Aus Tschetschenien und SyrienWie Russland seine Söldner an der Front verheizt

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Panzer Russland

Panzer der russischen Armee am 11. März am Stadtrand von Mariupol 

Ein Blitzkrieg, wie ihn sich Russlands Präsident Wladimir Putin wohl vorgestellt hat, ist der Angriff auf die Ukraine nicht geworden. Russische Truppen rücken langsamer vor als gedacht und müssen hohe Verluste verzeichnen. Darauf hat der Kreml bereits reagiert und öffentlichkeitswirksam die Entsendung besonders gefürchteter tschetschenischer Kämpfer verkündet. Die Soldaten des Machthabers Ramsan Kadyrow gelten als brutal, um diese Wirkung weiß Putin. Und so nutzt er deren Reputation für seine Strategie, die ukrainische Bevölkerung zu demoralisieren.

Kadyrow, Präsident der autonomen Teilrepublik Tschetschenien, ist ein enger Vertrauter Putins. Seine „Kadyrowzy“ genannten Kämpfer spielen laut der Osteuropaforscherin Margarete Klein von der Stiftung Wissenschaft und Politik in zweierlei Hinsicht eine Rolle: „Das eine ist die Übernahme von Spezialoperationen, etwa bei der Einnahme von kritischen Zielen wie Flughäfen oder urbaner Kriegsführung, wie Häuserkämpfe. Zum anderen sind es Einschüchterungsversuche gegenüber der ukrainischen Bevölkerung“, erklärte sie im Gespräch mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

Es gebe keine belastbaren Zahlen, wie viele tschetschenische Kämpfer sich derzeit in der Ukraine aufhalten, so Klein. Schätzungen reichen von mehreren Hundert bis 70.000. Allerdings gehe es laut der Expertin gar nicht so sehr darum, wie viele Tschetschenen wirklich derzeit in der Ukraine kämpften. Auch hätte dies nicht zwangsläufig einen militärischen Vorteil. Vielmehr seien die Tschetschenen „Teil psychologischer Kriegsführung, bei der man versucht, die ukrainische Bevölkerung durch die bekannte Brutalität dieser Kräfte einzuschüchtern.“

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Tschetschenische Söldner sind für Putin nützlich

Die tschetschenischen Söldner sind für Putin noch in einer anderen Hinsicht nützlich: „Mithilfe der „Kadyrovtsy„ lässt sich die wahre Zahl der getöteten russischen Soldaten verschleiern“, erklärt Klein, „da sie nicht formal Teil der Streitkräfte, sondern vor allem der Nationalgarde sind und dann nicht in die offizielle Gefallenenstatistik des Vereidigungsministeriums eingehen.“ Die tschetschenischen Kämpfer sind für Putin somit die idealen Krieger: Sie gelten als brutal und gefährlich. Ihr Tod ist verkraftbar.

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Doch nicht nur Tschetschenen unterstützen die russische Armee in der Ukraine. Putin hatte in der vergangenen Woche den Einsatz syrischer Kämpfer angekündigt. Verteidigungsminister Sergei Schoigu erklärte in einer vom Fernsehen übertragenen Sitzung des Sicherheitsrates, dass 16.000 freiwillige Kämpfer aus Nahost nur darauf warten würden, für Russland in den Krieg zu ziehen. Seit 2015 unterstützt Moskau den syrischen Diktator Baschar al-Assad in seinem Bürgerkrieg. Assad ist Putin also noch einen Gefallen schuldig.

Syrische Kämpfer dienen eher der Propaganda

Dass die syrischen Söldner einen entscheidenden Kriegsbeitrag für Russland liefern, glaubt Margarete Klein jedoch nicht. „Die Ankündigung, syrische Kämpfer einzusetzen, ist eher ein Propaganda-Coup, um zu zeigen, dass man Verbündete hat.“ Das Wichtigste für Putin sei die Botschaft, dass man Leute habe, die aus einem sehr brutalen Kriegsgeschehen kommen, so Klein. Der Einsatz von Syrern als Stellvertreter sei höchstens der Versuch, die Todeszahlen auf russischer Seite kleinzuhalten. Bisher gebe es keine Beweise, dass Syrer bereits am Krieg in der Ukraine beteiligt sind.

Bei der Rekrutierung der Söldner scheint eine Firma eine immer größere Rolle zu spielen: die private russische Sicherheitsfirma Wagner. Übereinstimmenden Medienberichten zufolge habe die Firma in der Vergangenheit Menschen aus Russland für Kämpfe in verschiedenen Ländern Afrikas, aber beispielsweise auch in Syrien angeworben. Laut einer Recherche der britischen „Times“ sind bereits mehr als 400 Wagner-Söldner derzeit in der Ukraine im Einsatz, auch um gezielt ukrainische Politiker zu töten, darunter den Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Immer wieder wird vermutet, dass die Truppe im Interesse der russischen Regierung agiere. Russland bestreitet, etwas mit der Firma zu tun zu haben.

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