Realschüler dürfen jetzt zur NRW-Polizei„Ein guter Polizist braucht kein Abitur"

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Polizeifamilie

Polizei-Familie Kasper aus Iserlohn 

Düsseldorf – Monika Kasper ist Dozentin an der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster. Sie bereitet Polizisten aus Bund und Ländern darauf vor, mit großen Krisenlagen umzugehen, bei denen es viele Opfer gibt. Eine verantwortungsvolle Aufgabe. Für den „höheren Dienst“ hat sich die Polizeidirektorin aber erst nach und nach durch Schulungen qualifiziert. Muss man Abitur haben, um ein guter Polizist zu sein? Nein, sagt die Beamtin: „Dafür muss man kein Leistungskurs-Wissen in Chemie, Physik oder Philosophie mitbringen.“

Bei den Kaspers liegt der Polizeiberuf in der Familie. Auch Vater Hugo Flunkert, der heute 80 Jahre alt ist, war schon bei der Polizei, dessen Enkelin Neele ist derzeit in der Polizeiausbildung. „Ich hatte nie einen anderen Berufswunsch. Schon als Kind wollte ich zur Polizei gehen. Auf dem Rückweg von der Grundschule habe ich manchmal meinen Vater im Radarwagen besucht. Das fand ich spannend“, sagt Monika Kasper.

Der Vater, der zuletzt bei der Kripo war, hatte in seiner Jugend eine Ausbildung als Installateur gemacht, bevor er 1959 in Münster in den Polizeidienst wechselte. „Wir brauchen Polizisten mit einem ausgeprägten Gemeinschaftssinn. Die mit Herzblut und Leidenschaft bei der Sache sind und das richtige Gespür dafür haben, wie man sich in unterschiedlichen Situationen und mit unterschiedlichsten Menschen am besten verhält“, sagt Monika Kasper: „Wenn die Polizei nur Abiturienten aufnimmt, geht viel Potenzial verloren“, so die 47-Jährige Beamtin.

Alles zum Thema Herbert Reul

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Die Polizistin hält die derzeitige Polizeiausbildung an der Polizeihochschule für „überladen“. „Das sehe ich bei meiner Tochter. Man muss als Polizist nicht in der Ausbildung schon alles wissen. Bestimmte Kenntnisse kann man zu einem späteren Zeitpunkt durch Schulungen erwerben“, findet Monika Kasper. In NRW erhalten alle Polizisten zunächst eine einheitliche Ausbildung – egal, ob sie später Streife fahren oder bei der Kripo eingesetzt werden.

Fitness und Fachhochschulreife

Voraussetzung für die Einstellung ist neben körperlicher Fitness die Fachhochschulreife. Eine zu hohe, findet auch Neele Kasper, die derzeit ein Praktikum bei der Polizei in Bochum absolviert.

„Ich kann mir vorstellen, dass es viele gibt, die zwar zur Polizei wollen, jedoch an der Voraussetzung der Fachhochschulreife scheitern, da sie nicht erneut auf eine Schule wollen.“ Die Kommissaranwärtin hält es für wichtig, dass man „den Beruf mit Herz ausübt: Ich denke, das spiegelt sich dann in guter Arbeit wieder“, sagt die 20-Jährige.

Auch ihr Bruder Lasse würde gerne bei der Polizei arbeiten. „Bevor er seinen Traum jedoch verwirklichen kann, muss er entweder auf ein Gymnasium und dort das Abitur machen oder einen anderen Weg einschlagen, um die Fachhochschulreife zu erreichen“, sagt die junge Polizistin.  

Reul und Gebauer planen Reform

Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ erfuhr, will die Landesregierung künftig Interessierten mit mittlerem Bildungsabschluss einen weiteren Weg in den Polizeidienst eröffnen. Die Fachhochschulreife ist weiterhin Voraussetzung für den Polizeidienst, soll in Zukunft aber an ausgewählten Berufskollegs in einem Kooperationsprogramm mit der NRW-Polizei absolviert werden können. An der „FOS Polizei“ sollen Schülerinnen und Schüler mit mittlerem Bildungsabschluss die Fachhochschulreife erlangen und einen Praxis-Teil bei einer Polizeibehörde machen.  

Details werden im Frühsommer veröffentlich

„Dieser Mix aus zwei Jahren Berufskolleg und dem praktischen Teil bei der Polizei bereitet optimal auf das anschließende Bachelorstudium vor. An den Berufskollegs kann man so nicht nur die erforderliche Fachhochschulreife erlangen, sondern auch den Polizeiberuf kennenlernen“, sagte ein Sprecher von NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) auf Anfrage. „So sollen die Absolventinnen und Absolventen dieses neuen Bildungsgangs für ein anschließendes Studium an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung NRW qualifiziert werden“, hieß es.

„Der Name des neuen Programms wird Bildungsgang Fachoberschule für Wirtschaft und Verwaltung, Schwerpunkt Polizeivollzugsdienst heißen. Weitere Details sowie die teilnehmenden Berufskollegs wollen Schul- und Bildungsministerin Yvonne Gebauer und Innenminister Herbert Reul im Frühsommer öffentlich vorstellen“, so der Sprecher.

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