„Befremdet“Peter Altmaier weist politische Verantwortung im Fall Wirecard zurück

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Peter Altmaier

Nein, ernsthaft in die Bredouille bringen die Abgeordneten des Wirecard-Untersuchungsausschusses Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier am Dienstagabend nicht. Das liegt an der Vorbereitung des CDU-Politikers, es liegt an seiner jahrelangen Erfahrung, es liegt aber auch daran, dass Altmaier im Fall des insolventen Finanzdienstleisters keine persönlichen Verfehlungen nachzuweisen sind. Schon in seinem Eingangsstatement macht der Minister deutlich, dass er im Grunde so gut wie keinen Berührungspunkte mit dem einstigen Börsenliebling und späteren Skandalunternehmen gehabt habe.

Am 18. Juni 2020 habe er sich zum ersten Mal näher mit Wirecard befasst, sagt Altmaier. Er könne sich das Datum gut merken, es sei sein Geburtstag. An dem Tag, an dem der Saarländer sein 62. Wiegenfest feierte, musste Wirecard die Veröffentlichung der Jahresbilanz wegen eines fehlenden Testats abermals verschieben. 1,9 Milliarden Euro fehlten in der Bilanz, nach Einschätzung der Ermittlungsbehörden hat das Geld nie existiert. Es war der Anfang eines Skandals, der viele Milliarden Euro an Börsenwert vernichtet hat, und bei dem Tausende Anleger ihr Geld verloren haben.

Wenn Altmaier aber nichts mit Wirecard zu schaffen hatte, warum muss er dann vor dem Ausschuss aussagen? Weil er für Versäumnisse der Wirtschaftsprüferaufsicht Apas verantwortlich ist, finden SPD und Opposition. Die Apas sei durch das Wirtschaftsministerium ungefähr so gut organisiert wie die Suche nach einem Kanzlerkandidaten bei der Union, lästert SPD-Parlamentarier Jens Zimmermann: „Chaos ohne Ende“.

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Die Apas ist eine nachgeordnete Behörde des Bundeswirtschaftsministeriums und kontrolliert die Wirtschaftsprüfer, die wiederum die Bilanzen der Unternehmen kontrollieren. Im Fall Wirecard werden den Bilanzprüfern der renommierten Kanzlei Ernst und Young schwere Versäumnisse vorgeworfen, ohne die das Wirecard-Management die Bilanzen und Umsätze nicht hätte manipulieren können.

Hätte also die Apas den Betrug eher entdecken können? Er könne im Umgang mit dem Thema Wirecard durch die Apas keine offenkundigen Versäumnisse erkennen, sagt Altmaier. Auch könne er nicht erkennen, in Sache zu spät oder gar nicht gehandelt zu haben.

Vielmehr sei die Apas unter seinem Vorgänger Sigmar Gabriel sowie dem damaligen Bundesjustizminister Heiko Maas (beide SPD) installiert worden. Außerdem habe er anders als Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) bei der Finanzmarktaufsicht Bafin nicht die Fachaufsicht, sondern lediglich die Rechtsaufsicht über die Apas. „Ich glaube nicht, dass wir das zum Teil parteipolitischen Streits machen sollten“, sagt Altmaier in Richtung der Sozialdemokraten. Es klingt wie eine Drohung.

Der frühere Apas-Chef Ralf Bose hatte im Dezember vor dem Untersuchungsausschuss eingestanden, privat mit Wirecard-Papieren gehandelt zu haben, während die Bundesbehörde die Arbeit der Wirtschaftsprüfer bei Wirecard bereits überprüfte. Altmaier hatte sich damals „befremdet“ gezeigt und Bose freigestellt. Wenig später wurde dem Behördenchef gekündigt.

Bose habe mit seinem Verhalten für „große Fragezeichen“ gesorgt, kritisiert Altmaier im Ausschuss. Gleichzeitig betont er, dass die Kündigung nicht wegen der Aktiengeschäfte, sondern wegen der unterbliebenen Informationen des Ministeriums erfolgt sei. Er werde die Vorschriften für die Aufseher verschärfen, kündigt Altmaier an. Der Entwurf für eine entsprechende Verordnung sei bereits fertig. Und dann muss der Minister noch die Frage beantworten, ob er selbst mit Wirecard-Papieren gehandelt habe. Da muss Altmaier schmunzeln, bevor er zu Protokoll gibt, dass er „noch nie“ in seinem Leben ein Wertpapier gekauft habe. „Nicht, weil ich daran kein Interesse hätte“, sagt Altmaier noch. Ihm fehle dafür schlicht die Zeit.

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