Europäische Häfen„Ever Given“-Unfall im Suezkanal hat dramatische Folgen

Lesezeit 3 Minuten
Neuer Inhalt

Das auf Grund gelaufene Containerschiff "Ever Given" wurde im Suezkanal von Schleppern wieder freigelegt.

Das Drama um das vor fast einer Woche im Suezkanal auf Grund gelaufene Containerschiff hat ein Ende. Bergungsteams gelang es am Montag, die „Ever Given“ freizulegen, wie der Kanaldienstleister Leth Agencies mitteilte. „Wir haben es geschafft“, sagte auch der Chef des Bergungsunternehmens Boskalis, Peter Berdowski. Arbeiter hätten den Bug des 400 Meter langen Schiffs dank starker Flut und einer Flotille von Schlepperbooten vom Ostufer des Kanals gelöst. Videos zeigen, wie sich die „Ever Given“ in der Mitte des Suezkanals bewegt.

Die Wirtschaft in Deutschland hatten diese Tage nachhaltig verunsichert: „Die Logistikabläufe sind durch die Blockade völlig aus dem Tritt geraten“, sagte noch am Montagmorgen Carsten Taucke, Vorsitzender im Verkehrsausschuss des Außenhandelsverbands BGA, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Bislang können aber weder Branchenexperten noch Unternehmen und Verbände die Folgen der Blockade genau beziffern.

Fest steht: Zwar können ersten Medienberichten zufolge wieder Schiffe den Suezkanal passieren, doch der maritime Stau wird nicht von heute auf morgen verschwinden. „Erst in den kommenden Tagen und Wochen wird sich zeigen, wie sich die Störung auf alle nachlaufenden Logistikprozesse auswirkt, beispielsweise in den Häfen oder in der Hinterland- und der Containerlogistik“, sagt Taucke.

In Folge der Pandemie mangelt es in einigen exportstarken Ländern ohnehin schon an Containern, denn Transportkapazitäten und Routen konnten nicht schnell genug der stark schwankenden Nachfrage in verschiedenen Regionen angepasst werden. Branchenkenner fürchten, dass sich diese Probleme nun verschärfen könnten. Immerhin steckten am Montag 380 zum Großteil mit Containern beladene Schiffe fest. Viele weitere haben sich auf den gut 3000 Seemeilen langen Umweg um Afrika gemacht. Allein von der Reederei Maersk sind 15 Frachter jetzt auf dieser Route unterwegs. „Schon die Corona-Krise hat für Verwerfungen im maritimen Handel gesorgt und die Preise für den Container-Transport explodieren lassen“, sagte Vincent Stamer, Experte für maritimen Handel beim Institut für Weltwirtschaft in Kiel.

Weitere Kostensteigungen drohen

Ihm zufolge haben sich die – zuvor allerdings recht niedrigen – Transportkosten im Lauf des vergangenen Jahres verfünffacht, nun drohe eine weitere Kostensteigerung um 30 Prozent. Die träfe einer Untersuchung des IfW zufolge einerseits den deutschen Export, vor allem von Maschinen, und andererseits den Import von Vorleistungen, die etwa in der Elektronikindustrie zum großen Teil aus Asien stammen. Von dort importierten Konsumgütern wie Elektronik und Kleidung, deren Preise nun steigen könnten, ganz zu schweigen.

Auch drohen nun Komplikationen in europäischen Häfen, die bald überlastetsein könnten: „Es wird Verspätungen geben“, zeigte sich am Montag Bengt van Beuningen, Sprecher der Marketing-Gesellschaft des Hamburger Hafens, überzeugt. Er rechnet damit, dass die Reedereien bis zur Ankunft der momentan noch festsitzenden Schiffe umdisponieren, um für Entzerrung zu sorgen. „Die Terminals sind Verspätungen gewohnt und der Hamburger Hafen kann sehr flexibel agieren. Aber mehr als ein Betrieb rund um die Uhr geht nicht“, warnte Van Beuningen trotzdem.

KStA abonnieren