Corona-ImpfstoffVirologen hoffen auf Entlastung im Herbst 2021

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Impfstoff Ampulle

Eine Ampulle mit einem Corona-Impfstoff von AstraZeneca

Die Verteilung des Corona-Impfstoffs erfordert einen logistischen Kraftakt. Antworten auf die wichtigsten Fragen rund um Zulassungen, Verteilung und Sicherheit:

Wann und wo gibt es erste Impfungen in Deutschland?

Die Impfstoff-Unternehmen Biontech/ Pfizer und Moderna haben angekündigt, ihre Impfstoffe direkt innerhalb weniger Stunden ausliefern zu können, sobald die EU-Zulassungsbehörden grünes Licht geben.

In allen Bundesländern werden für das Vorhaben der Massenimpfungen unter Zeitdruck bereits große regionale Impfzentren aufgebaut. Die Länder haben dem Bund bislang rund 30 Anlieferstellen genannt. Nur dort und durch mobile Teams, die in Pflegeheime und Kliniken gehen, soll eine Impfung zunächst angeboten werden.

Die Impfzentren sollen nach den Vorstellungen des Bundes ab Mitte Dezember einsatzbereit sein. Ihr großer Vorteil: Sie können den hohen logistischen Anforderungen eher gerecht werden als die Arztpraxen. Der Impfstoff von Biotech etwa werde in Boxen geliefert und könne in diesen mit Trockeneis bis zu 30 Tage im jeweiligen Impfzentrum gekühlt werden oder bis zu fünf Tage in einem handelsüblichen Kühlschrank.

„Die größte und komplexeste globale Logistikoperation, die jemals unternommen wurde“: So nennt der internationale Airline-Verband IATA die Verteilung der Corona-Impfstoffe. Die Impfstrategie sieht vor, dass ab Frühsommer auch Impfungen in Hausarztpraxen angeboten werden könnten.

Wann kommt die Impfstoff-Zulassung in der EU?

Die Europäische Arzneimittel-Agentur (Ema) teilte am Dienstag mit, eine Entscheidung über die Zulassungsempfehlung des Biontech-Impfstoffs noch im Dezember treffen zu wollen. Zum Antrag des US-Konzerns Moderna auf Zulassung seines Impfstoffs werde eine Entscheidung bis 12. Januar erwartet.

Moderna und Biontech/ Pfizer haben diese Woche als erste Impfstoff-Unternehmen Anträge auf eine bedingte Zulassung bei der Ema eingereicht. Das heißt: Die Mittel können unter bestimmten Bedingungen auf Grundlage weniger umfassender Daten zugelassen werden.

Für das beschleunigte Zulassungsverfahren beurteilt die Ema schon vor dem eigentlichen Antrag die aus den Studien übermittelten Daten zu den Corona-Impfstoffen. Die Anforderungen an Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit bleiben laut Ema aber unverändert hoch.

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Wer wird zuerst geimpft?

Eine Impfpflicht werde es nicht geben, hat die Bundesregierung mehrfach betont. Aber auch beim Prinzip der Freiwilligkeit können nicht alle, die wollen, gleichzeitig geimpft werden. Die EU hat zwar Verträge mit Moderna, Biontech/Pfizer und Astra Zeneca geschlossen. Zu Beginn werden aber nicht ausreichend Impfstoff-Dosen zur Verfügung stehen. Es müssen also Prioritäten gesetzt werden – was Aufgabe der Ständigen Impfkommission (Stiko) in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Ethikrat und der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina ist. Das Gremium erarbeitet eine Empfehlung für die Bundesregierung, wer zuerst Anspruch auf eine Impfung haben soll.

Fest steht: Priorität haben in Deutschland Gesundheitspersonal und Gruppen mit signifikant erhöhtem Risiko für eine schwere Covid-19-Erkrankung, also vor allem Ältere und Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen.

Wie wirksam sind die Impfstoffe?

Die Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna haben laut Zwischenergebnissen der Hersteller eine hohe Wirksamkeit, also einen hohen Schutz vor der Krankheit Covid-19. Nach der Gabe von zwei Dosen liegt sie nach vorläufigen Daten bei rund 95 Prozent. Der von Astra Zeneca entwickelte Impfstoff liegt – je nach Verabreichung und Dosierung – bei einer Effektivität von 90 beziehungsweise 62 Prozent. Zusammengenommen ergibt sich daraus eine Wirksamkeit von 70 Prozent.

Eine Herausforderung gerade mit Blick auf Risikogruppen für Covid-19: Ältere Menschen haben tendenziell schlechtere Impfreaktionen. Astra Zeneca berichtet aber auf Grundlage erster Studiendaten (Phase II), dass die über 70-jährigen Studienteilnehmer den Impfstoff ähnlich gut vertragen hätten wie die Jüngeren. Auch von einer robusten Immunantwort ist die Rede. Auch Biontech/Pfizer hat nach Abschluss letzter Analysen bekannt gegeben, dass sein Vakzin über alle Altersgruppen hinweg ähnlich gut funktioniere.

Wie sicher sind die Impfstoffe?

Die Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna setzen auf eine zuvor noch nie am Menschen angewandte mRNA-Technologie. Sanders zufolge sei das aber ein sehr sicheres Prinzip. Berichtete Nebenwirkungen, die zwar recht häufig auftreten, fallen laut dem Impfstoff-Forscher bislang leicht aus: Gliederschmerzen, Kopfschmerzen, leichte Abgeschlagenheit. „Im Prinzip verläuft die Impfung dann wie ein leichter Virusinfekt, der nach ein, zwei Tagen wieder vorbei ist.“ Astra Zeneca ist ein Vektorimpfstoff und beruht auf einer schon lange angewandten Impftechnologie. Auch dabei wurden laut Hersteller grippeähnliche Nebenwirkungen ohne ernsthafte Komplikationen im Zusammenhang mit dem Impfstoff beobachtet.

Eva Hummers, Mitglied der Ständigen Impfkommission, machte am Montag in der Talkshow „Hart aber Fair“ aber auch klar: „Unproblematisch ist sie nicht, denn wir wissen noch nichts über die Langzeitfolgen.“ Es gebe viele Fragen, die auf Basis der bisherigen Studien noch nicht sicher beantwortet werden könnten. Offen ist auch, ob die Impfstoffe den Krankheitsverlauf abmildern – oder eine Ansteckung mit Sars-CoV-2 grundsätzlich verhindern.

Wie viele Geimpfte braucht es, damit die Pandemie gestoppt wird?

Zu welchem Zeitpunkt von einer Herdenimmunität in der Bevölkerung gesprochen werden kann, ist im Moment schwer einzuschätzen. Virologen und Immunologen zeigen sich zwar optimistisch, dass spätestens im Herbst 2021 durch Impfungen mit einer zunehmenden Entlastung und weniger schweren Krankheitsverläufen zu rechnen ist. Das Virus werde aber noch lange weiter in der Bevölkerung zirkulieren.

Ausschlaggebend ist nicht zuletzt: Wie viele Menschen lassen sich auf freiwilliger Basis impfen? Nach Ansicht von Experten der Weltgesundheitsorganisation ist eine Durchimpfungsrate von 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung für eine wirkungsvolle Bekämpfung der Corona-Pandemie nötig.

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