Ab Frühjahr 2020Der ADAC erhöht erstmals seit sechs Jahren seine Beiträge

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Die 21 Millionen ADAC-Mitglieder sollen ab nächstem Jahr höhere Beiträge zahlen. 

München – Wenn der ADAC als Europas größter Automobilclub Mitte November zu einer außerordentlichen Hauptversammlung lädt, erwarten die Mitglieder schlechte Nachrichten. Denn erstmals seit sechs Jahren sollen die Beiträge wieder steigen.

Steuerlast zwingt den Club zu Beitragserhöhungen

Ab Frühjahr 2020 wird es um gut ein Zehntel teuerer. Basis-Mitglieder zahlen dann 54 statt bisher 49 Euro jährlich. Für die Plus-Mitglieder würden die Beiträge von 84 auf 94 Euro steigen.

„Wichtig ist es uns, dass wir die Leistungen für unsere Mitglieder aufrechterhalten und weiterentwickeln können trotz allgemeiner Kostensteigerung von zuletzt jährlich rund 1,5 Prozent und zusätzlicher finanzieller Belastungen durch die Versicherungssteuer“, erklärt ADAC-Chef August Markl den Schritt.

Einführung neuer Premium-Modelle

Der vor 116 Jahren gegründete Club will außerdem eine dritte Premium-Form der Mitgliedschaft einführen. Premium-Mitglieder sollen beispielsweise weltweit statt nur europaweiten Anspruch auf Pannenhilfe haben sowie auf Auslandskrankenschutz. Auch Abschleppen zur Wunschwerkstatt bei einer Panne innerhalb von 100 Kilometern ist inklusive.

Premium ist allerdings auch der Preis mit 139 Euro jährlich. Rund eine Million Autofahrer hofft der Club binnen fünf Jahren für das Premium-Modell begeistern zu können. Da schon heute fast drei von vier Autofahrern zur höherpreisigen Plus-Mitgliedschaft greifen, scheint das keine überzogene Erwartung.

Schwarze Zahlen als Ziel für 2020

Dennoch ist einkalkuliert, dass nicht alle der 21 Millionen Mitglieder die Preiserhöhung mitmachen, obwohl die Kundschaft als ziemlich treu gilt. Selbst im Jahr der ADAC-Krise 2014 haben relativ wenige Mitglieder gekündigt, obwohl damals auch noch die Beiträge erhöht worden sind.

Jetziges Ziel ist es, unter dem Strich die Summe der Beiträge von heute rund 600 auf mindestens 660 Millionen Euro zu erhöhen. „Eine höhere Effizienz und die Beitragsanpassung zusammen sorgen dafür, dass der ADAC finanziell gut aufgestellt ist und 2020 schwarze Zahlen schreiben kann“, sagt Markl.

33 Millionen Euro jährlich an den Fiskus

Ganz freiwillig dreht der Club aber nicht an der Preisschraube. Seit ein Skandal um den getürkten und inzwischen abgeschafften Autopreis Gelber Engel eine ADAC-Reform erzwungen habt, laufen die Kosten davon. Zudem ist der Club neuerdings versicherungssteuerpflichtig. Rund 33 Millionen Euro muss die Autofahrerlobby nun deshalb jedes Jahr an den Fiskus abführen.

Auch sonst ist die Dreiteilung des ADAC in Verein, Wirtschaftstöchter und Stiftung kostentreibend. Dazu kommen hohe Investitionen in Digitalisierung. Deshalb muss sowohl mehr eingenommen als auch gespart werden. Das Personal, wo zuletzt und erstmals überhaupt gut 200 Stellen abgebaut worden sind, hat das bereits zu spüren bekommen. Nun sind die Mitglieder dran und müssen mehr zahlen.

Mehr Service: Schlüsseldienst und Routenplaner

Dafür gibt es auch mehr Service unabhängig vom Auto wie einen kostengünstigen Schlüsseldienst. Zentrale Dienstleistung bleibt die Pannenhilfe verspricht der Club. Er will als moderner Mobilitätsdienstleister wahrgenommen werden und bringt dazu unter anderem voraussichtlich im April 2020 eine neue ADAC-App namens Trips auf den Markt.

Mitglieder finden hier unter kostenlos Routenplaner und Infos über ein Reiseziel. Da die der App zugrunde liegende Software künstliche Intelligenz besitzt, hofft der ADAC darüber auch immer mehr über seine Mitglieder zu erfahren und ihnen auf Sicht personalisierte Vorschläge für Urlaub und Freizeit machen zu können – kostenlos und ohne kommerzielle Hintergedanken.

Klagen von Regionalclubs gegen die Zentrale

Mit Widerständen zur Hauptversammlung seitens der 18 ADAC-Regionalclubs gegen die Pläne inklusive Beitragserhöhung rechnet man in der Münchner Club-Zentrale nicht. Denn auch die Regionalclubs profitieren, wenn Mitglieder mehr zahlen müssen. 37 Prozent der Beitragsgelder stehen ihnen zu. Ungetrübt ist das Verhältnis von Zentrale und Regionalablegern derzeit allerdings nicht, was Konfliktpotential birgt.

Fünf Regionalclubs führen derzeit eine Klage gegen ihre Zentralorganisation in München. Vom Regionalclub Nordrhein angeführte Markl-Kritiker wollen gerichtlich geklärt wissen, wie steigende Kosten ADAC-intern zwischen Zentrale und Regionalclubs verteilt werden. Bei einer ersten Verhandlungsrunde am Landgericht München hat eine wegen des Streits verwunderte Richterin eine außergerichtliche Einigung angemahnt, weshalb der Prozess nun bis nach der ADAC-Hauptversammlung auf Eis liegt.

Vielleicht wirkt es intern friedensstiftend, wenn die Hauptversammlung höhere Beiträge und damit mehr Geld für alle beschließt. (rnd)

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