CoronakriseSpargelbauer: „Deutsche Erntehelfer haben wenig Durchhaltevermögen“

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Die Corona-Krise trifft auch die Landwirtschaft, da Erntehelfer nicht einreisen dürfen.

Peter Strampe ist Inhaber des Spargelhofs Strampe in Neetze im Landkreis Lüneburg. Zu Spitzenzeiten im Mai und Juni beschäftigt er 120 Erntehelfer, die zu rund 80 Prozent aus Rumänien und zu etwa 20 Prozent aus Polen kommen.

Herr Strampe, Innenminister Horst Seehofer hat ein Einreiseverbot für Saisonarbeitskräfte angeordnet. Was machen Sie jetzt?

Das ist eine gute Frage. Für mich ist die Situation für die nächsten drei Wochen relativ entspannt, weil ich noch genug Leute ins Land bekommen habe. Danach wird es schwierig. Wir versuchen, hier und da etwas mit deutschen Arbeitskräften zu bewältigen. Das sehe ich aber sehr kritisch. Es bewerben sich viele Leute, die 450 Euro dazu verdienen möchten. Das heißt, wenn ich zehn Leute brauche, muss ich 30 einstellen. Und meine Erfahrung ist, dass viele leider wenig Durchhaltevermögen haben.

Damit meinen Sie speziell deutsche Erntehelfer?

Ja. Wir haben in den Neunzigerjahren ganz viele Erfahrungen sammeln dürfen mit Zwangsrekrutierung von deutschen Langzeitarbeitslosen, die uns damals von den Arbeitsagenturen geschickt worden sind. Von daher bin ich da sehr skeptisch.

Warum, glauben Sie, sind die Belastbarkeiten so unterschiedlich?

Das glaube ich nicht, das weiß ich. Das sind einfach Erfahrungen, die wir gemacht haben. Erntearbeiten sind nicht, wie viele vielleicht glauben, einfach so von jedem sofort zu verrichten. Dass es körperlich anstrengend ist, das ist das eine. Das andere ist, dass man auch eine gewisse Fingerfertigkeit und Übung braucht. Also, man braucht schon ein, zwei Wochen, bis man diese Arbeit überhaupt richtig machen kann. Aber ich gebe jedem noch mal eine Chance. Wir haben auch keine andere Möglichkeit, als das noch mal auszuprobieren. Den einen oder anderen findet man vielleicht, der uns da ein bisschen behilflich ist. Trotzdem sage ich Ihnen: Das deutsche Obst und Gemüse wird dieses Jahr knapp werden. Das ist mal sicher.

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Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner hat vorgeschlagen, dass Menschen, die durch die Krise keine Arbeit haben, Studenten und Asylbewerber, stattdessen als Erntehelfer arbeiten.

Asylbewerber könnte ich mir vorstellen - wenn sie keine finanziellen Nachteile dadurch bekommen. Aber es ist ja oft der Fall, dass es Zuverdienstgrenzen gibt. Wenn zum Beispiel Arbeitslose bei uns anfangen, wird denen sofort das Geld gestrichen. Da ist die Motivation natürlich im Keller. Bei Schülern und Studenten ist es mit dem Zuverdienst auch schwierig, wenn sie Bafög bekommen. Die ganze Bürokratie ist ein Aufwand, den die Betriebe zum Teil nicht leisten können.

Von wem erhoffen Sie sich jetzt Unterstützung?

Ich glaube an keine Unterstützung. Wenn ich mir nicht selbst helfe, wird das nichts. Von der Politik erwarte ich, dass sie das Mögliche tut, die Grenze zu öffnen, sobald es für unser aller Gesundheit machbar ist. Polen und Rumänien sind ja keine Risikostandorte, soweit ich weiß. Aber die Politiker werden sich was dabei gedacht haben und sind da hoffentlich besser informiert als der normale Bürger. Und sie wissen hoffentlich, was sie da anrichten.

Es gibt ja mehrere Onlineportale, die Helfer an Bauern vermitteln sollen. Bringt das was?

Damit habe ich noch keine Erfahrung. Gerade haben wir ja noch genug Helfer. Aber wir werden uns in den nächsten Wochen auf jeden Fall damit beschäftigen.

Wann haben Sie eigentlich mit der Spargelernte begonnen?

Vor einer knappen Woche. Der milde Winter und die vielen Sonnenstunden bescheren uns eine frühe Ernte. Eigentlich freuen wir uns immer auf den ersten Spargel. Aber dieses Jahr ist alles anders. (RND)

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