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Rechte ChatgruppePolizisten aus Mülheim traten in bekannter Reality-Serie auf

Lesezeit 3 Minuten
Innenminister Herbert Reul befürchtet, dass noch mehr rechte Posts gefunden werden.

Innenminister Herbert Reul befürchtet, dass noch mehr rechte Posts gefunden werden.

  • Der Skandal um die rechtsextreme Chatgruppe „Alphateam“, die der Polizei in Mülheim/Ruhr angehören, erhält ein neues Kapitel.

Duisburg/Essen – Sie rannten viel und kämpften gegen das Böse in Duisburg. In der Sat 1-Reality-Serie „Die Ruhrpottwache“ gaben die Polizisten nie auf, ehe sie die Täter dingfest gemacht hatten. Die Plots, so heißt es beim Sender, entsprachen wahren Begebenheiten. Und auch die Darsteller seien echt gewesen. Es handelte sich um Polizeibeamte teils aus dem Ruhrpott, die unter Alias-Namen vor der Kamera standen. Recherchen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ haben nun ergeben, dass zwei der uniformierten Schauspieler der rechtsextremen Chatgruppe „Alphateam“ der Polizei in Mülheim/Ruhr angehörten.

Kommissar Martin K. (Namen der Beamten geändert) soll in drei WhatsApp-Runden hetzerische Dateien verbreitet haben. Durch ihn kamen die Ermittler auf die Spur der rechten Chatgruppen bei der Polizei in Essen und Mülheim/Ruhr.

Allein 31 mutmaßlich strafwürdige Posts gehen auf das Konto des TV-Helden Martin K. Ferner 

Weil er einem Reporter Dienstgeheimnisse verraten haben soll, stellte die Kripo sein Handy sicher. Über die Auswertung des WhatsApp-Accounts stießen die Beamten auf Chat-Gruppen namens „Anton“, „A-Team“, „Best of A-Team“, „Geh mal Bier holen“, „VIP-Freunde“ und das „Alphateam“, in denen seit 2015 fremdenfeindliches Material inklusive NS-Symbolen kursierten.

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Bei einer ersten Auswertung durch die Ermittlungskommission „Parabel“ vom 10. September gingen allein 31 mutmaßlich strafwürdige Posts auf das Konto des TV-Helden Martin K. Ferner soll er knapp 180 rechtsextreme Nachrichten empfangen haben. Gegen ihn und weitere 23 Beamte aus Essen und Mülheim hat die Staatsanwaltschaft Duisburg inzwischen Verfahren wegen Volksverhetzung und dem Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen eingeleitet.

Der zweite schauspielernde Kollege soll zwar nichts gepostet haben, aber allein im „Alphateam“ 128 strafwürdige Posts erhalten haben, ohne die Vorgänge zu melden. Gegen ihn läuft ein Disziplinarverfahren.

Eine Sprecherin von Sat1 betonte, dass inzwischen beide Polizisten nicht mehr in der Serie aktiv seien. Von den Verwicklungen der beiden Ex-Darsteller in den Chatskandal bei der Polizei sei dem Sender bis dato nichts bekannt gewesen.

Hitler-Konterfeis zirkulieren in den rechten WhatsApp-Gruppen

In den rechten WhatsApp-Gruppen zirkulierten beispielsweise Hitler-Konterfeis mit der Unterschrift: „Ohne Dich ist alles doof.“ Oder das Foto von einem US-Cop mit Pistole im Anschlag sowie der Zeile: „I like to shoot Cans. Pepsi Cans, Coke Cans and Africans.“ Zudem fanden die Ermittler ein hetzerisches Comic-Bild, das einen Flüchtling in der Gaskammer abbildet.

Besonders rege posteten die 15 Mitglieder des „Alphateams“. Dazu zählte auch Peter S. (128 Posts empfangen) und Walter M., der neun rechtsextreme Dateien abgeschickt und 104 erhalten haben soll. Nach einer Razzia am 16. September hatten die Ermittler 200 Handys und Datenträger der seinerzeit 31 verdächtigen Beamten sichergestellt. Bei der Auswertung der Mobiltelefone der beiden Alphateam-Mitglieder fanden sich Hinweise auf eine weitere rechte Chat-Gruppe, die sich „Kunta Kinte“ nannte, wie eine Hauptfigur im Sklavenroman „Roots“.

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Die 15 Chat-Polizisten und -Pensionäre trafen sich häufig zum Kegeln. Dabei posierte man dann auch gerne vor einem Hakenkreuz. Noch sei nur ein Bruchteil der 8000 Posts der Kegelrunde ausgewertet worden, berichtete NRW-Innenminister Herbert Reul nach einer neuerlichen Durchsuchungswelle. Und: „Es wird wohl nicht bei diesen Fällen bleiben.“

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