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AmtsenthebungsverfahrenWarum Donald Trump nun an seine Grenzen stößt

Lesezeit 4 Minuten
Trump 081019

US-Präsident Donald Trump.

Washington – Seit einem Monat wird gegen den Präsidenten ermittelt. Doch den scheinen die Vorwürfe nach wie vor kaum zu interessieren. Mit dem Argument, die Demokraten betrieben bloß voreingenommene, wenn nicht gar verfassungswidrige Geheimniskrämerei, verweigert Donald Trump die Kooperation.

Mehr noch: Er hat alle Regierungsmitarbeiter angewiesen, die Kongress-Untersuchung ebenfalls zu blockieren. Einige haben trotzdem ausgesagt. Zumindest das Umfeld des Präsidenten wird daher allmählich nervös.

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Fast täglich werden neue Details im Zusammenhang mit der Ukraine-Affäre bekannt. Obwohl ein Amtsenthebungsverfahren damit immer wahrscheinlicher wird, hält es das Weiße Haus offenbar nicht für notwendig, sich ernsthaft mit dem Thema zu beschäftigen.

Auf die Kritik, dass bei der Verteidigung keine klare Linie erkennbar sei, entgegnete Trumps Sprecherin Stephanie Grisham, sie könne nur schwer Stellung zu etwas beziehen, das hinter verschlossenen Türen ablaufe. "Es ist, als würde man gegen einen Geist kämpfen, als würde man gegen die Luft kämpfen", sagte sie dem Sender Fox News. "Wir geben unser Bestes."

Die Worte hatten Seltenheitswert: Es war eine der ganz wenigen Gelegenheiten, bei denen eine Person aus dem engeren Umfeld des Präsidenten die Erkenntnis durchblicken ließ, dass ein reales Risiko besteht. Lange hatte das Weiße Haus einen geeinten republikanischen Widerstand gegen jegliche Versuche der Demokraten als selbstverständlich betrachtet – mit ihrer Mehrheit im Senat könnte die Partei eine Amtsenthebung schließlich verhindern. Sollte es jedoch "Abweichler" geben, droht mindestens eine politische Blamage.

Trump stellt Impeachment in Frage

Trump selbst hat seinen Ärger darüber durchblicken lassen, dass wichtige Berater – einschließlich Grishams und des geschäftsführenden Stabschefs Mick Mulvaney – die Debatten nicht in eine für ihn günstigere Richtung gelenkt hätten. Ansonsten belässt er es dabei, mit abfälligen Kommentaren auf Twitter oder vor Reportern das Verfahren an sich infrage zu stellen. Auch Trumps Anwalt Rudy Giuliani hält sich mit öffentlichen Aussagen deutlich zurück, seit mehrere seiner Partner im Zuge der Ukraine-Affäre festgenommen wurden.

Aus Kreisen der Republikaner heißt es, Trump habe seine Parteifreunde im Kongress ermahnt, aktiver zu werden. Einige besonders konservative Abgeordnete nahmen sich diese Ermahnung offenbar zu Herzen – und stürmten am Mittwoch unerlaubt einen Sitzungssaal, womit sie eine wichtige Zeugenbefragung unterbrachen. Anhänger des US-Präsidenten feierten die Aktion als Zeichen der Stärke.

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Doch auch diese höchst ungewöhnliche Auflehnung von Abgeordneten machte deutlich, wie widersprüchlich die Haltung der Präsidenten-Partei ist. Denn tatsächlich können die Republikaner genauso wie die Demokraten an den Zeugenbefragungen teilnehmen. Und schon bald dürften alle weiteren Sitzungen ohnehin öffentlich sein – womit sich ein Hauptargument von Trump quasi in Luft auflösen würde.

Fehlen dem Weißen Haus gute Juristen?

Der einflussreiche Senator und Trump-Vertraute Lindsey Graham kritisierte die Ermittlungen der Demokraten am Donnerstag in einer Resolution als "illegitim". Zugleich sagte er aber, er habe mit Mulvaney über die als lahm empfundene Gegenwehr des Weißen Hauses gesprochen. Während des Amtsenthebungsverfahrens gegen Präsident Bill Clinton habe dieser ein "gut organisiertes Team" von Juristen gehabt, dass jeden Tag auf dem Laufenden gewesen sei, betonte Graham.

Aus den Reihen der Republikaner wird seit Wochen beklagt, dass im Weißen Haus aktuell kein solches Verteidiger-Team existiere. Dies dürfte einerseits daran liegen, dass es für Trump nach den zahlreichen Rauswürfen und Zerwürfnissen schwierig geworden ist, entsprechende Experten für sich zu gewinnen. Andererseits spiegelt es aber auch die hartnäckige Weigerung des Präsidenten wider, die Untersuchungen öffentlich überhaupt als Bedrohung zu akzeptieren.

Die Demokraten weisen den Vorwurf Trumps zurück, die Ermittlungen seien unfair. Hinter vorgehaltener Hand räumen sogar Mitarbeiter des Weißen Hauses ein, dass die Argumentation aus juristischer Sicht womöglich schwach sei. Umso mehr vertrauen sie auf die Wirkung auf politischer Ebene – also auf den Einfluss auf die amerikanischen Wähler.

Weißes Haus umgarnt Republikaner im Kongress

Bereits in wenigen Wochen wird es anstelle von Befragungen hinter verschlossenen Türen aber öffentliche Anhörungen geben. Voraussichtlich werden die Demokraten eine Auswahl von Zeugen berichten lassen, wie Trump die Ukraine mit Blick auf die Wahl im Jahr 2020 zu Ermittlungen gegen politische Gegner aufgefordert und dies mit der Gewährung von US-Militärhilfe verknüpft haben soll. Spätestens dann dürfte die Behauptung Trumps, er habe nichts falsch gemacht und sei bloß Opfer einer erneuten "Hexenjagd", fraglich erscheinen.

Beobachter gehen davon aus, dass unter anderem der in Kiew tätige US-Diplomat William Taylor öffentlich aussagen wird. In einer Befragung am Dienstag hatte er detailliert geschildert, wie Trump die Führung der Ukraine gedrängt habe, kompromittierendes Material über den Demokraten Joe Biden zu liefern, der als aussichtsreicher Kandidat bei der Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr gilt. Eindringlich warnte Taylor, dass sich in der US-Außenpolitik Parallel-Strukturen unter Leitung von Giuliani herausgebildet hätten.

Je mehr das Ausmaß des Skandals offensichtlich wird, desto eher könnte im Senat am Ende doch noch mit "Abweichlern" zu rechnen sein. Das Weiße Haus bemüht sich daher so intensiv wie schon lange nicht mehr um engere Beziehungen zu den Republikanern in Kongress – mit Sitzungen, mit Telefon-Konferenzen und zuletzt auch mit einer Klausurtagung unter Leitung von Mulvaney im präsidialen Landsitz Camp David. (rnd/ap)

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