Abo

Festgenommener Milliardär EpsteinEin Freund der Mächtigen und des Mädchen-Missbrauchs

Lesezeit 3 Minuten
Jeffrey Epstein 1

Jeffrey Epstein (M.) im Jahr 2008

Washington – Die Nachricht überraschte Donald Trump beim Golf-Wochenende auf seinem Anwesen in Bedminster im Bundesstaat New Jersey. Nur eine Autostunde entfernt war am Flughafen Teterboro der Milliardär Jeffrey Epstein festgenommen worden, den Trump einst einen „fantastischen Kerl“ nannte.

Der 66-jährige Hedgefonds-Manager wird von der New Yorker Staatsanwaltschaft des Mädchenhandels und des Missbrauchs bezichtigt. Er soll von 2002 bis 2005 Dutzende minderjährige Mädchen angelockt und in seinem 2000-Quadratmeter-Palais auf der Upper East Side in Manhattan zu sexuellen Handlungen genötigt oder vergewaltigt haben.

„Ich weiß darüber gar nichts“, wehrte der Präsident am Sonntag entschieden ab. Der nun drohende Prozess ist für ihn nicht nur wegen seiner persönlichen Beziehung zu Epstein problematisch, die Trump 2002 in einem Interview so beschrieb: „Es macht viel Spaß, mit ihm zusammenzusein. Man erzählt sich, dass er Frauen genauso gerne mag wie ich, und viele sind ziemlich jung.“

Politisch heikel ist vor allem, dass Epstein 2007 wegen ähnlicher Vergehen bereits in Florida angeklagt worden war. Damals kam er mit einer bemerkenswert sanften Strafe von lediglich 18 Monaten Haft davon, die sein Anwalt mit der Anklage ausgehandelt hatte. Tatsächlich verbrachte er gerade einmal 13 Monate hinter Gittern und hatte täglich zwölf Stunden Ausgang, um die Vermögen seiner superreichen Klienten zu verwalten. Verantwortlich für den Deal war der damalige Bundesanwalt in Miami, Alex Acosta. Der Mann ist inzwischen Arbeitsminister im Trump-Kabinett.

„Lächerlich geringe Strafe“

„Dieses Monster hat letztes Mal eine lächerlich geringe Strafe erhalten“, sagte der republikanische Senator Ben Sasse: „Gerechtigkeit darf nicht von der Größe des Bankkontos abhängen.“ Dass der Epstein-Fall nach mehr als einem Jahrzehnt noch einmal hochkocht und die New Yorker Staatsanwaltschaft eine neue Anklage erhebt, hat maßgeblich mit investigativen Recherchen des „Miami Herald“ zu tun.

Dessen Reporterin Julie K. Brown hatte im vorigen Herbst akribisch zahlreiche Details der Sexualstraftaten sowie des anschließenden Verfahrens zusammengetragen und in einer Serie mit der Überschrift „Perversion des Rechts“ veröffentlicht.

Jüngste Opfer Epsteins 13 Jahre alt

Die Zeitung machte mehr als 80 Frauen ausfindig, die von Epstein meist im Alter zwischen 13 und 17 Jahren missbraucht worden sein sollen. Acht von ihnen sagten öffentlich aus. Der Missbrauch lief demnach immer nach ähnlichem Muster ab: Über Mittelsmänner warb Epstein Minderjährige in ärmeren Milieus an, bot ihnen 200 oder 300 Dollar für eine Massage, ließ sie zu seinen Anwesen in New York, Palm Beach oder auf seine private Karibikinsel bringen und nötigte sie dort, ihn zu befriedigen.

„Damals stand nicht Aussage gegen Aussage. Da waren mehr als 50 Frauen und ein einzelner Mann, und die Frauen erzählten alle dieselbe Geschichte“, sagte Michael Reiter, der inzwischen pensionierte Polizeichef von Palm Beach. Die Ermittler hatten eine 53-seitige Anklage vorbereitet, die mutmaßlich für eine lebenslange Verurteilung gereicht hätte. Doch wegen des von Acosta ausgehandelten Deals kam es nicht zum Verfahren, und alle Unterlagen blieben unter Verschluss.

Trump, Clinton und Prinz Andrew bei Epstein zu Gast

Im Zuge des neuen Verfahrens soll die damalige Anklageschrift geöffnet werden. „Ich glaube, dass da gerade ein paar mächtige Leute ziemlich schwitzen“, sagte Reporterin Brown. Nach ihren Recherchen haben sich Epstein und Trump in der Vergangenheit bei Dinner Partys oft gegenseitig besucht. Auch der frühere Präsident Bill Clinton und Prinz Andrew waren häufig bei Epstein zu Gast. Eine Anklägerin behauptet sogar, sie sei von Epsteins Leuten in Trumps Golfclub Mar-a-Lago angeworben worden.

Der heutige Gesundheitsminister Acosta hatte den milden Deal, den er als Staatsanwalt und republikanischer Shootingstar mit 38 Jahren abschloss, in der Vergangenheit vehement verteidigt: „Ich verstehe die Frustration“, sagte er. Aber mit dem Deal, bei dem sich Epstein des Mädchenhandels in drei Fällen schuldig bekannte und als Triebtäter registrieren ließ, habe er sichergestellt, dass der Milliardär überhaupt ins Gefängnis gekommen sei.

KStA abonnieren