CDU-ParteitagFriedrich Merz und der Hauch von Tea-Party

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Merz Söder DPA 110922

Friedrich Merz (CDU) und Markus Söder (CSU).

CDU-Chef Friedrich Merz hat beim Parteitag in Hannover die Attacken gegen die Regierung fortgesetzt, die er schon in der ersten Sitzungswoche nach der Sommerpause im Parlament gefahren hatte. Mitunter populistische Töne und polemische Angriffe gegen die Regierung setzte der Oppositionsführer wohl dosiert ein, um die eigenen Reihen hinter sich zu schließen.

Die große Mehrheit der Delegierten reagierte begeistert auf die scharfen Töne ihres Vorsitzenden. Angekommen in der Opposition ließ die CDU einen Hauch von Teaparty durch die Parteitagshalle wehen.

Merz muss aufpassen, dass seine harschen Attacken nicht gesellschaftlich spaltend wirken - ausgerechnet in dieser Energie-, Wirtschafts- und Sicherheitskrise, die der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine ausgelöst hat. Zumal in seiner Rede nicht wirklich deutlich wurde, wohin der Parteichef mit der CDU inhaltlich steuern will.

CDU: Mehr Programmatik, weniger Polemik

Ein bisschen mehr Programmatik und weniger Polemik wären in einer Zeit, in der viele Menschen im Land existenzielle Sorgen haben, besser gewesen. Das gilt insbesondere, weil der CDU-Chef wiederholt der Regierung Zusammenarbeit in der Krise anbot und damit auch ein Mitsprachrecht der Union auch über die Bundesländer erreichen will.

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Was Merz gelungen ist: Er hat seine CDU wiedererweckt, die in 16 Regierungsjahren das Führen von Debatten verlernt hatte. Die Auseinandersetzungen um Frauenquote, Gleichberechtigung und um ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr für junge Menschen hatten Substanz und Feuer. Am Ende ist das - wenn auch qualvolle - Ja zur Frauenquote ein Signal, eine breiter aufgestellte CDU als Volkspartei zurück ins Spiel zu bringen.

Der Beschluss für ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr ist ein typischer Oppositionsbeschluss, der viel Widerstand hervorrufen wird und ohnehin nur mit einer Verfassungsänderung umsetzbar ist. Aber er ist ein Puzzlestück, für das, was der CDU so lange fehlte: ein starkes eigenes Profil und eine eigene Vision der künftigen Gestaltung der Gesellschaft.

CDU-Parteitag: Jubel für den einst verkannten Markus Söder

CSU-Chef Markus Söder empfing der Parteitag, als sei nichts gewesen 2021, als habe es zwischen den Schwesterparteien keine brutalen Auseinandersetzungen um die Kanzlerkandidatur und im Wahlkampf gegeben. Rhetorisch stieß Söder ins gleiche Horn wie Merz, was den neuen Schulterschluss zwischen den beiden Parteichefs untermauerte. In Wahrheit ist das Verfahren nicht geklärt, wie die Union für die nächste Bundestagswahl ohne neuen zersetzenden Streit zu einem Kanzlerkandidaten kommt.

Die Frage wird mindestens bis zur Landtagswahl in Bayern im Herbst 2023 offen bleiben. Je nach dem, wie gut oder schlecht Söders CSU dabei abschneidet und je nach Merz persönlichen Umfragewerten könnte der Bayer erneut den Finger heben. Und dann gibt es da noch den immer stärker werdenden Ministerpräsidenten aus NRW, Hendrik Wüst.

Als Regierungschef des bevölkerungsreichsten Bundeslandes wird kein Kanzlerkandidat an ihm vorbei erkoren. Für das Innenleben CDU war es unter dem Strich ein guter Parteitag. Zwei schon lange gärende Streitthemen konnten abgeräumt werden. Auf dem Weg zu einem neuen Grundsatzprogramm und einer echten Erneuerung als Kanzlerpartei müssen allerdings noch viele dicke Bretter gebohrt werden.

Die CDU hatte den Parteitag bewusst nach Hannover gelegt, um ihrem Spitzenkandidaten Bernd Althusmann einen Schub für die Landtagswahl am 9. Oktober zu geben. Die Signale in die Partei hinein waren stark, nach draußen wird der Parteitag kaum so viel Wirkung entfalten können, dass er Althusmann wirklich Wind unter die Flügel geben könnte. (RND)

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