Digitale Spuren als BeweisInnenminister planen Lauschangriff auf Alexa

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Der Lautsprecher Amazon Echo mit dem Alexa Voice Service steht auf einem Tisch.

Berlin – Bund und Länder wollen sogenannte digitale Spuren aus dem Bereich „Smart Home“ als Beweismittel vor Gericht verwenden. Das geht aus einer Beschlussvorlage Schleswig-Holsteins für die Innenministerkonferenz (IMK) hervor, die dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegt.

Die Ressortchefs aus Bund und Ländern kommen am 12. Juni zu ihrer dreitägigen Frühjahrskonferenz in Kiel zusammen.

Digitale Spuren sollen nach der Beschlussvorlage des schleswig-holsteinischen Innenministers und IMK-Vorsitzenden Hans-Joachim Grote (CDU) künftig gesichtet und ausgewertet werden dürfen.

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Die Innenstaatssekretäre von Union und SPD haben sich in der vergangenen Woche in Berlin auf einer Vorkonferenz darauf verständigt, den Antrag Schleswig-Holsteins unterstützen zu wollen.

Verfassungsrechtliche Bedenken ausräumen

Laut Beschlussvorlage kommt digitalen Spuren „eine immer größere Bedeutung“ bei der Aufklärung von Kapitalverbrechen und terroristischen Bedrohungslagen zu.

Fernseher, Kühlschränke oder Sprachassistenten wie Alexa, die mit dem Internet verbunden sind, sammeln nach Auffassung der Innenminister permanent wertvolle Daten, die für Sicherheitsbehörden von Bedeutung sein könnten.

Der für die Innere Sicherheit zuständige Arbeitskreis II, dem auch der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA) Holger Münch angehört, soll bis zur IMK-Konferenz im Herbst eine Handlungsempfehlung erarbeiten.

56,3 Millionen verkaufte Lautsprecher

Ziel sei es, verfassungsrechtliche Bedenken auszuräumen. Digitale Spuren sollen nur mit richterlicher Anordnung ausgewertet werden dürfen. Die Innenminister rechnen mit Widerstand seitens der Datenschützer in Bund und Ländern.

Bei Amazons System Echo (auch „Alexa“), dem Google Assistent oder dem Handy-Sprachassistenten Siri von Apple kann der Nutzer per Sprachbefehl Internet-Recherchen oder Online-Einkäufe auslösen. Allein im vergangenen Jahr wurden weltweit 56,3 Millionen solcher smarten Lautsprecher verkauft.

Erst im März hatte jedoch die Stiftung Warentest vor der Nutzung von Sprachassistenten wie Alexa oder Siri gewarnt. Nutzer würden einen Teil ihrer Privatsphäre aufgeben. Es sei völlig unklar, wie Alexa und Co. mit den privaten Daten umgingen.

Aufnahmen per Sprachbefehl löschen

Zuvor hatte der Finanzdienst Bloomberg enthüllt, dass Alexa-Aufnahmen in den USA zum Teil von Mitarbeitern angehört und abgetippt werden, um die Spracherkennung zu verbessern. Dabei könnten sie trotz Anonymisierung zum Beispiel auch die ID-Nummer des Geräts sehen, von dem die Aufnahme kam.

Amazon selbst hatte vorige Woche auf die Kritik mit der Ankündigung reagiert, das Löschen gespeicherter Aufnahmen künftig auch per Sprachbefehl zu möglichen. Die Funktion, bisher nur per App verfügbar, ist zunächst nur in den USA verfügbar, andere Länder sollen folgen.

Darüber hinaus will das Bundesinnenministerium in Kiel eine Beschlussvorlage einbringen, die sich mit Überwachungsmaßnahmen im G5-Zeitalter beschäftigt.

Umgang mit den erhobenen Daten bislang unklar

Das Ministerium unter Ressortchef Horst Seehofer (CSU) will demnach sicherstellen, dass deutsche Sicherheitsbehörden auch nach dem Ausbau der fünften Mobilfunkgeneration, kurz G5 genannt, Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) und Online-Durchsuchungen durchführen können.

„Auch Unternehmen wie der chinesische Anbieter Huawei müssen uns Zugang zu verschlüsselten Systemen gewähren, sollten sie den Zuschlag zum G5-Ausbau bekommen“, sagte ein Insider dem RND.

Einen weiteren Schwerpunkt auf der IMK soll der Umgang mit Daten bilden, die Computer in privat genutzten Fahrzeugen sammeln. Wie aus dem Kreis der Innenminister verlautete, sei bislang völlig ungeklärt, wie mit diesen Daten künftig in sicherheitspolitischer Hinsicht umgegangen werden soll.

(RND)

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