sagte die CDU-Politikerin dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Deswegen habe das Ministerium im Jahr 2019 eine Initiative mit der Wasserwirtschaft gestartet, um Personal zu gewinnen.

Heinen-Esser räumt Personalengpässe ein

„Wir brauchen zum Teil Monate, um Referatsleitungen zu besetzen“, sagte Heinen-Esser. „In Zukunft benötigen wir deutlich mehr Wasserwirtschaftler für die vielfältigen Herausfordernden der Wasserwirtschaft im Klimawandel, also sowohl im Umgang mit Trockenheit und Wasserknappheit als auch mit Hochwasser und Starkregenereignissen“, sagte die Politikerin aus Köln. Ein Beispiel anderes Beispiel sei der Umgang mit dem Grundwasserspiegel im Rheinischen Revier.

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Die SPD-Fraktion zeigte sich entsetzt über die neuen Erkenntnisse über personelle im LANUV: „Der einzige Hochwasser-Experte der Landesregierung, der mit den Vorhersagen etwas hätte anfangen können, war im Urlaub“, sagte die SPD-Politikerin Susana dos Santos Herrmann unserer Zeitung. Offenbar habe es niemanden gegeben, der ihn fachlich hätte vertreten konnte. „Das grenzt – gelinde gesagt – fast schon an Organisationsversagen. Zumal die Mitarbeiter wohl schon länger auf Verstärkung gedrungen haben sollen. Aber das scheint bei der Hausleitung auf taube Ohren gestoßen zu sein“, kritisierte die SPD-Politikerin aus Köln.

Ein Polizeibeamter, der mit seinen Kollegen in der Flutnacht in Heimerzheim mehr als 60 Menschen aus ihren Häusern gerettet hatte, schilderte dem Ausschuss eindrücklich, wie die die dramatischen Stunden verlaufen waren. Für seinen Einsatz unter Lebensgefahr bekam von den Ausschussmitgliedern mehrfach Beifall. Eine offizielle Auszeichnung habe er bislang nicht erhalten, sagte der Polizist auf Nachfrage. Der Dank der Betroffenen sei für ihn völlig ausreichend.

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