Posten als Gesundheitsminister?Männeranteil wird für Karl Lauterbach zum Stolperstein

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Ein Ministersessel bleibt Karl Lauterbach mutmaßlich verwehrt.

Köln – Zahlen sind Karl Lauterbachs Schicksal. Zumindest was seine Hoffnungen auf das Amt des Gesundheitsministers in der künftigen Bundesregierung angeht. Rechnerisch und inhaltlich bringt der SPD-Politiker eigentlich hervorragende Voraussetzungen mit.

Am 26. September statteten ihn die Wählerinnen und Wähler mit einem Traumergebnis aus: 45,6 Prozent der Erststimmen holte Lauterbach im Wahlkreis Köln IV/Leverkusen (hier geht es zum amtlichen Ergebnis). Stolz führte ihn das Parteiorgan „Vorwärts“ unter den Top 3 aller 121 direkt gewählten Abgeordneten. Lauterbach selbst sprach von einem „Votum für unsere Corona-Politik“.

Mit noch einem Quäntchen mehr Eigenlob hätte er auch „meine Corona-Politik“ sagen können. Tatsächlich ist Lauterbach der zweifellos bekannteste Gesundheitspolitiker der SPD, wenn nicht der alten wie auch der neuen Koalition. In TV-Talkshows, Radio- und Zeitungsinterviews, auf Twitter und Instagram – als Pandemie-Erklärer ist Lauterbach omnipräsent.

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Karl Lauterbach ist steter Warner vor der Corona-Gefahr

Als steter Warner vor den Gefahren des Virus, der mit seinen Prognosen zu allem Überfluss nicht selten recht hatte, steht er in krassem Kontrast zu jenen, die mit Fantasien von „Freiheitstagen“ nach britischem Vorbild ein baldiges Ende der Coronakrise am liebsten herbeibeschlossen hätten.

Gegen die Mehrheitslinie der künftigen Koalitionäre im Bundestag wandte Lauterbach sich lautstark dagegen, die „pandemische Lage von nationaler Tragweite“ auslaufen zu lassen. Obwohl Lauterbach damit unentwegt den Spielverderber gibt, sieht ihn die Netz-Gemeinde als Gesundheitsminister der Herzen.

Und Lauterbach selbst? „Ich bin seit langer Zeit in diesem Bereich tätig, also wäre es eine Überraschung, wenn ich das grundsätzlich nicht machen wollte“, sagte er. Und grundsätzlich witterte er seine Chance, als klar wurde, dass der Nachfolger von Gesundheitsminister Jens Spahn (SPD) tatsächlich von der SPD gestellt wird.

Mögen hätte er da schon wollen, könnte er mit Lauterbachs bayrischen Namensvetter Karl Valentin sagen, und dürfen hätte er sich auch getraut. Aber seine Partei wird ihn nicht lassen. Jedenfalls sieht es zurzeit nicht danach aus.

Die Hälfte des Kabinetts soll weiblich sein

Hört man sich in Berliner SPD-Kreisen nach einer Begründung um, dann bekommt man als erstes schon wieder eine Zahl genannt, nämlich die acht. So viele Frauen sollen unter dem Vorsitz von Olaf Scholz am Kabinettstisch Platz nehmen. Einen 50-prozentigen Frauenanteil in der Ministerriege hat der künftige Kanzler versprochen und sich damit unter Zugzwang gesetzt.

Die kleinste Ampelpartei, die FDP, hat das Quorum schon mal glatt verfehlt: Nur einer ihrer vier Ministerposten geht an eine Frau. Die Grünen steuern drei Ministerinnen bei. Daraus folgt: Scholz muss mindestens vier der sieben SPD-Plätze im Kabinett weiblich besetzen. Als feste Bank für Männer gelten der Chefposten im Arbeitsministerium (Hubertus Heil) und im Bundeskanzleramt, wo der Scholz-Vertraute Wolfgang Schmidt für Scholz den Betrieb managen soll. Bleibt noch höchstens ein Ministeramt für einen Mann.

Herkunft aus NRW ist ein zweiter Quoten-Malus

Da könnte Lauterbach am Ende das Nachsehen haben, zumal eine ganze Reihe verdienter Parteifreundinnen auf die noch freien Plätze im Kabinett drängt. Unter ihnen ist Svenja Schulze, die bisherige Umweltministerin, die aus NRW kommt– wie Lauterbach: Ein zweiter Quoten-Malus für ihn.

Aber es sind nicht nur Proporzfragen, die seinen Ambitionen ein jähes Ende setzen könnte. Fachlich, sagen sie in der SPD, sei Lauterbachs Kompetenz unbestritten. „Es gibt keinen Besseren.“ Doch sei es in der Politik nun mal nicht ausgemacht, „dass der beste Fachmann auch der beste Minister ist“.

Aufsteiger-Geschichte aus dem SPD-Bilderbuch

Manche nennen den 58-Jährigen mit der SPD-Bilderbuch-Aufstiegsgeschichte vom Arbeiterkind mit Hauptschulabschluss zum Harvard-Absolventen „speziell“. Andere werden deutlicher und benutzen den Begriff „Nervensäge“, und wieder andere erinnern daran, dass Lauterbach sich 2019 im Wettbewerb um den SPD-Vorsitz am Entschiedensten für einen vorzeitigen Ausstieg aus der Großen Koalition positioniert hatte.

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Damit habe er es sich mit den „Scholzianern“ in der Bundestagsfraktion teils gründlich verscherzt. Dass auch der künftige Kanzler nicht zu Lauterbachs größten Fans gehört, halten Kenner der Szene für ausgemacht.

Doch wie das Wimpernschlag-Finale im Minister-Rennen der Grünen zeigt, ist es erst vorbei, wenn es vorbei ist. Auch für Karl Lauterbach.  

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