Fall AmriStaatsanwälte ermitteln gegen Beamte wegen Falschaussage

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Das vom Bundeskriminalamt ausgegebene Fahndungsfoto des Attentäters des Berliner Weihnachtsmarkts Anis Amri (Archivbild, 2016)

Berlin – Die Staatsanwaltschaft Berlin hat Vorermittlungen wegen möglicher Falschaussagen im Untersuchungsausschuss des Bundestages zum Attentat auf dem Berliner Weihnachtsmarkt 2016 aufgenommen.

Das ergibt sich aus einem Schreiben an den Vorsitzenden des Gremiums, das dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegt. Die Staatsanwaltschaft bittet darin um die Übersendung von Abschriften der Protokolle zu den Sitzungen vom 14. November und 12. Dezember 2019, soweit diese Protokolle die Aussagen des Beamten M. beim Landeskriminalamt (LKA) Nordrhein-Westfalen, des Beamten K. beim Bundeskriminalamt (BKA) sowie des Oberstaatsanwalts K. beim Bundesgerichtshof beträfen.

Der LKA-Beamte M. hatte im Untersuchungsausschuss ausgesagt, der BKA-Beamte K. habe ihm in einem Vier-Augen-Gespräch am Rande einer Besprechung beim Generalbundesanwalt am 23. Februar 2016 erklärt, sein Gruppenleiter und das Bundesinnenministerium wollten, dass ein V-Mann, der damals Hinweise zu dem späteren Attentäter Anis Amri und anderen radikalen Salafisten lieferte, „aus dem Spiel genommen“ werde. Er mache „zu viel Arbeit“.

Mehreren Ausschussmitgliedern schienen Aussagen unglaubwürdig

Oberstaatsanwalt K. bestätigte, dass der LKA-Beamte ihm von diesem Gespräch berichtet habe und betonte, die Schilderung sei ihm glaubhaft erschienen. Der BKA-Beamte hingegen bestritt die Darstellung zunächst, relativierte das Dementi aber später in dem Gremium. Mehreren Ausschussmitgliedern kam dies mindestens unglaubwürdig vor. Dabei sind Zeugen in Untersuchungsausschüssen zur Wahrheit verpflichtet.

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Die innenpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, sagte dem RND mit Blick auf das Schreiben der Staatsanwaltschaft Berlin, das am 8. Januar im Ausschuss einging: „Wenn nun die Staatsanwaltschaft Berlin ein Prüfverfahren wegen Falschaussage anlegt, zeigt das, welche Relevanz diesem Vorgang im Untersuchungsausschuss des Bundestages zugemessen wird.“

Sie fügte hinzu: „Wir haben hier vollkommen unterschiedliche Aussagen gehört, so dass klar ist: Einer hat gelogen!“

Wichtigen Vorgang komplett aufhellen

In der Sache gehe es darum, so Mihalic, ob das Bundeskriminalamt oder gar die Bundesregierung selber die Gefährlichkeit von Amri unterschätzt und die Übernahme des Falles zehn Monate vor dem Anschlag ohne sachliche Begründung abgelehnt hätten. Eine gerichtliche Klärung der Widersprüche könne „dazu beitragen, diesen wichtigen Vorgang komplett aufzuhellen“.

Falschaussagen vor dem Untersuchungsausschuss seien „nicht umsonst eine Straftat“. Die ursprüngliche Aussage der Bundesregierung, Bundesbehörden hätten mit den Fehlern bei der Behandlung der Causa Amri nichts zu tun, lasse sich jedenfalls nicht mehr halten. (RND)

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