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Hilfe der KanzlerinWie Armin Laschet um sein Image als Krisenmanager kämpft

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LAschet Bad Münstereifel 2

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet besuchte am Dienstag den schwer getroffenen Ort Bad Münstereifel.

Düsseldorf/Bad Münstereifel – Nun ist Angela Merkel doch noch gekommen. Die Kanzlerin hat sich das hochwassergeschädigte Bad Münstereifel zeigen lassen: die Schuttberge in den Straßen, die Lager mit Lebensmittel- und Kleiderspenden, die Aufräumarbeiten. Sie hat mit Helfern gesprochen, die Bürgermeisterin vor einem vorbeidrängenden Schubkarren-Mann in Sicherheit gebracht und schließlich vor rot-weißen Absperrgittern auf einer aufgerissenen Straße schnelle Hilfe zugesagt. Armin Laschet war an ihrer Seite, im weißen Hemd mit aufgekrempelten Ärmeln und sorgenvollem Blick.

Die Kanzlerin und der nordrhein-westfälische Ministerpräsident besichtigen gemeinsam Hochwasser-Schäden, das gehört zum normalen Regierungsgeschäft in einer Krise. Aber zwischen den rot-weißen Gittern gibt es noch eine weitere Ebene: Laschet ist Unions-Kanzlerkandidat – und so richtig gut ist sein Hochwasser-Einsatz bisher nicht gelaufen.

Schlechtes Zeugnis für Laschet bei Krisenkompetenz

Krisenkompetenz bei Naturkatastrophen bescheinigten dem CDU-Mann jedenfalls in einer aktuellen Civey-Umfrage für den Spiegel nur 26 Prozent. Das ist bemerkenswert: Eigentlich sind Krisenzeiten gute Zeiten für Regierungschefs. Sie sind präsent, sie können handeln und Hilfe zusagen. Nun scheint es eher so, dass Laschet Hilfe nötig hat.

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„Die Kanzlerin hätte sich die Lage auch in Nordrhein-Westfalen anschauen können“, wurde in der CDU missmutig vermerkt, nachdem Merkel am Sonntag zunächst ins ebenso hochwassergeschädigte, aber eben SPD-regierte Nachbarland Rheinland-Pfalz gekommen war. Es war wohl mit Bedacht so gewählt, eine Arbeitsteilung mit dem Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier, die Parteilichkeit und den Vorwurf von Wahlkampfhilfe in Notsituationen vermeiden sollte: Die CDU-Kanzlerin zeigt sich solidarisch an der Seite der SPD-Ministerpräsidentin Malu Dreyer, der SPD-Bundespräsident tritt mit Laschet auf.

Weil Laschet dann im Hintergrund ausgiebig lachte, während der Präsident seine Betroffenheit in die Mikrophone sprach, wirkte Merkels Besuch in Rheinland-Pfalz wie eine missbilligende Distanzierung. Kein Lachen in den Orten Schuld und Adenau, statt dessen ein ganz anderes ikonisches Bild, eines der Solidarität, nicht der scheinbaren Unernsthaftigkeit: Dreyer und Merkel Hand in Hand, wegen der Muskelkrankheit der Ministerpräsidentin.

Entschuldigung fürs Lachen

Laschet mühte sich. Er entschuldigte sich für das Lachen, was allerdings nur so halb gelang. Bundesinnenminister Horst Seehofer ließ sich von ihm eine Talsperre zeigen – ausgerechnet der Minister allerdings, der nun wegen fehlender Katastrophenfall-Vorbereitung in der Kritik steht. Er behauptete, in der Katastrophe keine Bilder produzieren zu wollen und ließ sich vom angeblich presselosen Besuch zu einem Interview mit dem Fernsehsender der Bild-Zeitung schalten – vor einer überfluteten Straße.

Seine Interviews, in denen Journalisten nach fehlender Vorbereitung und mangelndem Engagement der Union für den Klimaschutz fragten, wurden zur Abwehrkampf, in dem die Antworten meist mit „Nein“, begannen. Wegen einem Ereignis müsse man jetzt nicht seine Politik ändern, verkündete Laschet in einem dieser Interviews. Am nächsten Tag forderte er „mehr Tempo“ beim Klimaschutz.

Laschet mache als Katastrophenmanager nicht die allerglücklichste Figur, sagten auch Unions-Politiker. Sein erst vor wenigen Wochen bezwungener Konkurrent um die Kanzlerkandidatur, CSU-Chef Markus Söder, kommentierte die Lage auf die ihm eigene Weise: Am Mittwoch verabschiedet das bayerische Kabinett ein Klimaschutzprogramm.

Merkel nimmt es zum Ende ihrer Amtszeit eine weitere Krise auf

Aber nun ist ja eben doch noch die Kanzlerin da, die der Union so gute Wahlergebnisse beschert hat, nun aber nicht mehr antreten wird bei der Bundestagswahl. In ihren letzten Amtsmonaten nimmt sie nun noch eine weitere Krise mit. Auf ihrem Weg durch die Bad Münstereifler Altstadt, in der die Erft vom reißenden Strom wieder zum eher unschuldig plätschernden Flüsschen geworden ist, spricht sie eine Frau an.

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Sichtlich erschüttert erzählt sie von ihrer Lage: Die Schultern beben, die Bürgermeisterin greift beruhigend nach ihrem Arm, ein Begleiter legt stützend den Arm um die Frau. Merkel presst die Lippen aufeinander, als müsse sie sich bemühen, nicht mitzuweinen. Sie habe die Lage ihrer Mitarbeiter geschildert, sagt die Frau später dem Fernsehsender „Welt“.

Dies stünden nun wegen der Schäden in ihrem Betrieb möglicherweise erneut vor der Kurzarbeit stünden, nach einer langen Kurzarbeits-Phase wegen der Corona-Pandemie. Kurzarbeit, das bedeutet Weiterbeschäftigung, aber eben dennoch weniger Geld. „Jeder Cent fehlt“, sagt die Frau. Bei erneuten Einbussen „fehlt ihnen so viel finanzieller Halt“.

Merkel und Laschet hätten den Eindruck vermittelt, dass sie das Problem verstanden hätten. „Die haben zugehört“, sagt die Frau. „Der Sender stand auf Empfang.“ Schon dafür habe sich die Visite gelohnt. „Ich finde es gut, dass die Spitzenpolitiker diese Besuche machten. Es mache einen Unterschied, wenn ein Politiker vor Ort „die Bilder sieht und hautnah die Wirkung spürt“.

„Vielen Dank, dass wir hier sein durften“

„Vielen Dank, dass wir hier sein durften, obwohl Sie diese Riesenprobleme haben“, sagt Merkel im Anschluss bei einer Freiluft-Pressekonferenz. Sie verweist auf die Soforthilfe, die das Bundeskabinett am Mittwoch auf den Weg bringen will. Nach RND-Informationen werden Bund und die betroffenen Länder zusammen 400 Millionen Euro Soforthilfe bereit stellen. Ein neuer Bund-Länder-Fonds für Starkwetterereignisse soll für künftige Fälle vorsorgen.

In Rheinland-Pfalz hat Merkel einen zweiten Besuch im August versprochen. In Bad Münstereifel sagt sie, auch hier werde sie wiederkommen, wahrscheinlich werde sie dann nicht mehr Kanzlerin sein.

Laschet versichert, die Antragsformulare würden sehr einfach gestaltet. Als nächstes gehe es jetzt darum, den Müll aus den betroffenen Regionen abzutransportieren. Dann ist die Pressekonferenz beendet und der Mann, der Kanzler werden will und um sein Image als Krisenmanager kämpft, haut mit der Handkante auf das Rednerpult.

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