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ReportageEin Tag im Leben des Donald Trump – viel Fernsehen und Twitter

Lesezeit 4 Minuten
Donald Trump lachend

Donald Trump im Weißen Haus.

Washington – Gegen 5.30 Uhr in der Frühe geht der Wecker. Dann wird als erstes das Fernsehen im Schlafzimmer eingeschaltet. Oftmals noch aus dem Bett oder zumindest im Bademantel feuert Donald Trump die ersten Tweets ab, die die Welt erschüttern.

Aufgeputscht durch zwölf Dosen Cola light, die er im Laufe des Tages in sich hineingekippt hat, zappt der mächtigste Mann der Welt abends nach einem durchgebratenen Steak mit Salat und viel Nachtisch durch die Polit-Talkshows, bevor er vor Mitternacht endlich sein Handy für fünf bis sechs Stunden beiseitelegt.

In einer minutiösen Groß-Reportage, für die drei Top-Korrespondenten des Blattes mit insgesamt 60 Menschen in und um das Weiße Haus sprachen, hat die angesehene „New York Times“ einen Tag im Leben des US-Präsidenten nachgezeichnet. Das umfangreiche, drei Zeitungsseiten umfassende Porträt, ist im politischen Washington das Tagesgespräch und bringt Trump in Rage. Es zeichnet das ebenso banale wie beunruhigende Bild eines Menschen, der von Verschwörungstheorien und narzisstischen Ängsten getrieben wird und deutlich mehr mit sich selbst als mit den eigentlichen Aufgaben seines Amt beschäftigt ist. Für Trump sei jeder Tag ein „dauernder Kampf um Selbstschutz“, schreiben die Autoren: „Entgegen seinem öffentlichen Geschrei betrachtet er sich weniger als einen Riesen, der die Weltbühne beherrscht, als einen verleumdeten Außenseiter, der ständig darum kämpfen muss, ernstgenommen zu werden.“

Twittert Trump nicht am Morgen, scheint er schlechte Laune zu haben

„Ich schaue nicht viel fern“, hat Trump kürzlich behauptet. Er wisse, dass Reporter dies behaupten. Doch das seien Lügen: „Ich schaffe es wegen der ganzen Akten gar nicht, viel fernzusehen. Ich lese sehr viele Unterlagen.“ Das war ganz offensichtlich eine Selbststilisierung. Die New York Times schildert nicht nur das befremdliche Ausmaß des Fernsehkonsums des Präsidenten, sondern auch die unmittelbare Abhängigkeit seiner Befindlichkeit von der Glotze.

Dass Trump oft morgens Beiträge aus seiner Lieblingssendung „Fox & Friends“ im Frühstücksfernsehen unmittelbar nach deren Ausstrahlung auf Twitter kommentiert und den Tenor des konservativen Senders übernimmt, kann jeder Fernsehzuschauer in den USA selbst beobachten. Doch offenbar verfolgen auch seine Berater das Geschehen ganz genau. Wie Aktienhändler würden sie frühzeitige Warnsignale verfolgen: Kommentiert Trump einmal einen wichtigen Beitrag bei Fox nicht, schaue der einstige Reality-TV-Star wahrscheinlich gerade die verhassten Konkurrenzprogramme von MSNBC oder CNN. „Dann beginnt er den Tag höchstwahrscheinlich mit mieser Laune“, schreibt das Blatt.

Vier bis acht Stunden am Tag verbringt Trump nach den Recherchen vor dem Fernsehen. Selbst während Konferenzen flimmert ein stummgeschalteter Monitor im Hintergrund. Auch Zeitungen liest der Präsident. Doch dient ihm die Lektüre nach Angaben seines Ex-Chefstrategen Steven Bannon im Wesentlichen zur Selbstvergewisserung. Wenn sein Name nicht in den Schlagzeilen steht, wird Trump nervös. Ohnehin fühlt sich Trump offenbar permanent verfolgt. Die Untersuchung der Russen-Affäre durch Sonderermittler Robert Mueller scheint ihn mehr zu beunruhigen, als er zugibt. Und: „Er ist fest davon überzeugt, dass die Linke und die Medien ihn zerstören wollen“, schildert der republikanische Senator Lindsey Graham, mit dem Trump gerne Golf spielt, die Verfasstheit seines Parteifreundes: „Also schlägt er zurück.“

Corker: Trump braucht eine Ganztagesbetreuung

Viele altgediente Politiker seien beunruhigt über die erratischen Ausschläge und die psychische Instabilität des Präsidenten, heißt es in dem Porträt. Tatsächlich hatte der republikanische Senator Bob Corker  im Oktober erklärt, Trump brauche eine Ganztagesbetreuung. Diesen Job übt Ex-General John Kelly, der Stabschef des Weißen Hauses, aus. Offenbar ist er in mancher Hinsicht erfolgreicher, als vielfach angenommen. So habe er es geschafft, die zuvor chaotischen Arbeitsabläufe im Regierungssitz halbwegs zu disziplinieren, heißt es.

Doch gegen zwei Dinge ist auch der General machtlos: die Fernbedienung und das Handy. Kurz, nachdem am Montag das Frühstücksfernsehen von MSNBC über die New-York-Times-Story berichtet hatte, griff Trump zur digitalen Selbstverteidigung: „Eine weitere Lügengeschichte in der angeschlagenen New York Times“, twitterte er ohne Sinn für die unfreiwillige Ironie: „Ich schaue selten, wenn überhaupt, die Lügensender CNN und MSNBC. Schlechte Recherche!“

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