Demokratieforscher Wolfgang MerkelGenerelle Impfpflicht „wäre die Jahrzehntlüge“

Lesezeit 2 Minuten
Neuer Inhalt

Demokratieforscher Wolfgang Merkel hält die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht für problematisch.

Im Gespräch mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) äußert sich Demokratieforscher Wolfgang Merkel skeptisch gegenüber einer generellen Impfpflicht für alle. „Sie werden dann folgendes erleben: Die Kritiker würden „Lügenregierung“ skandieren“, sagte er.

Es sei ein politischer Fehler gewesen, die Impfpflicht schon frühzeitig in der Pandemie auszuschließen. Damit habe die Politik den eigenen Handlungsspielraum unnötig eingeengt und den Instrumentenkasten halbleer gemacht. Dieser Fehler sei nun nicht mehr zu korrigieren. „Das wäre die Jahrzehntlüge, die der Politik immer wieder vorgehalten werden würde. Außerdem muss sofort interveniert werden und nicht in drei Monaten“, sagte er dem RND.

Demokratieforscher Merkel: Impfpflicht würde rechtspopulistische Parteien stärken

Die Einführung einer Impfpflicht hätte laut Wolfgang Merkel den Effekt, dass sie rechtspopulistische Parteien stärken würde. „Wir würden einen beachtlichen Teil der Menschen noch weiter in einen antidemokratischen Bereich hineindrängen. Ein großer Teil der Menschen wäre für das System kaum mehr zurückzugewinnen“, sagte der Demokratieforscher. Eine berufsspezifische Impfflicht, etwa für Lehrer und Beamte, hält er gegenüber älteren und kranken Menschen für demokratisch und „ethisch geboten“.

Eine Lösung, um die Impfquote zu erhöhen, sieht Wolfgang Merkel darin, vermehrt auf gesellschaftliche Institutionen zu setzen, um eine höhere Impfquote zu erreichen. „Ich kenne keine große Initiative, wo die Politik etwa Verbände, Gewerkschaften, Unternehmer oder auch die Kirche mit eingebunden hat“, sagte er. Diesen Gruppen und Personen würden viele Bürger mehr vertrauen als der Regierung.

Politik müsse Bürger von der Impfung überzeugen

Zudem mahnt er an, dass die gespaltene Gesellschaft die Demokratie gefährde. „Es gefährdet sie, weil es die Gesellschaft weiter polarisiert. Polarisierung heißt Vertrauensverlust der Bürger untereinander und das ist fast noch schlimmer als der Vertrauensverlust von Bürgern gegenüber politischen Intuitionen“, sagte er. Er verweist auf die USA, wo die Gesellschaft so tief gespalten sei, dass die Demokratie von der Substanz und der Gemeinschaft her gefährdet sei.

Das könnte Sie auch interessieren:

Die Politik müsse die Bürger von einer Impfung überzeugen. Dies dürfe nicht nur „unter den politischen Eliten geschehen, die gesellschaftlichen Gruppen müssen dabei viel stärker miteinbezogen werden“, saget er. Dann könne es gelingen, die Gesellschaft wieder zusammenzuführen.

Nachhaltig geschädigt sehe er die Demokratie noch nicht. Doch gebe es „eine Erosion des Vertrauens, des gesellschaftlichen Zusammenhalts und deshalb auch des demokratischen Fundaments innerhalb unserer Gesellschaft“, sagte er dem RND.

KStA abonnieren