Razzia gegen IslamistenMutmaßliche Terroristen planten Drohnenangriff auf US-Basis

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Haftpruefung_beim_Bundesgerichtshof

Maskierte Polizisten am Mittwoch in Karlsruhe, wo die Verdächtigen dem Haftrichter vorgeführt wurden.

  • Die Polizei hat bei Razzien vier tadschikische Terrorverdächtige festgenommen.
  • Das Quartett und ein fünfter bereits festgenommener Mann sollen islamische Fanatiker mit Anschlagsplänen sein.
  • Ziel ihrer Pläne sollen auch US-Militärbasen in Deutschland gewesen sein.

Düsseldorf – Der Mann mit dem Kampfnamen „Abu Fatima“ war nicht irgendwer in der Hierarchie der Terror-Miliz „Islamischer Staat“ (IS). Seine Beziehungen reichten bis zum „Kriegsminister“ der Kalifatsbrigaden Gulmorad Khalimov.

Befehlsgewohnt erteilte Abu Fatima klare Anweisungen, als ihn Mitte Januar 2019 über den Messenger-Dienst Telegram Anfragen aus Deutschland erreichten: Ein Sympathisant namens Ravsan B. berichtete von einer Terrorzelle in Nordrhein-Westfalen, die auf Instruktionen warte, wie man den Kampf des IS unterstützen könne. Mit Geld, lautete zunächst die lapidare Antwort.

Vorschlag für Anschlag kam aus Deutschland

Als der Tadschike Ravsan B. in einer weiteren Nachricht vorschlug, in Deutschland einen Anschlag zu verüben, erhielt er grünes Licht. B. versprach nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“, umgehend den Brüdern diese Worte nahezubringen, „damit sie gehorchen“.

Alles zum Thema Herbert Reul

Die Handy-Gespräche führten die Staatsschützer der Düsseldorfer Polizei auf die Spur eines komplexen Terror-Komplotts. Am Mittwoch schwärmten 350 Polizeibeamte aus, um vier der fünf Mitglieder der mutmaßlichen Terrorgruppe zu verhaften.

Dutzende Objekte wurden in NRW durchsucht, darunter in Solingen, Siegen, im Kreis Heinsberg und im Westfälischen. Laut Innenminister Herbert Reul (CDU) planten die tadschikischen Asylbewerber Bombenanschläge auf zwei US-Militärbasen, etwa mit ferngesteuerten Drohnen.

Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ aus Justizkreisen weiter erfuhr, spielten die fünf Hauptverdächtigen zudem das Szenario eines Angriffs per Fallschirm oder Gleitschirm durch.

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Nach Angaben von Minister Reul ist der Fall erneut Beleg dafür, „dass die größte Gefahr tödlicher Anschläge von islamistischen oder rechtsextremistischen Kreisen ausgeht“. Seit Februar 2019 ermittelte die Staatsschutzabteilung der Düsseldorfer Polizei gegen die Gruppe.

Anfängliche Pläne, in der tadschikischen Heimat gegen das dortige Regime ins Feld zu ziehen, hakten die Verdächtigen bald ab. Vielmehr wollten sie den Dschihad nach Deutschland bringen.

Angeblich Attentatsplan gegen Islamkritiker

So sollen die Beschuldigten ein Attentat auf den Islamkritiker Amir Masoud Arabpour M. aus Neuss geplant haben. In Youtube-Clips zog der Ex-Muslim, der zum Christentum konvertierte, wiederholt die Lehre des Korans in Zweifel. „Erkennt die Lüge Islam“, heißt es auf seiner Facebook-Seite.

Die religionsfeindlichen Kommentare sorgten in der radikal-islamistischen Szene für Aufruhr. M. galt als Feindbild. Am 14. März 2019 kundschaftetet ein Mitglied der IS-Zelle das Umfeld des Islamkritikers aus. Das Ziel war es laut den Strafverfolgern, M. zu erschießen.

Als die Polizei via Telefonüberwachung Wind von der Observation bekam, durchsuchte sie die Wohnungen von Ravsan B. und einem Kumpanen. Dabei fanden sie Pistolen und Munition. B. wurde verhaftet.

Seine Mitstreiter blieben auf freiem Fuß. Als Ende März vergangenen Jahres ein 19-jähriger Tadschike in Amokmanier durch die Essener Fußgängerzone raste, befürchteten die Staatsschützer das Schlimmste und nahmen die verbliebenen Mitglieder der IS-Zelle nebst mutmaßlichen Helfern fest. Während die Verdächtigen mangels Beweisen bald freikamen und zwei von ihnen abgeschoben wurden, dauerte es Monate, ehe den Ermittlern der Durchbruch gelang.

Im Dezember 2019 begann der inhaftierte Cheflogistiker Ravsan B. zu reden. In den Verhören belastete er sich und seine Komplizen schwer, nannte die Namen der mutmaßlichen Drahtzieher. B. berichtete von einer eingeschworenen Truppe. Meist habe man sich in seiner Wohnung getroffen.

Zudem lieferte die Auswertung seines Handys weitere Hinweise auf die Auftraggeber. Im Februar 2019 hatten die Männer 900 Euro nach Syrien transferiert. Zugleich kommunizierte die Riege mit einem IS-Führer in Afghanistan über einen Gruppenchat.

Der Befehlshaber am Hindukusch unterrichtete die deutsch-tadschikischen Eiferer in der Dschihad-Doktrin und wies sie an, stets die Befehlsketten der Terrormiliz zu beachten. Gehorsam versprach B. denn auch dem inzwischen getöteten IS-Führer Abu Bakr al-Baghdadi.

Auftragsmord in Albanien scheiterte

Aus Geldnot nahm Ravsan B. mit einem Komplizen einen Mordauftrag in Albanien an, der 40.000 Euro einbringen sollte. Doch sie scheiterten, weil das Opfer nicht eindeutig zu identifizieren war.

Ferner fand sich im Datenspeicher des Beschuldigten eine Bombenbauanleitung. Doch die Gruppe stritt über die richtige Rezeptur. Probesprengungen im Wald sollten schließlich die Lösung bringen.

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Der Festnahme der fünf Terrorverdächtigen gingen Ermittlungen voraus, die bis weit in das Jahr 2019 zurückreichen.

Lange Zeit führte die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf den Fall. Staatsschützer hatten die Gruppe im Blick. Drei der fünf Protagonisten standen auf der Gefährderliste.

Im NRW-Innenministerium tagte mehrfach ein Krisenstab, weil weitere Anschlagsvorbereitungen drohten. Als die Ermittlungen abgeschlossen waren, übernahm der Generalbundesanwalt das Verfahren. Die fünf Tatverdächtigen wurden am Mittwoch in Karlsruhe dem Haftrichter vorgeführt.

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