Dritter VersuchWie Vonovia die Deutsche Wohnen doch noch übernehmen will

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immobilien-köln-dpa

Wohnungen in Rodenkirchen: Die Nachfrage auf dem Immobilienmarkt ist unverändert hoch, aber die Zinsen steigen.

Bochum – Im dritten Anlauf soll's nun klappen. Der Wohnungskonzern Vonovia will den kleineren Konkurrenten Deutsche Wohnen mit einer aufgestockten Offerte übernehmen. Damit würde das mit Abstand größte Immobilienunternehmen in Europa entstehen. Massive Kritik an dem Deal und an der Bundesregierung kommt vom Mieterbund.

Der erste Übernahmeversuch scheiterte schon vor fünf Jahren. Damals wehrte sich noch das Management der Deutsche Wohnen gegen die Avancen des großen Rivalen. Beim zweiten Anlauf im Mai waren sich die Führungskräfte längst einig. Doch vorige Woche wurde klar, dass die Annahmeschwelle nicht erreicht wird: Vonovia hatte sich zum Ziel gesetzt, dass ihr mindestens 50 Prozent der Anteile plus eine Aktie angedient werden müssen, um den Deal zu machen. Tatsächlich kamen aber nur 47,6 Prozent zusammen. Nun haben sich beide Unternehmen geeinigt, den Deutsche-Wohnen-Aktionären 53 Euro je Anteilschein anzubieten – ein Euro mehr als zuvor. Vonovia besitzt indes mittelweile ohnehin schon knapp 30 Prozent der Aktien.

100 Millionen Euro sparen

Der Berliner Immobilien-Firma wird damit ein Marktwert von rund 18 Milliarden Euro zugeschrieben. „Vonovia und Deutsche Wohnen halten ein Zusammengehen beider Unternehmen weiterhin strategisch und gesellschaftspolitisch für sinnvoll“, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung. Man sei sich einig, „dass man gemeinsam die großen Herausforderungen am Wohnungsmarkt – Klimaschutz, bezahlbares Wohnen und Neubau – kraftvoller bewältigen kann“. Gemeint ist damit vor allem: Die Manager gehen davon, dass durch die Fusion die jährlichen Kosten um rund 100 Millionen Euro gedrückt werden können. Etwa durch einen gemeinsamen Einkauf bei Material und durch das Zusammenlegen von Dienstleistungen.

Die Verschmelzung der Unternehmen, die beide im hiesigen Aktien-Leitindex Dax gelistet sind, gebiert ein Konglomerat mit rund 560.000 Wohnungen, die am Immobilienmarkt insgesamt rund 90 Milliarden Euro wert sind. Trotz der enormen Größe hat das Bundeskartellamt einen Zusammenschluss bereits gebilligt. Selbst im Großraum Berlin, wo der neue Gigant besonders stark vertreten sein wird, kommt er mit mehr gut 155.000 Wohnungen auf einen Marktanteil, der deutlich unter zehn Prozent liegt.

Bafin muss grünes Licht geben

Eine Hürde gilt es allerdings noch zu nehmen: Die Finanzaufsicht Bafin muss die neue Offerte prüfen. Denn normalerweise darf ein Übernahmeversuch nach einem Scheitern erst nach einem Jahr wiederholt werden. Ausnahmen sind aber möglich, wenn beide Unternehmen sich einig sind – was im vorliegenden Fall gegeben ist. Dass der dritte Anlauf überhaupt nötig wird, hat mit der Aktionärsstruktur der Deutsche Wohnen zu tun. Mehrere international agierende Hedgefonds sind mit von der Partie – unter anderem der berüchtigte Investor und Milliardär Paul Singer mit seinem Fonds Elliott. Er war erst im Juni eingestiegen, als die aktuellen Übernahmebestrebungen durch Vonovia längst in Gang waren.

Singer ist dafür bekannt, bei solchen Transaktionen dazwischen zu grätschen – mit dem Ziel, den Preis in die Höhe zu treiben. Genauer gesagt die Prämie dafür, dass das übernommene Unternehmen seine Gewinne nicht mehr an die Alt-Aktionäre, sondern an den neuen Eigner überweist. Die 53 Euro entsprechen nun einem Aufschlag von 25 Prozent auf den Deutsche-Wohnen-Durchschnittskurs für die drei Monate, die vor der Bekanntgabe der Fusionspläne im Mai lagen. Zudem ist ein Vertrag geplant, der eine Gewinnabführung an die Vonovia für drei Jahre ausschließt. Allein der eine Euro extra pro Aktie dürfte Vonovia einen niedrigen dreistelligen Millionen-Euro-Betrag zusätzlich kosten.

Kritik vom Mieterbund

Lukas Siebenkotten, Präsident des Deutschen Mieterbundes, kritisiert den Deal massiv: „Das Hickhack um Deutsche Wohnen und Vonovia ist schon zirkusreif. Es zeigt aber vor allem, dass Hedgefonds nichts in der Wohnungswirtschaft zu suchen haben. Diesen Unternehmen geht es lediglich darum, Gewinne ordentlich zu steigern. Und das bedeutet in der Regel, dass die Mieter die Verlierer sind, weil Mieteinnahmen in die Höhe getrieben und Renovierungen unterlassen werden“, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland.

Ärgerlich sei außerdem, dass es Vonovia gelinge, viele Millionen Euro an Grunderwerbsteuer zu umgehen. Verantwortlich dafür macht er die schwarz-rote Koalition, die sogenannte Share-Deals eigentlich unterbinden wollte. Beschlossen wurde aber lediglich, die Schwelle für die Fälligkeit der Steuer von einem Anteil von 95 Prozent auf 90 Prozent am übernommenen Unternehmen zu senken. Klar ist schon jetzt, dass die Beteiligung von Vonovia an Deutsche Wohnen unter den 90 Prozent bleiben wird. Entsprechende Vereinbarungen hat Vonovia mit Banken ausgemacht. Diese übernehmen Anteile, wenn mehr als die 90 Prozent der Aktien zusammenkommen. „Was die Regierung da beschlossen hat, erweist sich also als reine Symbolpolitik“, so Siebenkotten.

Für den Mieter-Präsidenten ist klar: „Die Lehre aus der Übernahme für die Politik müsste eigentlich sein, Beteiligungen von Hedgefonds an Wohnungsunternehmen zu verbieten - das ist aber vermutlich nicht durchsetzbar.“ Für die nächste Bundesregierung ergebe sich indes die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass der Bestand an Wohnungen im öffentlichen Besitz gesteigert werde. „Außerdem ist es dringend notwendig, dass vor allem in den großen Städten mehr gebaut wird – auch von privaten Investoren“, fügte er hinzu. Mit einem größeren Angebot an Wohnungen könnten Spekulationen mit Wohnraum zwar nicht verhindert, aber zumindest gebremst werden. Beim Wohnungsbau dürfe man sich aber nicht auf Konzerne wie Vonovia verlassen: „Die haben sich bislang nicht durch Ehrgeiz beim Neubau hervorgetan, sondern auf das Immer-größer-werden durch Kaufen kapriziert.“

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